Einige Tage lang habe ich das Uhrwerk nun laufen lassen. Anfangs habe ich die Antriebsgewichte ständig variiert, um heraus zu finden, mit welchem Gewicht das Uhrwerk gerade noch sicher läuft.
Dabei musste ich bereits feststellen, dass die Amplitude ständig schwankt. So lief die Uhr beispielsweise eine Weile mit 4,3 kg gut, blieb aber dann mit 5,3 kg wieder stehen.
Schließlich habe ich die Uhr nur noch mit 5,1 kg laufen lassen und möglichst oft die Pendelamplitude gemessen. Nach 11 Tagen blieb die Uhr erstmalig wieder stehen, am Folgetag dann zweimal. Dann habe ich die Messreihe abgebrochen.
Dass irgendwelche Radpaarungen die Ursache für eine schwankende Amplitude verantwortlich sind, liegt auf der Hand, doch war das aus den gemessenen Werten zunächst nicht erkennbar.
Die Punkthaufen lassen keinen logischen Schluss zu. So bildete ich eine Kurve mit gleitendem Mittelwert. Die in den Nachtstunden fehlenden Messwerte sind durch längere horizontale Abschnitte der Mittelwertkurve erkennbar.
Sofort wird deutlich, dass die Amplitude anfangs recht ordentlich ist, dann aber ständig abnimmt. Das kann auch Ursache der Temperatur sein, die von anfangs 18 Grad auf 7 Grad am Ende der Messreihe fiel.
Als nächstes versuchte ich, aus den Messwerten Regelmäßigkeiten zu erkennen, die auf schwankende Reibungswiderstände an einzelnen Rädern schließen lassen. Dazu überlagerte ich die eckige "Kurve" der mittleren Amplitude mit eimer Sinuskurve. Als Winkelargument für den Sinus setzte ich die Dauern (in Minuten) für jeweils eine Umdrehung ein: 3600 min Walzenrad, 320 min Großbodenrad, 60 min Minutenrad.
Die Untersuchung mit 7,5 min Kleinbodenrad und 1 min Sekundenrad ist nicht relevant, da der Ableseintervall zwischen 5 und 50 Minuten betrug. Gemäß dem Abtasttheorem hätte ich für die Untersuchung in Richtung KB-Rad mit weniger 3,75 Minuten Abstand Messungen durchführen müssen. Es wäre auch unsinnig, weil das das Pendel ja Energie speichert und nur langsam wieder abgibt, so dass sich kurzzeitige Änderungen der Antriebskraft nicht in einer Amplitudenänderung zeigen könnten.
Unerwartet fand ich für die drei größten Räder jeweils einen Zusammenhang zwischen der mittleren Amplitude und der Sinuskurve für das jeweilige Rad. Schließlich ergänzte ich die Daten um jeweils eine Sinuskurve für jedes der Räder und bildete deren Summe als graue Kurve im Diagramm ab.
Es gibt hier signifikante Übereinstimmungen zwischen der gelben und der grauen Kurve. Folglich gibt es ungleichmäßige Kraftübertragung bei jedem Rad. Und das schiebe ich der ungleichmäßigen Zahnteilung zu, mit der ich von Anfang an beim Herstellen der Räder Probleme hatte.
Bei den aktuellen Temperaturen sind eine feinmechanische Tätigkeiten in meiner Werkstatt nicht mehr möglich. Die Arbeiten können erst im kommenden Frühjahr fortgesetzt werden.
Neben der erneuten Überprüfung und ggf. Korrektur der Zahneingriffe werde ich dann mit dem Bau des Pendels beginnen.
Die Berichte von Mathias Bigalke über seine Uhren und seine Beiträge über Temperatur- und Luftdichtekompensation haben mich überzeugt, statt des von mir vorgesehenen Doppelzylinderpendels ein Pendel mit Gitterrostkompensation einzusetzen. Das bietet zumindest die Möglichkeit, den Grad der Temperaturkompensation in relativ kleinen Schritten anpassen zu können. Das Material dazu liegt schon bereit.
Zitat von Enno im Beitrag #316Folglich gibt es ungleichmäßige Kraftübertragung bei jedem Rad. Und das schiebe ich der ungleichmäßigen Zahnteilung zu, mit der ich von Anfang an beim Herstellen der Räder Probleme hatte.
Interessante Auswertung, wenngleich mit unschönem Ergebnis. Ja, diese elenden Permutationen des Zahneingriffs! Vielleicht spielt ja auch mit fallenden Temperaturen noch eine Viskositätsänderung des Öls ein wenig mit? Wenn ich das lese, bin ich richtig froh, dass ich bei meiner Harrison-Uhr nur eine einzige Verzahnung im Zug habe... Ich wünsche Dir, dass Du das Problem in den Griff bekommst, ohne allzu viel neu machen zu müssen.
Zitat von Enno im Beitrag #316Die Berichte von Mathias Bigalke über seine Uhren und seine Beiträge über Temperatur- und Luftdichtekompensation haben mich überzeugt, statt des von mir vorgesehenen Doppelzylinderpendels ein Pendel mit Gitterrostkompensation einzusetzen. Das bietet zumindest die Möglichkeit, den Grad der Temperaturkompensation in relativ kleinen Schritten anpassen zu können.
Wobei mich der Bau eines Rostpendels, wie ich gerade erst geschrieben hatte, (fast) mehr Nerven gekostet hat als der Rest des Uhrwerks. Aber es muss sich auch nicht jeder so ungeschickt anstellen wie ich.
im Rostpendel sehe ich in der Tat eine Herausforderung. Allein für das Bohren der Löcher in die Stäbe für die Einstellung der Kompensierung wird die Anfertigung einer Bohrlehre erfordern. Dann sind da noch die Teile mit mehreren Lötstellen gleichzeitig.
Mal sehen, ob ich durch Nachbearbeitung der Räder noch eine Besserung erreiche. Falls nicht, werde ich mir wohl endlich eine ordentliche Teilvorrichtung zulegen und die betreffenden Räder bzw. Triebe damit erneut fertigen. Nun kommt erst mal die winterliche Zwangspause.
Wenn Du das Räderwerk ohne Hemmung langsam mit Fingerkraft von unten antreibst, müssten sich die Eingriffsfehler am Lauf des Ankerrades deutlich erkennen lassen. Lässt sich denn mit dieser Methode etwas beobachten?
Zitat von Enno im Beitrag #316Einige Tage lang habe ich das Uhrwerk nun laufen lassen. Anfangs habe ich die Antriebsgewichte ständig variiert, um heraus zu finden, mit welchem Gewicht das Uhrwerk gerade noch sicher läuft. Dabei musste ich bereits feststellen, dass die Amplitude ständig schwankt. So lief die Uhr beispielsweise eine Weile mit 4,3 kg gut, blieb aber dann mit 5,3 kg wieder stehen.
Schließlich habe ich die Uhr nur noch mit 5,1 kg laufen lassen und möglichst oft die Pendelamplitude gemessen. Nach 11 Tagen blieb die Uhr erstmalig wieder stehen, am Folgetag dann zweimal. Dann habe ich die Messreihe abgebrochen.
Dass irgendwelche Radpaarungen die Ursache für eine schwankende Amplitude verantwortlich sind, liegt auf der Hand, doch war das aus den gemessenen Werten zunächst nicht erkennbar.
Das ist nunmal so, das hast Du der Uhr von Geburt an in die Wiege gelegt.
Da überlappen sich die 3 wesentlichen Fehler, die man mit dieser Verzahnungsart machen kann, auf besonders üble Weise. Weil die Evolventenverzahnung IMMER symmetrisch vor wie nach dem Lot arbeiten wird, hast Du schon starke regelmäßige Schwankungen in der Reibung. Vor dem Lot hast Du schon allein den doppelten Reibweg, weil die Zähne gegen das abrollen ineinander geschoben werden. Dann hast Du vor dem Lot auch noch den doppelten Druck. Weil der Triebzahn steil auf dem Radzahn landet, ist der nützliche Vektor sehr klein, aber der Druck-Vektor sehr groß (Stemmende Reibung) nach dem Lot wird der Winkel bis zum Ende immer flacher (Ziehende Reibung) also viel Antriebsvektor, wenig Druck.
Reibarbeit = Reibweg * Druck * Reibzahl , daraus folgt das Du vor dem Lot die vierfache Reibarbeit verlierst, wie nach dem Lot. Die Grundschwankung ist also vorprogrammiert. Bei der Uhrwerksverzahnung kann man durch einen geometrischen Trick, den Kontakt vor dem Lot verhindern, das geht bei den Evolventen leider nicht.
Nun starren die Maschinenbauer, wie Hypnotisiert auf die angebliche Wurstigkeit des Achsabstandes, vergessen aber immer zu bemerken, das die Auswirkungen von Fehlern in der Teilung 3x und die Auswirkung von Formfehlern 5x so groß sind. Um die Mindestzähnezahl im Trieb gewährleisten zu können, wird auch noch das Modul verkleinert, man denkt auch das Reibungsproblem noch zu verringern, aber das sich mit dem verkleinern des Moduls, auch noch die ohnehin schon geringen Toleranzen in Teilung und Zahnform verringern, will keiner sehen.
Und daher kommt ein weiteres Problem, zusätzlich zu den geometrischen Schwankungen kommen die Erratischen ... es sind bei den Evolventen immer mindestens 2 Zähne, meistens aber 3 oder 4 eingriffsbereit, und so kann der Kontakt, von einer Bogensekunde zu anderen wild hin- und herspringen 1/2 My Fehler in der Zahnform, und statt der Zahn kurz nach dem Lot, greift einer 2 Zähne vor dem Lot, und eine Bogenskunde weiter gedreht, ist der Kontakt wieder ganz woanders.
Wenn man die Zahnformen vergleicht: Evolvente, nicht händisch nachzuarbeiten; ~25% Schwankungen pro Stufe. Harrison Verzahnung, nicht händisch nachzuarbeiten; ~12% Schwankungen pro Sufe. ( weil einwärts, wie auswärts, derselbe Teil des Zahnes überlaufen wird) Uhrwerksverzahnung Konstanter Zahn, händisch nachzuarbeiten ~3-5% Pro Stufe. ( Standarts z.B. DIN-58425, GOST-13678-73, BS-978 Part II Const. ) Uhrwerksverzahnung Angepasster Zahn, händisch nachzuarbeiten ~ 1-3% pro Stufe, und je nach Aufwand sogar noch besser. ( Z.B. BS-978 Part II Var. )
Die Industrie fertigt, die Evolventenzahnräder, durch freies Wälzfräsen/Schleifen, da entstehen Zahnform und Teilung quasi als Nebenwirkung. Das mit Deinen Modul-Fräsern auf Index, ist für den Zug der Uhr vermutlich unbrauchbar. Kreisteilmaschinen im Handwerks-Sektor, bringen eine Widerholgenauigkeit ~5 Bogenminuten. Genauere Maschinen kosten schnell so viel wie ein Kleinwagen. Da sind die Probleme um so gravierender je kleiner Du das Modul machen musst. Das andere Problem sind die Fräser selbst, in den allermeisten Fällen hat da die Evolvente nicht mal daneben gelegen. Die haben, je nach Modul am Zahnfuß einen kleineren Radius, und am Zahnkopf einen Größeren, Die Werte kommen aus einer Tabelle, die im 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts, bevor das Wälzfräsen aufkam, sehr beliebt war, dem sogenannten Willis-Odontographen. In Zählwerken und einfachen Getrieben wo es auf Drehzahkonstanz und Winkeltreue ankommt, tun sie was sie sollen, aber dort wo es auf Drehmomentkonstanz ankommt, gar im andauernden Stop-Startzyklus, und auch noch über viele Stufen, vermutlich keine Chance.
Wenn in der Uhrenfertigung Evolventen verwendet werden, dann wird nur der Kreisbogen am Kopf, durch die mit den gängigen Automaten/Werkzeugen leichter erzeugbare Evolvente ersetzt ... die Grundsätzliche Funktion bleibt aber dieselbe.
Mal zum Vergleich, Harrisons RAS, hat im Kraftrad Modul 3, da ist der Achsabstand mit 0 +0,1mm ausgepreist, die Teilung mit +2,5' -2,5' und die Zahnform Radiale Gerade mit +- 0,1mm. Du hast was für ein Modul ? Bei gleichem Modul sind die Toleranzen bei der Evolvente Achsabstand +- 0,2mm bei der Teilung +-0,5' und bei der Zahnform 0,05mm, was da bei M 0,3 fällig wird ... ?
Harrisons hölzerner Regulator von 1726, ein Wochenläufer, hat im Steigrad 30 Zähne und ein Modul von ~2,1 und ein Trieb mit 6 Pins Modul 2,5. Das Bodenrad ein Rad mit 54 Zähnen, und auch 6Pins im Trieb, Modul 2,5, Das Mittelrad hat 60 Zähne und das Trieb auf dessen Welle hat 8 Pins. Das Kraftrad hat 64 Zähne auch Modul 2,5.
Warum macht es Sinn im Zug einer Großuhr, Zahnräder mit Zahngrößen wie in einer Armband/Taschenuhr zu verwenden ?
J.H. Hatte wie alle seine Kollegen keine Kreisteilmaschine, keine Drehmaschine, und auch keine Fräsmaschine .... und die Damen trugen Armbanduhren, die Herren Taschenuhren, und in der Guten Stube tickte allerorten eine Großvateruhr. Am fehlen einer Super-Maschine, kann es also nicht gelegen haben.
Aber das ist hier alles "verschüttete Milch " Vielleicht kannst Du, durch nachfräsen der Räder doch noch etwas "nachbessern" aber leider nicht Grundsätzlich. Die Uhr wird trotzdem große Amplitudenschwankungen haben 25% und mehr, und sie wird auch immer mal, aus heiterem Himmel stehenbleiben.
Weil die stemmende Reibung eine selbstverstärkende Komponente mitbringt, hilft hier mehr Gewicht nicht immer wirklich ... manchmal ist weniger mehr. Vielleicht findest Du ein Gewicht mit dem die Uhr nur sehr selten stehenbleibt, sie kann auch mal komplett durchlaufen, aber eben nicht immer .
Du hast an dieser Uhr viel gelernt, und ein Hingucker ist sie allemal . Die Nächste wird bestimmt besser. Es ist eine Freude Dir beim arbeiten zuzuschauen ... mach weiter so.
Mit dieser Methode habe ich vor dem Beginn des "längeren" Testbetriebs etliche Problemstellen optimieren können. Dabei habe ich jeweils einzelne Radpaare gründlich untersucht.
Aktuell merke ich beim Durchdrehen das kompletten Werks nur, DASS es zuweilen schwerer geht. Dabei kann ich leider nicht feststellen, welche einzelne Radpaarung dafür verantwortlich ist. Wie mein vorstehender Bericht zeigt, gibt es anscheinend an mehreren Stellen erhöhte Widerstände, die sich zuweilen als optimal, ein anderes mal als Worst Case zeigen.
Ja, und leider erratisch, also mal so, und mal so, scheinbar spontan und sprunghaft.
Die ganz groben Schnitzer kannst Du doch noch abräumen, aber der Rest, ist auch davon abhängig wie die Räder zueinander stehen, je nach Perputation sind da leider viele viele Varianten möglich ... bei denen sich kleine Fehler addieren und sogar multiplizieren können. Wie viele Haltepunkte, das Steigrad stoppt ja jede Sekunde, hast Du auf einem Kraftradzahn ? Du solltest angefangen vom Kraftrad, jede Stufe einzeln durchdrehen, Langsam und versuchen auch wirklich jeden der Haltepunkte, vorwärts wie rückwärts drehend, unter dem der Stufe entsprechendem Druck, abzufühlen. Eine Sisyphusarbeit, und Du hast ja einige Getriebestufen, Am Kleinbodenrad hast Du die wenigsten Probleme, denn da hast Du ja nur wenige Haltepunkte Pro Zahnflanke. Aber mit jeder Stufe, werden es mehr.
Zitat von Enno im Beitrag #316Die Berichte von Mathias Bigalke über seine Uhren und seine Beiträge über Temperatur- und Luftdichtekompensation haben mich überzeugt, statt des von mir vorgesehenen Doppelzylinderpendels ein Pendel mit Gitterrostkompensation einzusetzen. Das bietet zumindest die Möglichkeit, den Grad der Temperaturkompensation in relativ kleinen Schritten anpassen zu können. Das Material dazu liegt schon bereit.
Nicht vergessen, dass Matthias immer nur Uhren mit Harrisonscher Luftdichtekompensation im Kopf hat und nicht müde wird, das dort geltende "kürzer wenn warm" zu kommunizieren. Das funktioniert bei Deiner Uhr nicht.
Die vergangenen 11 Jahre seit Projektbeginn möchte ich nicht missen. Ich habe durch Lesen, Probieren, aber auch durch Hinweise hier im Forum, sehr viel gelernt. Ich habe auch erkannt, dass man trotz gewisser Erfahrung in der Metallbearbeitung nicht so schnell mal eine Uhr bauen kann.
Nichtsdestotrotz - ich habe ein Ziel (eigentlich mehrere, aber immer eins nach dem anderen) .
Doch - Wie sagte einst ein weiser Mann: "Der Weg ist das Ziel." Da werde ich eben noch eine Weile weiter wandern.
Zitat von Willy im Beitrag #323Nicht vergessen, dass Matthias immer nur Uhren mit Harrisonscher Luftdichtekompensation im Kopf hat und nicht müde wird, das dort geltende "kürzer wenn warm" zu kommunizieren. Das funktioniert bei Deiner Uhr nicht.
LG, Willy
Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Für das Rostpendel habe ich den Einstellbereich der Kompensation recht großzügig ausgelegt. Nach meiner Berechnung kann ich die auf die Mitte der Pendellinse wirkende temperaturabhängige Längenänderung zwischen -1,9 und +1,6 x 10^-6/K einstellen. Das sollte zum Experimentieren ausreichen. LG Roland
Nachdem die Überwachung der Pendelamplitude regelmäßige Schwankungen ergab, habe ich als erste Maßnahme infrage kommende Räder überprüft, ob sie ausbalanciert sind - und wurde fündig. Ursache der Nicht-Balance waren geringe Schwankungen der Radreifenhöhe.
Sowohl das Gangradtrieb als auch das für den Versatz der Hemmung dienende Zwischenrad benötigten Nacharbeit. Auch die ersten beiden großen Räder des Äquationswerkes mussten bearbeitet werden.
Da ich beim händischen Durchdrehen des Werkes immer noch keine eindeutigen Klemmstellen finden konnte, startete ich einen weiteren Langzeittest. Wieder erfasste ich 12 Tage lang in Intervallen von 10 bis 30 Minuten die Pendelamplitude.
Auch diesmal blieb das Werk zuweilen stehen und zwar stets auf derselben Sekunde. Die relativ große Anzahl (385) der Messwerte ermöglicht es trotz der ungenauen visuellen Messung, die Diagramme für eine grafische Analyse zu nutzen.
Dieses Diagramm stellt die Amplitude in Abhängigkeit der Umdrehung des Kleinbodenrades dar.
Die Amplitudenwerte 12 und 8 mm dienen zur Kennzeichnung der Positionen, an denen das Uhrwerk stehen blieb. "12 mm" bedeutet insbesondere, dass die Uhr nach einem Anstoßen des Pendels weiter lief, wogegen bei "8 mm" am Gangrad gar keine Antriebskraft mehr ankam. Dann musste das Zwischenrad achsial (!) bewegt werden, damit der Kraftfluss wieder zustande kam.
Die Schwankung der mittleren Amplitude (türkis) lässt sich zunächst kaum deuten. Dagegen schwanken die Maxima in einem Intervall, welcher der Umdrehung des Zwischenrades Z1 zwischen Sekundenwelle und Gangradwelle entspricht.
Zudem zeigen die Minima (rot) klar einen 7,5-Minuten-Intervall. Dieser entspricht der Umdrehung des Kleinbodenrades.
Im 60-Minuten-Intervall ist ebenfalls besonders die Minimum-Line aussagekräftig:
Die graue Kurve basiert auf einem Sinus mit dem Drehwinkel des KB-Rades. Auch hier zeigt sich, dass es bei den Räderpaaren MR-KB oder KB-SR zwei Stellen gibt, bei denen die Kraftübertragung gestört ist.
Die Räderpaare MR bis Gangrad werde ich erneut im Eingriffzirkel untersuchen. Vor dem Zerlegen werde ich die aktuellen Positionen der Zahneingriffe markieren.
Zitat von Enno im Beitrag #5Die CAD-Konstruktion ist eine gewaltige Fleißarbeit. Die vergangene Woche habe ich täglich Zahnräder und Triebe gezeichnet und räumlich angeordnet.
Weil ich dabei die Übersicht zu verlieren begann, habe ich zunächst ein Schema für den grundsätzlichen Aufbau des Räderwerks gezeichnet. Dies ist dabei herausgekommen:
Die Zeichnung ist nicht maßstabsgerecht!
Das sind die verwendeten Abkürzungen und ihre Bedeutung:
Antrieb - Au Aufzugswelle mit Vierkant - AR Aufzugsrad - W Walze mit + W1 Walzenrad (Abtrieb) + Gsp Gegengesperr + Sp Sperrrad + W2 Walzenrad (Aufzug) - GB Großbodenrad
Gangwerk - M Minutenrad - KB Kleinbodenrad - S Sekundenrad - SZ Sekundenzeiger - Z1 Zwischenrad - G Gangrad
Zeigerwerk - MRM Minutenrohr für Mittlere Ortszeit - MZM Minutenzeiger für Mittlere Orstzeit - WR Wechselrad - St Stundenrad - StZ Stundenzeiger
Nun geht es wieder an die CAD-Konstruktion. Die räumliche Zuordnung hat auch schon Engpunkte aufgezeigt, für deren Beseitigung noch Überlegungen und Änderungen erforderlich sind.
Roland
Jetzt musst du mir mal bitte erzählen mit welcher Software du solche Pläne erstellst. Die würde ich für meine Projekte auch gerne nutzen.
Das Räderschema habe ich einst mit (Corel) DESIGNER erstellt. Jeder Strich ist manuell gezeichnet. Das ist letztendlich mit jedem Grafikprogramm möglich, wobei ein Vektor unterstütztes Zeichnen dem Pixel-orientierten vorzuziehen ist, da man dabei jedes Objekt auch noch nachträglich verändern und verschieben kann.
Irgendetwas verstehe ich noch nicht so richtig. Die Amplitude kann doch nicht innerhalb einer Minute von 17 mm auf 8 mm abfallen und in der nächsten Minute wieder auf 17 mm ansteigen? Da ist doch das Pendel viel zu träge. Der Nullpunkt der Messung (0 mm) ist vermutlich die Ruhelage des Pendels, oder nicht?
meine komplizierte Analyse ist für Außenstehende wahrscheinlich kaum nachzuvollziehen.
In #326 hatte ich erklärt, dass die Amplitudenwerte "12" und "8" nur als Kennzeichnung dienen, dass die Uhr stehen geblieben war. Danach musste ich sie natürlich anstoßen und eine Weile warten, bis sich das Pendel wieder eingeschwungen hat.
Die durch den Abfallwinkel bestimmte minimale Amplitude liegt bei etwa 14 mm. Darum fiel meine Wahl auf die nicht erreichbaren Werte "12" und "8".
Die Amplitude ist selbstverständlich der Maximalwert des Pendelausschlags vom Nullpunkt.
Und "von einer Minute auf die nächste" kann auch keine Rede sein. Ich habe ja zu willkürlichen Zeiten die Amplitude ermittelt. Die gemessenen Werte wurden dann entsprechend der angezeigten Uhrzeit nach Minuten 0 bis 59 gruppiert. So konnte ich für jeden Minutenwert Minimum, Maximum und Durchschnitt der Amplitude ermitteln.
Ähnlich erfolgte das mit den anderen beiden Intervallen 7,5 (Kleinbodenrad) und 320 (Großbodenrad) Minuten. Beginnend vom Start der Beobachtung hat meine Messwerttabelle aus der Ablesezeit die laufende Nummer der Minute von 0 bis 17279 (17280 Minuten = 12 Tage) berechnet. Vom Startzeitpunkt aus beginnend wurden daraus wiederholend Intervalle von Null bis 7,0 (in 0,5er Schritten) und Null bis 319 gebildet. Die Messwerte dieser Intervalle wurden dann in getrennte Tabellen eingetragen, aus denen jeweils eine Grafik entstand.
Für die Überwachung der Pendelamplitude habe ich eigentlich den Einsatz eines Arduino-Prozessors vorgesehen. Doch der Aufbau und die Programmierung sind praktisch ein weiteres Projekt, das sich mindestens über etliche Monate erstrecken wird. Das Material dazu liegt bereit, einschließlich Sensoren für Luftdruck und Temperatur.
Vielleicht greife ich aber aus Zeitgründen doch auf ein fertiges Produkt eines amerikanischen Uhrenbauers auf ähnlicher Basis zurück.
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01.11.2023 16:37
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