Zitat von Mahlekolben im Beitrag #226

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Du brauchst also den Sauerstoff am Material in möglichst kontrollierten Dosen.

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Kann man eigentlich mit dem Heißluftföhn bläuen? Es gibt ja sehr günstig kleine regelbare Föhns aus dem Bereich des Elektronik-Lötens.

Die Baugruppe "Zusatzwerkplatinen" ist montagefertig. Sie wird ein Zwischenrad, das Gangrad und den Anker tragen.



Für die nächsten Arbeiten ist es mal wieder erforderlich, besondere Werkzeuge herzustellen. Der Nietpunzensatz ist für die Arbeit an Großuhren nur teilweise verwendbar. Zum Vernieten der Räder benötige ich größere Punzen. Sie werden aus Silberstahl gedreht, gehärtet und goldgelb angelassen.



Mit diesen Punzen können die Räder für das Differenzialgetriebe vernietet werden.



Vor dem endgültigen Vernieten muss noch einmal der Eingriff der povisorisch zusammen gesteckten Räder getestet werden. Es zeigt sich, dass ein Planetenrad etwas zu tief eingreift und stellenweise klemmt. Eine Nachbearbeitung mit der Zahnradwälzmaschine beseitigt diesen Mangel.

Das Differenzial ist nun fertig. Es wird die Verstellung des Minutenzeigers für die wahre Sonnenzeit gegenüber dem Minutenzeiger für die Mittlere Orstzeit übernehmen.



Damit die vielen Gewinde in den Werkplatinen lotrecht geschnitten werden können, habe ich eine Hilfsvorrichtung gebaut. Sie sorgt für eine leichtgängige Führung des Bohrfutters mit dem Gewindebohrer.



Als nächstes bekommt die Fräsmaschine noch einmal tüchtig zu tun. Für die Kloben und die Brücke muss sehr viel Messing "zerspant" werden. Danach folgen etliche Stunden Feilarbeit.



Nun kommt die Arbeitsphase, vor der ich mich seit Jahren fürchte: Das Bohren der Platinen.
Mehrfach wurde der Achsabstand der Räder im Eingriffzirkel ermittelt, gemessen, notiert und schließlich auf der vorderen Platine angerissen.

Nach dem Ausrichten der Platine auf dem Frästisch wird das digitale Anzeigesystem an der Position des Minutenrades genullt. Die Anreißpunkte werden mit den CAD-Koordinaten verglichen. Dabei zeigen sich Abweichungen bis +/- 0,2 mm. - Das ist schon mal nicht gut!

Die mit dem Eingriffzirkel ermittelten Achspositionen halte ich für die korrekten. Sie werden mit einem steifen VHM-NC-Bohrer angebohrt.



Auf der Mini-Tischbohrmaschine Proxxon TBM-220 werden nun mit einem 1mm-VHM-Bohrer die Lagerbohrungen des Äquations- und Zeigerwerks auf der vorderen Platine eingebracht. Für die Bohrungen des Geh- und Antriebswerkes werden die Platinen als Paket gebohrt. Dazu besitzen sie seit dem ersten Materialzuschnitt Führungsstifte.

Als nacheinander die Räder aufgesetzt werden, gibt es mit einigen Probleme. Der Achsabstand ist zu seicht oder zu weit. Bei den kleinen Lagerbohrungen ist das kein großes Problem. Die nicht passenden Löcher werden aufgebohrt und Messingstifte eingepresst. Die Lagerbohrung wird an einer korrigierten Position erneut angebracht.

Für diese Arbeiten hatte ich extra ein Sortiment VHM-Bohrer zugelegt. Mit Hartmetallbohrern hatte ich bisher keinerlei Erfahrungen, nun habe ich einige.

Als eine Ursache für die falsch gebohrten Achspositionen erkenne ich den Hartmetallbohrer. Dieser ist nämlich Fluch und Segen zugleich:
- Er ist sehr scharf und erzeugt saubere und genaue Bohrungen.
- Er ist extrem steif und nicht gewillt, sich durch eine Körnung oder kleine Anbohrung in eine Richtung zwingen zu lassen.
Nachdem ich diese Haupteigenschaften erkannt habe, spanne ich die Platine fortan auf dem Tisch der TBM fest und bohre mit größter Vorsicht an, damit ich die Lage der zu erwartenden Bohrung mit dem Anriss vergleichen und evtl. noch korrigieren kann.

So arbeite ich mich Stück für Stück von Rad zu Rad weiter.
Endlich stimmt der Eingriff aller Räder der Kadratur.



Als nächstes sind die Räder des Antriebs- und Gehwerks an der Reihe. Ich habe eine böse Ahnung, was mich da erwartet. Denn eine 10mm-Bohrung für ein Kugellager lässt sich nicht so einfach versetzen wie eine 1mm-Bohrung.

Ich spanne gerne in der Fräsmaschine im Spannzangenfutter einen auf der Stichelschleifmaschine genau rundgeschliffenen Körner ein.
Wenn man da bis auf ein paar 1/100 über den Anriss ( besser mit Anreissfarbe) fährt und mit der Lupe schaut, kann man recht genau die spätere Bohrungsposition sehen.
Aber vorsicht mit einseitiger Beleuchtung und Schattenwurf. Man sollte von mehreren Seiten schauen.
Wenn man sicher ist, dass es stimmt kann man bis ins Material fahren und sieht dann einen winzigen Körnerpunkt der nochmal kontrolliert werden kann.

Danach kommt erst der Bohrer in die Maschine.

So ähnlich arbeite ich, wenn ich mit "normalen" Bohrern und Fräsern arbeite. Bohrer mit Durchmesser <= 1 mm verwende ich in der Fräse jedoch nicht. Dafür ist die Spindeldrehzahl nicht hoch genug, man hat kein ausreichendes Fingerspitzengefühl und macht unweigerlich Bruch.

Das "Vermessen" der Achspositionen (Anrisspunkte) habe ich übrigens mit zwei Methoden durchgeführt:
- Centerscope (optisches Zentriergerät mit hoher Vergrößerung, Auflösungsgenauigkeit <1/100 mm)
- gedrehte Körnerspitze, Genauigkeit lt. Augenmaß ca. 0,1 bis 0,2 mm

Zwischen den so ermittelten Koordinaten gibt es einen relativ(!) konstanten Versatz von 0,20 bis 0,35 mm in X- und Y-Richtung. Das kann ich mir nur dadurch erklären, dass die Bohrvorschubachse der Fräse und/oder die Z-Achse der Maschine nicht genau senkrecht zum Frästisch stehen. Die senkrechte Ausrichtung der Fräsachse habe ich aber vorher überprüft.

Die Ungenauigkeiten meiner Arbeiten resultieren vermutlich aus der Addition vieler kleiner Abweichungen, die auf Qualitätsmängel "billiger" Werkzeuge und Geräte sowie meine Verfahrensfehler zurück zu führen sind.
Wenn sich durch Nacharbeiten noch ein brauchbares Ergebnis erzielen lässt, bin ich schon froh. Von "P"PU kann inzwischen keine Rede mehr sein.

Dein Centerscope kann auch schief justiert sein.

Ein Freund von mir bohrt regelmäßig mit 0,5 und 0,3mm VHM Bohrer in Neusilber auf seiner gleitgelagerten FP1 aus den Vorkriegsjahren.
Ganz ohne Gefühl, ohne Ankörnen und ohne hinschauen einfach nach Skala.
Ich glaube der hat hunderte Passbohrungen gebohrt ohne einen Bohrer abzureissen.

Dass die Bohrungen nicht wie von dir beabsichtigt geworden sind ist natürlich sehr schade, weil eben auch schon viel Arbeit in den Platinen steckt. Ich habe vor sehr vielen Jahren in der Ausbildung zum Werkzeugmacher einmal gelernt, wie es möglich ist, ohne hochgenaue Maschinen, genaue Bohrungsabstände zu fertigen. In der Abschlussprüfung mussten wir 4 Bohrungen auf +-0,02mm genau setzen, was mir heute nicht mehr gelingen wird, mangels nachlassende Sehstärke und fehlende Übung.

Kurt und ich haben vor zwei Jahren im Regionalkreis Methoden zum Uhrenbau mit "einfacheren" Mitteln vorgestellt, daraus sind die Folien kopiert. Da es meine eigenen Folien sind, möchte ich sie gerne zur Verfügung stellen, möglicherweise ist es für den Einen oder anderen hilfreich.


Gruß,
Dieter

Hallo Dieter,

herzlichen Dank für Deinen Foliensatz. Die darin beschriebene Methode 2 kannte ich noch nicht. Für kleine Bohrungen ist sie auf alle Fälle sehr wirkungsvoll.

Auch Deine Anmerkungen zum Körnen, Michael, sind durchaus angebracht. Ich körne grundsätzlich nur ganz schwach und vergrößere die Senke mit speziellen NC-Anbohrern. Diese haben nur eine sehr kurze Schneidenspirale und sind daher absolut steif.

Meine damit gebohrten Lagerlöcher für das Äquationswerk waren immerhin zum größen Teil da, wo sie hin sollten. Nur 3 der 8 Bohrungen musste ich geringfügig versetzen.

Meine Befürchtungen zu den großen Bohrungen für die Kugellager haben sich bestätigt. Eine der 7 Bohrungen sitzt ganze 0,7 mm neben der Sollposition. So etwas habe ich noch nicht erlebt. Die Platine habe ich mit einem spitzen Körner im Spannzangenfutter zentriert, alle Achsantriebe arretiert, Platine festgespannt, Position kontrolliert, dann das Werkzeug gewechselt, erst vorgegebohrt, dann auf Maß gefräst.
Wie kann es da zu solch großem Versatz kommen?

Es hilft ja nix, vier Bohrungen muss ich auf jeder der Platinen vergrößern, schließen und neu einbringen. Diesmal will ich dabei einen etwas anderen Weg gehen:
- Vor dem Bohren will ich mit dem Spitzzirkel eine kreisrunde Markierung anreißen, die knapp größer ist als die vorgesehene Bohrung. Sie soll ein Weglaufen der Bohrung erkennbar machen.
- Die Löcher für die Kugellager werden nicht gleich mit den passenden Fräsern auf den vorgesehenen Nenndurchmesser gebracht. Ich werde etwas kleinere verwenden, dann die Bohrung größer feilen und schließlich auf Endmaß aufreiben.

Ich sehe ja, dass Ihr mitlest und Vorschläge zur Abhilfe macht. Lasst Euch durch meine "Sondertechnologien" nicht beirren und macht bitte weiter so. Das ist genau das, was ich in diesem Forum schätze.
Auch wenn ich schon einige handwerkliche Erfahrung habe, bin ich kein Allwissender. Etliche Pleiten haben mich dazu gezwungen, einige Bauteile zwei- oder dreimal herzustellen. Und jedesmal brauchte ich weniger Zeit und die Genauigkeit wurde besser. Es ist nur leider zum Üben etwas ungünstig, dass ich mir gerade so ein aufwändiges Übungsstück ausgewählt habe.

Bis demnächst.

Roland

Hallo Enno,
hm.. schlechte Nachrichten.
Hast Du mal gemessen, ob Deine Digitalanzeige das macht, was sie anzeigt?
Will heißen, prüfe mal mit einer vergleichenden Messung mit einem digitalen Meßschieber, ob die Anzeigen übereinstimmen.
Ja, ich weiß, ein digitaler Meßschieber ist auch nur zweitbest, aber vermutlich das genaueste über längere Distanzen, was man so zuhause hat.
Besser wäre ein Endmaßsatz und das Zentriermikroskop.
prüfe mal mit einer Meßuhr, ob sich beim Anziehen der Achsenklemmungen die Tischpositionen verändern.
Was mir Sorgen macht, ist der Versatz zwischen Zentriermikroskop und Zentrierdorn. Dem würde ich nachgehen.
Selbst wenn die Ursache nicht klar ist, wenn Du immer in gleicher Aufspannrichtung der Platine und gleich angefahrenem Nullpunkt deine Bohrungen setzt, sind die Positionen der Bohrungen relativ zueinander gleich, aber zum Nullpunkt gleich weit versetzt.
Der Nullpunkt darf dann keine Lagerbohrung sein.
Gibt es dann einen Versatz der Bohrungen zueinander, liegt das Problem eher in der Steifigkeit der Maschine oder dem Werkzeug.
Auch eine schräg stehende Z-Achse oder Bohrpinole ergibt bei unterschiedlich langen Werkzeugen eine andere Bohrungsposition.

Ein NC Anbohrer für ein 1mm Loch hat auch nur einen 1mm Schaft, kann also schon einer Körnung nachlaufen.
Deshalb würde ich nur anreißen, sehr klein ankörnen, um zu sehen, ob Anriß und Zentrierbohrung zueinander passen und dann mit einem herkömmlichen, richtig geschliffenen Zentrierbohrer anbohren.
Dann aufbohren, auf der Maschine nachmessen, evtl mit einem Zweischneider die Bohrung aufstechen, messen und zum Schluß mit einer Reibahle auf Maß reiben.
Um Fehler bei der Ausrichtung und dem Anfahren des Nullpunkts zu vermeiden,wäre es am besten, alle Bohrungen in einer Aufspannung mit einmaligem Anfahren zu fertigen.
Grüße
Achim

0,7mm Fehler stinkt ja zum Himmel! Hier gibt es nicht nur ein kleines Problem, dessen Ursache zu finden sein sollte.
Ich würde mit so einer Maschine nicht weiterarbeiten. Der Fehler muss weg.

Digitalanzeigen können z.B. wegen Dreck Schritte verlieren oder mechanisch wie elektrisch wackelig montiert sein. 0,7mm kann man auch schon an der Skala sehen und braucht kein Endmaß dafür.
Du kannst ganz einfach jede Achse nach Skala ein paar mal hin und her fahren und die Digitalanzeige querchecken. So zeigen sich Schrittfehler spätestens am Schluss, wenn Du wieder auf Null bist ganz einfach, ohne dass die Linearität der Spindel eingeht.

Führungsspiel beim Klemmen ist natürlich auch ein heisses Eisen. Speziell wenn der Tisch hängt und durch die Klemmung waagrecht gezogen wird, ergebens sich mannigfaltige Möglichkeiten für nicht offensichtliche Verschiebungen (nicht 0,7mm!). Eine Messuhr auf Stativ kann hier vieles klären.

Die Methode eine Bohrung größer zu feilen und dann aufzureiben war früher gängig. Mit mehrmaligem Zyklus feilen-reiben-feilen kann man Bohrungen angeblich auf 1/100 genau setzen.
Man braucht aber die fein abgestuften Reibahlen und muss natürlich genau messen können. Gemacht habe ich es selber noch nie.

Sauber anreissen mit Anreissfarbe ist auch beim Bohren auf der Fräsmaschine eine gute Methode um grobe Fehler beim Kurbeln zu vermeiden.
Z.B. ein Zirkelkreis um den Körner erleichtert die Kontrolle nach dem bohren, aber da ist das Kind natürlich meist schon in den Brunnen gefallen.
Das ist übrigens auch sehr hilfreich beim Bohren von Dübellöchern in die Wand.

Die Proxxon TBM Tischbohrmaschine halte ich für nicht geeignet. Prüfe mal den Rundlauf der Pinole, und schau mal wieviel Spiel Du um die Längsachse der Höhenverstellung hast! Eine Ursache hast Du ja schon mit dem Bohrer ausgemacht, der gerne ausbricht. Leider lässt sich die Drehzahl nicht kontinuierlich regulieren sondern nur über Änderung des Riemens drei Drehzahlen einstellen. Die niedrigste Drehzahl sind 1.800 Umdrehungen, das ist für präzises Anbohren zu viel.

Meine Proxxon TBH verstaubt deshalb im Keller, da möchte ich an Uhrwerken nichts mehr mit bohren. Für das Nachrüsten der Bohrmaschine mit einem Frequenzumrichter für die Regulierung der Drehzahl fehlt mir das Elektrotechnik Know-how.

Hallo Enno,
die 0,7mm Versatz haben vermutlich eine andere Ursache.
Bohrungen in mehreren Stufen auf Position zu feilen funktioniert, habe ich während der Lehrzeit auch gelernt.
Der Aufwand dazu ist aber immens und hat in Zeiten von Fräsmaschinen mit Digitalanzeige eigentlich keine Daseinsberechtigung mehr.
Deine Fräsmaschine sollte das können.
Mein Hinweis auf die Digitalanzeige beruht auf dem Fehler an meiner alten dig. Schieblehre. Bei Messungen von ganzen Maßen an Endmaßen (10mm, 20mm etc.) hat sie genau gemessen, bei krummen Maßen(z.B. 15,83) waren Fehler von 0,1-0,2mm festzustellen. Ich habe sie dann als Flaschenöffner weiterverwendet..
Den Zweischneider verwende ich deshalb, weil die flache Stirnschneide nicht der Bohrung hinterherläuft, sondern auf der eingestellten Position bleibt.
Grüße
Achim