Liebe Freunde der Uhrmacherei,

ein Bekannter hat mir kürzlich eine Pendeluhr mit Westminsterwerk vorbei gebracht (Hermle 451-030 A), deren Problem war, dass der Westminsterschlag völlig durcheinander geraten war - vermutlich durch die Betätigung der Schlagabstellung während des Schlagens.

Die Melodiewalze neu zu justieren, war kein großes Problem. Allerdings habe ich dann im Probelauf festgestellt, dass die Uhr nur jede 2. Stunde schlägt, und das nach dem immer wieder reproduzierbaren Muster:

4/4 - 1/4 - 2/4 - 3/4

(4/4 - 1/4 - 2/4 - 3/4) (kein Schlag)

4/4 - 1/4 - 2/4 - 3/4

Die Stunden werden richtig gezählt und auch die Westminstermelodie stimmt immer noch, da die Schlagpause immer genau eine Stunde lang ist.

Hat irgendjemand eine Idee, was hier nicht stimmen könnte?

Kann jemand auf dem Bild was entdecken?

Was könnte ich noch tun?

Ich freue mich über jeden Rat!

Herzliche Grüße

Axel

IMG_6540.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo Axel,
ist immer etwas schwierig,auf dem oberen Bild ist 4/4 gewesen und das Werk müßte noch 3 mal die h. schlagen,danach müßte wieder 1/4 kommen.
Kannste eigentlich nur Gewichte dran und Zeiger drauf und langsam probieren und beobachten.
Vorauslösung beim Westminster und beim schlag,fallen die Hebel richtig ab,bei 3/4 müßten beim mWestminster beide hebel abfallen und die Scheibe stoppen.
Ist so schwer zu sagen,kann sehr viele ursachen haben.Habe im moment auch ein Westminster-werk da war eine Scheibe auf der Welle etwas lose,habe nu einige graue Haare mehr.
LG
P1060724.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) P1060734.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo Manfred,

vielen Dank für Deine Nachricht!

Ich teste das Werk nun schon seit fünf Tagen mit Gewichten. Der Fehler tritt zuverlässig jede 2. Stunde auf.

Auschließen kann ich, dass die seitlich montierte Melodiewalze für den Fehler verantwortlich ist. Der Fehler tritt auch ohne die Walze auf.

Was die Vorauslösung angeht, funktioniert in der Stunde, wo auch der Schlag funktioniert, alles wie es soll, d.h.:

Vorauslösung: Windfang dreht leicht - Schlag 4/4 - Vorauslöung: Windfang dreht leicht - Schlag 1/4 - Vorauslösung: Windfang dreht leicht - Schlag 2/4 - Vorauslösung: Windfang dreht leicht - Schlag 3/4

aber dann wird es anders:

keine Vorauslösung: Windfang steht still - kein Schlag 4/4 - keine Vorauslösung: Windfang steht still - kein Schlag 1/4 - Keine Vorauslösung: Windfang steht still - kein Schlag 2/4 - keine Vorauslösung: Windfang macht 1/4 Umdrehung - kein Schlag 3/4

Ist der Stundenzyklus vorbei, geht alles wieder von vorne los:

Vorauslösung: Windfang dreht leicht - Schlag 4/4 - Vorauslöung: Windfang dreht leicht - Schlag 1/4 - Vorauslösung: Windfang dreht leicht - Schlag 2/4 - Vorauslösung: Windfang dreht leicht - Schlag 3/4

Sehr seltsam das Ganze.

Herzliche Grüße

Axel

Hallo

Du meinst, es hat 3/4 Melodie geschlagen - dann passiert bei 4/4 nichts mehr. Erst eine Stunde später löst 4/4 aus. Dann wieder bis 3/4 und 4/4 nicht mehr usw....?

Gruß hermann

Hallo Hermann,

exakt. Kürzer und besser hätte man mein Problem nicht beschreiben können. Sollte die Lösung auch so kurz und einfach sein?

Beste Grüße

Axel

Hallo Axel- schau dir mal genauer den Auslösehebel an, ob der verbogen ist und eventuell an der längsten Nase vom Auslösenocken (Vierteltrieb mit Nasen) nicht weit genug gehoben wird. Das könnte die Ursache sein.

Hallo Redak,

vielen Dank für den Hinweis!

Ich habe die Sache gerade noch einmal überprüft. In den Zyklen, in denen die Uhr schlägt, wie sie soll, dreht der Auslösenocken und hebt auch den Auslösehebel ausreíchend an. Allerdings steht der Auslösenocken in den Phasen, in denen die Uhr nicht schägt, also jede Stunde für 4 Auslösezyklen, still. Erst nachdem 4/4, 1/4, 2/4 und 3/4 nicht geschlagen haben, setzt er sich zum nächsten 4/4, 1/4, 2/4 und 3/4- Durchgang wieder in Bewegung.

Beste Grüße

Axel

Hallo

Kann es sein, das die Uhr ein Service braucht? Eventuell zu viel Reibung?

Gruß hermann

Hallo Hermann,

eigentlich macht die Uhr einen sehr ordentlichen Eindruck und ist in einem guten Zustand. Ich habe sie jetzt tagelang getestet. Die Gangabweichung ist minimal. Wenn sie schägt - und das tut sie ja alle zwei Stunden - funktioniert alles problemlos, ohne die geringste Verzögerung. Auch wenn ich den Schlag per Hand auslöse, regiert die Uhr sofort, schlägt absolut gleichmäßig und wohlklingend. Ist es wirklich ein Indiz für einen anstehenden Service, wenn ein Fehler absolut reproduzierbar alle zwei Stunden auftritt, gleichmäßig über mehrere Tage verteilt?

Beste Grüße

Axel

Hallo Axel,

da Problem liegt sicher in der Schlagwerkauslösung. Moderne Westminster-Uhren haben eine sog. Synchronisationseinrichtung. Diese sorgt dafür, daß die Schlagfolge nach spätestens einer Stunde wieder korrekt ist.

Sollte z.B. der Viertelstundenschlag so oft von Hand ausgelöst worden sein, daß die Uhr bei 1/4 bereits 3/4 schlägt, wird das Schlagwerk ruhig bleiben bis zur nächsten vollen Stunde. Ab dann läuft alles wieder korrekt ab.

Die Ausführung die Synchronisationseinrichtung ist von Hersteller zu Hersteller, z.T. auch bei verschiedenen Kalibern desselben Herstellers unterschiedlich.

Bei abgenommenem Zifferblatt kommst du vielleicht darauf, wo es hakt. Wenn nicht, es gibt von HERMLE ein "Service Manual". Du kannst auch bei HERMLE anrufen oder doch zum Uhrmacher deines Vertrauens gehen......

Viel Erfolg

Kurt

"Moderne Westminster-Uhren haben eine sog. Synchronisationseinrichtung. Diese sorgt dafür, daß die Schlagfolge nach spätestens einer Stunde wieder korrekt ist."

Ich kenne keine WM-Werke, die sich nicht korrigieren! Egal wie alt....
Das Problem wird sein, dass das Schlagwerk von Viertel bis Dreiviertel zu unsicher ausggelöst wird. Wenn ein Viertelschlag fehlt, kommt alles durcheinander.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass der volle Schlag nicht richtig ausgelöst wird, da der Sicherungshebel nicht weitgenug von der Nockenscheibe (höchste Stelle) gehoben wird, erst beim 2. Versuch, also nach der 2. Stunde, wird dann das Anlaufrad freigegeben.
Den Vorgang mal kontrollieren. Es greifen praktisch zwei parallel zu einander liegende Hebel in das Anlaufrad (Anlaufstift), die aber unterschiedlich gesteuert werden.

LG Thomas

Zitat von A.H. im Beitrag #8

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Hallo Redak,

vielen Dank für den Hinweis!

Ich habe die Sache gerade noch einmal überprüft. In den Zyklen, in denen die Uhr schlägt, wie sie soll, dreht der Auslösenocken und hebt auch den Auslösehebel ausreíchend an. Allerdings steht der Auslösenocken in den Phasen, in denen die Uhr nicht schägt, also jede Stunde für 4 Auslösezyklen, still. Erst nachdem 4/4, 1/4, 2/4 und 3/4 nicht geschlagen haben, setzt er sich zum nächsten 4/4, 1/4, 2/4 und 3/4- Durchgang wieder in Bewegung.

Beste Grüße

Axel

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Hallo wahli76, hallo masterpiece,

vielen Dank für die wertvollen Tipps! Ich bin mir nun sicher, dass es an der Synchronisation nach 4 Schlagzyklen bzw. an der mangelhaften Auslösung des Stundenschlags liegt. Der entspechende Hebel wird jede 2. Stunde - warum auch immer - nicht ausreichend angehoben. Helfe ich leicht mit der Hand nach und löse den Stundenschlag so aus, funktioniert alles. Jetzt gilt es nur noch die Ursache der mangelhaften Hebung zu finden.

Hallo Redak,

vielen Dank für die wunderbare Explosionszeichnung. Nun weiß ich auch, was ein Auslösenocken (Nr. 26) ist und wo der sitzt. Ich hatte mit meinem vorigen Post die Schlußscheibe (Nr. 25) gemeint, die nicht dreht, wenn der Schlag aussetzt.
Ich habe den Auslösenocken freigelegt und den Sitz der Auslöung (Nr. 22) kontrolliert. Daran scheint es nicht zu liegen.

Allen, die mir bis hierher weiter geholfen haben, einen herzlichen Dank!

Beste Grüße

Axel

Hallo

Das der Auslösehebel ungleich gehoben wird, ist unwahrscheinlich. Dann müsste er immer oder nie funktionieren. Oder aber er ist so verbogen, das er mal gerade eben und manchmal nicht auslöst. Dem würde aber der vorhandene Rhythmus widersprechen.
Ich vermute eher ein Problem mit der Einstellung des Vorlaufes. Der Stift am Rad sollte ca. einen halben Radumfang vor dem Hebel stehen. Tut er das nicht, kann es zu Problemen kommen.
Es kann sich aber auch um ein Werk handeln, wo ein Unkundiger aus reiner Verzweiflung angefangen hat Hebel zu verbiegen, weil er mit der Einstellung der Kadratur nicht zurecht gekommen ist.
Wie es auch sei, Ferndiagnosen sind immer schwierig....

Gruß hermann