Mit dem Radius der Backen habe ich noch ein Problem. Einerseits wird für die Amplitude (A) ein Bereich von 5 - 7° angegeben und andererseits soll der Radius (R) nur im Bereich von 86 - 91 mm liegen? Meine Uhr kompensiert den Druck bei 3,44° Amplitude und der Radius liegt nahe 0. Also

A(R=0) = 3,44°

Deine bzw. mbis Angaben an den Grenzen:

A(R=86mm) = 5° und
A(R=91mm) = 7°

Bei einer Auftragung von A über R ergäbe sich dann ein massiv nichtlinearer Verlauf. Das kann natürlich sein, aber meine Vorstellungskraft reicht dafür nicht ;-)

LG, Willy

Hallo Willy,
Wieso bildest Du die Amplitude als Funktion des Backenradius ab? Diesen Gedanken verstehe ich noch nicht.

Die Amplitude ist doch nur vom Antriebsgewicht einerseits und vom Luftwiderstand andererseits abhängig.
Der Backenradius verändert hingegen amplitudenabhängig die wirksame Pendellänge. Und diese Längenänderung ist bei zylinderischen Backen linear von der Amplitude abhängig:
max. Längenänderung=Amplitude*Backenradius*Pi/180°

Moritz

Hallo Moritz,

damit die Luftdichte-Kompensation funktioniert, muss die Schwingungsdauer (T) mit der Amplitude (A) zunehmen: geringere Luftdichte -> geringere Reibung am Pendel -> höhere Pendelgeschwindigkeit (T sinkt) und größere Amplitude (T steigt). Der senkende und steigernde Einfluss auf T müssen für die Kompensation gleich groß sein.

Bei einem Pendel mit scharfkantig eingespannter Pendelfeder wird T mit A immer steigen. Bei einer Einspannung in zylindrischen Backen wird T mit A zunächst abnehmen und erst bei größeren Amplituden wieder zunehmen (sonst würde im "Hill-Test" kein Hügel entstehen). Je größer der Radius der Backen ist, desto größer wird auch die Amplitude, ab der T wieder zunimmt.

Mal angenommen, Backen mit einem Radius (R) von 90 mm kompensieren die Luftdichte bei 6° Amplitude perfekt, dann würde ich erwarten, dass Backen mit R = 45 mm irgendwo bei 4,7° +/-0,5° Amplitude perfekt kompensieren (4,7° = Mittelwert aus obigen 6° und meinen 3,44° mit R=0). Oder andersherum ist für mein Gefühl der Backenradius nicht auf +/-1 mm entscheidend - wichtiger ist die richtige Amplitude zum vorhandenen Radius. Wenn ich meine Uhr mit einer um 0,2° veränderten Amplitude laufen lasse, dann machen sich Luftdichte-Änderungen sofort wieder signifikant bemerkbar.

LG, Willy

Gibt es inzwischen Neuigkeiten zu diesem spannenden Uhrenbauprojekt?

Nach der schönen langen Sommerpause bin ich aus der Sommerresidenz zurück im Winterpalais und habe die Arbeit wieder aufgenommen.
Momentan baue ich am Kompensationspendel, das doch aufwändiger ist als gedacht. Nur nicht dass Ihr denkt, das Projekt sei eingeschlafen.
Demnächst gibt es wieder ein paar Bilder davon, sobald etwas vorzeigbar ist.

Moritz

Damit es mal wieder weitzergeht: Zur Zeit baue ich am Pendel. Zu meinem Erstaunen erweist sich das als fast ebenso zeitaufwendig wie das eigentliche Uhrwerk. Denn für Pendel und Pendelbock habe ich von Holz zu Metall gewechselt.

Die Pendellinse habe ich nach dem im Thread "Versuch-Pendellinse-zu-drehen" von gima und Teslak sehr anschaulich geschilderten Verfahren mit der Aufnahme in einem konkaven Napf gedreht.

Vorderseite:


Drehen des Napfes:


Rückseite:


Das Ergebnis:


Die fertig gebohrten Pendelbrücken für das Rostpendel:


Die Pendelstäbe bekommen eine Reihe mittiger Bohrungen, damit man durch das Versetzen einer verstifteten Brücke die Kompensationswirkung verstellen kann, so wie in dem bekannten King-Portrait Harrisons dargestellt (Quelle: Wikimedia commons).
Zum mittigen Bohren der Pendelstäbe habe ich mir eine einfache Vorrichtung mit Bohrbuchse gebaut:


Der Aluzylinder, der bereits als Napf zum Drehen der Linse gedient hatte, wurde in Zweitverwendung in eine Vorrichtung zum Drehen der kreisförmigen Backen, die die Pendelfeder führen werden, umgewandelt. Sollte es im Laufe der Regulierung nötig werden, können damit die Backen leicht auf einen anderen Radius umgedreht werden:


Und so sieht der fertige Pendelbock aus:


Nächste spannende Aktion wird das Hartlöten der Pendelstäbe in die Brücken sein. ich hoffe, dabei nicht alles zunichte zu machen.

Moritz

Meine Oma sagte immer: "gut Ding will Weile haben". Aber musste es so viel sein ... schön, dass es weitergeht :-)

Wird die Pendelfeder nur zwischen den Backen eingeklemmt oder ist weiter oben noch eine andere Befestigung? Und noch eine Frage zur Geometrie der Backen: liegt der Mittelpunkt der Rundung genau auf der Oberkante der Backen oder etwas unterhalb?

Hartlöten ist selbst mit Silberlot ganz schön übel. Reicht nicht weichlöten oder die Fixierung mit Gewindestiften?

LG, Willy

"Nächste spannende Aktion wird das Hartlöten der Pendelstäbe in die Brücken sein. ich hoffe, dabei nicht alles zunichte zu machen."

Wäre Weichlöten auch eine Option und durch den geringeren Wärmeeintrag nicht evtl. schonender für Dein Material?

Die Pendelfeder soll mit ihrem oberen Heft auf den Backen aufliegen, während die Klinge zwischen den Backen geklemmt wird. Deren theoretischer Berührpunkt ist 5 mm vom oberen Rand entfernt, damit es oben keine scharfe Kante gibt.
Bezüglich des Lötens laufen gerade noch Vorversuche. Vielleicht wird es auch eine Kombination aus Weichlöten und Verstiften.

Moritz

Heute ist Freitag der Dreizehnte. Passend dazu:
Endlich ging es mit dem Rostpendel weiter. Sollte es zumindest. Hier schon einmal lose zusammengesteckt. Sieht doch gar nicht einmal so schlecht aus:


Hinter den Kulissen war mir zu folgendem Verfahren geraten werden:
Die Brücken und Stäbe sollten hart verlötet werden, um gleichermaßen belastbar und spielfrei zu sein. Um ein Ausglühen und Anlaufen der Drähte zu verhindern, sollte das Pendel komplett in Löt-Einbettmasse (eine Art feuerfester Gips, der beim Trocknen nicht schwindet und hoch temperaturbelastbar ist) eingebettet werden, so dass nur noch die Rückseiten der Brücken herausschauen. Diese haben an den zu verlötenden Stellen 1mm-Bohrungen als "Speiser", die mit Hartlötpaste gefüllt werden, bevor das Ganze mit der Gasflamme durch Erhitzen der Brücken verlötet wird.
Ich brauchte alleine mehrere Wochen, um die Einbettmasse aufzutreiben, die normalerweise nur an Zahnärzte geliefert wird. So sah das dann nach dem Einbetten aus:


Und hier nun das traurige Ergebnis: Einmal Totalschaden

• Erstens gelang es mir nicht, wie ich bereits befürchtet hatte, die Brücken nur über die Oberseiten so weit zu erhitzen, dass das Lot verfließt. Die Stangen im Untergrund wirken schließlich wie Kühlkörper.
• Zweitens sind die Eisendrähte durch die Einbettmasse vorhersehbarerweise übel verrostet.
• Das wäre aber alles noch nicht so schlimm. Aber drittens haben sich Stäbe durch die Hitze natürlich ausgedehnt und haben, da sie aufgrund der Einbettung nirgendwo hin konnten, die Masse gesprengt und sind seitlich ausgeknickt. Was hatte ich nicht vorher wochenlang nach möglichst geraden Stäben gesucht? Nun ist alles irreparabel geknickt. Man sieht vor allem schön, dass sich die Messingstäbe stärker ausgedehnt haben als die Eisenstäbe und nach unten ausgeknickt sind. Nun ja, die ungleichmäßige Ausdehnung ist auch der Sinn in einem Rostpendel, aber bitte nicht so:

Hallo,
Du hast ja bis jetzt tolle Arbeit geleistet. Respekt.
Ich hatte auch schon an die Konstruktion eines Rostpendels gedacht und mir viele Vorbilder im Netz angesehen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass irgendwie gelötet wurde. Hast du Vorbilder dazu?
Mit Madenschrauben oder Stiften sauber verbunden an den notwendigen Stellen, das macht auch die Pflege leichter. Wie soll ein verlötetes Gitter in der Endmontage wirklich sauber poliert werden?
Ich würde wirklich auf Löten verzichten.
Gruß Werner

Sehr schade. Du hast mein Mitleid.

Wenn es schon ein Forum mit breiter Wissensbasis gibt, ist vielleicht eine Diskussion hinter den Kulissen nicht optimal.

Gegen Verstiften spricht wohl wenig und es hat den Vorteil, dass die Angriffspunkte noch sauberer definiert sind. Man könnte sich ja auch eine Konstruktion vorstellen, in der die Stifte aus dem jeweiligen Stangenmaterial im Gegenstück locker sitzen. Unter Gewichtskraft ist dann die Auflage perfekt sauber definiert und die Demontage ist einfach.

Oder eine Klemmkonstruktion, mit der man die Kompensationlängen verändern kann, denn die Materialdaten werden vorher kaum exakt bekannt sein.

Moritz,
ein Mann der Tat, Respekt! Ich habe auch gerade den "Längengrad" gelesen und mir ist die Frage gekommen: Welche der Typen (H?) soll da nachgebildet werden bzw. welche Art? Ich glaube, die Pendelversion war dann anfangs nicht so geeignet für den Betrieb auf hoher See. Und dann kam auch so etwas wie eine Unruh ins Spiel.
Wenn Dein Teil gut funktioniert, dann wäre ja auch ein Bausatz interessant, oder?
Gruß
Dieter

Es wäre vermessen, eine Harrison-Uhr "nachbilden" zu wollen, erst recht eine seiner Sea Clocks (H1-3). Dazu habe ich weder die handwerklichen Fähigkeiten noch die Geduld (an der H3 baute Harrison 19 Jahre...).
Ich will einfach eine mögl. einfache hölzerne Wanduhr selber bauen, die sich grob an die Prinzipien seiner frühen hölzernen Regulatoren (noch vor den See-Uhren) anlehnt:
Holzräder, Laternentriebe mit Rollen, Verzicht auf Schmierung, Grasshopper-Hemmung, Kompensationspendel.
Und ich muss auch nicht Burgess' eine Sekunde in 100 Tagen erreichen, würde mich aber freuen, wenn sie irgendwann möglichst genau ginge.

Moritz