Bei der Görke PPU hat sich nun doch ein Problem ergeben.

Nachdem ich die Uhr wieder aufgestellt hatte, blieb sie nach einer Weile stehen. Nach einer Neueinstellung des Abfallregulierers lief sie wieder eine Weile und blieb wieder stehen (wieder mit Abfallfehler). Die einzige Erklärung ist, dass der Anker nicht ausreichend fest auf seiner Welle befestigt ist, und ja, der Anker kann mit leichter Kraft auf der Welle gedreht werden.

Jetzt frage ich mich, wie man das Problem beheben kann. Der Anker ist zusammen mit dem Lot locker, und beide können auf der Welle gedreht werden. Es ist nicht verwunderlich, dass das Lötzinn nicht mit dem Stahl der Welle verbunden ist, weil Stoffschluß Zinn/Stahl nur mit besonderen Flußmitteln gelingt Ich würde sagen, ein Konstruktionsfehler.

Hier sind zwei Fotos, auf dem ersten zeigen die beiden blauen Pfeile auf den Anker und den Lotbereich, beide drehbar auf der Welle (rot). Das zweite zeigt die gegenüberliegende Seite.

Anker 1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Anker 2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Zur drehfesten Befestigung des Ankers auf der Welle sind mehrere Alternativen denkbar.

1) Auftragen einer kleinen Menge 2-Komponenten-Kleber auf den Lotbereich einschließlich der Welle. Das funktioniert vermutlich gut, sieht aber ziemlich unprofessionell aus. Andererseits ist es 100% reversibel.

2) Ein kleines Gewinde in den Ankerkörper schneiden und den Anker mit einer Madenschraube auf der Welle fixieren. Damit wäre das Problem für immer behoben. Aber das ist weder original noch reversibel.

3) Komprimieren des Materials im Bereich der Lotstelle mit einer Punze mit Kugelkopf und Erhöhen der Reibung zur Welle. Damit wäre das Problem vermutlich zumindest vorübergehend behoben. Mit der Zeit könnte das Problem jedoch wieder auftreten, da dadurch keine dauerhaft wirksame Verbindung mit der Welle hergestellt wird. Das Pendel ist sehr schwer (insgesamt ca. 10 kg) und dementsprechend ist auch das wirkende Drehmoment relativ hoch. Außerdem war da doch was mit punzen und verhunzen

4) Den Bereich neu verlöten. Dies würde eine Erhitzung des Bereichs auf über 250°C bedeuten, was ich vermeiden möchte. Außerdem würde dies die Verbindung zur Welle nicht verbessern, so dass das Problem eines Tages wieder auftreten könnte, siehe 3).

5) :???:

Was Eurer Meinung nach die beste Vorgehensweise für dieses Werk?

Ich persönlich neige dazu, 2) wegen der Nicht-Originalität auszuschließen. 4) ist m.E. eine gefährliche Option, da sich der Raumwinkel des Ankers auf der Welle erheblich verändern könnte. Hinzu kommt, dass sich das Gefüge des Stahls durch die Erwärmung verändern kann.

Beste Grüße, Bernhard

Hallo Bernhard,
es gibt da zwar unterschiedliche Konstruktionen aber meistens ist bei älteren Werken der Anker auf der Ankerwelle aufgepresst. Er muss ja zur Einstellung des Abfalls, bei einfacheren Uhren, auf der Ankerwelle verdrehbar sein. Verlötet war er bei alten Werken meines Wissens nach praktisch nie. Messe doch bitte mal den Durchmesser der Ankerwelle nach, die war oft leicht konisch. Wenn das bei Dir auch so ist genügt ein Schlag auf den Anker in Richtung des dickeren Endes und der Anker sitzt wieder fest.
Wenn Du den Anker von seiner Achse abnehmen kannst lässt sich die Stelle auch gleich vom Zinn reinigen.

LG Christian

Ist die normale gewollte Verstellbarkeit des Ankers auf dem Futter, oder soll sich das Futter auf der Welle drehen? Irgendeinen konstruktiven Hintergrund muss das Futter ja haben.
Weichlöten kommt mir bei einer Uhr dieser Klasse seltsam vor.

Die Variante mit Klemmschraube scheint mir speziell in Verbindung mit dem Futter keine gute Lösung und recht brutal.

Wenn Du verkleben willst, dann ist 2K Kleber sicher nicht reversibel.
Nimm z.B. in Alkohol gelösten Schellack. Der braucht zwar lange zum durchhärten, aber er ist vom restauratorischen Gesichtspunkt unbedenklich, härtet kalt aus, fließt nicht und ist auch noch nach 100 Jahren komplett löslich.

Würde doch erst mal den Anker runter nehmen,Lot entfernen und schauen wieviel Luft ist.

Zitat von Bernhard J im Beitrag #1

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Nachdem ich die Uhr wieder aufgestellt hatte, blieb sie nach einer Weile stehen. Nach einer Neueinstellung des Abfallregulierers lief sie wieder eine Weile und blieb wieder stehen (wieder mit Abfallfehler). Die einzige Erklärung ist, dass der Anker nicht ausreichend fest auf seiner Welle befestigt ist, und ja, der Anker kann mit leichter Kraft auf der Welle gedreht werden.

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Hi Moritz,

ich nehme an, dass sich der Abfall während des Ganges verstellt. Denn es gibt unregelmäßige Asymmetrien im Klang der Hemmung, die sich auch nicht durch Fehler am Ankerrad oder Anker begründen lassen (das wäre ein periodisches Phanomen).

Das "gefährlich" Argument kann ich nachvollziehen. Aber wie "trifft" man den "goldenen Punkt", Reibung des Ankers auf der Welle hoch genug, dass das Drehmoment sicher übertragen wird, Reibung aber nicht so hoch, dass das von Dir beschrieben fatale Szenario eintreten kann?

Ich bin nicht sicher, ob nicht Görke selbst einen vielleicht einen "hemdsärmeligen" Ansatz hatte. Die Ankergabel ist ähnlich befestigt. Beispiel Sperrad (unten am Ziffernblatt). Sieht exquisit gemacht aus. Vier Komponenten sind mittels 3 Schrauben miteinander verschraubt und laufen gemeinsam auf einer Welle. Man sollte meinen, dass dies so genau gearbeitet ist, dass die Drehposition der vier Komponenten zueinander egal ist (also Schraubenlöcher genau in 120° Winkel und bei gleichem Radius). Nein, ich habe ziemlich "herumspielen" müssen, bis 1) das Verschrauben aller drei Schrauben ansatzlos glatt ging und 2) die Mittelöcher in den vier Komponenten miteinander fluchteten, so dass die Welle fast "saugend" durch allesamt ging.

Vielen Dank an die Anderen auch für die Tipps, insbesondere auch bezüglich Kleben mit Schellac und das Prüfen auf leichte Konizität der Welle. Ich werde auch bevor ich irgendwas mache noch Detailfotos anfertigen und mit Bemaßungeen (z.B. Konizität) hier berichten.

Beste Grüße, Bernhard

Flüssiger Schelllack dürfte das probateste Mittel sein. Sparsam dosiert wird es genügend Festigkeit erreichen um den Fehler zu beheben aber gleichzeitig nicht so viel, dass der Ernstfall auftritt. Auch ist es das Mittel mit dem geringsten Aufwand und sollte es sich nicht bestätigen, dass mit der einfachsten Beseitigung. Ich wende es gern einmal an wo es sich anbietet.

Hi Fritz,

ich werde das vermutlich zunächst einmal probieren, denn damit kann weder Schaden angerichtet werden, noch wird etwas irreversibel geändert. Wie lange braucht Schellack um zu trocknen, also dass es hinreichend belastbar ist?

Vielleicht probiere ich aber auch zunächst im Lotbereich leicht (!) mit einem Rundkopf zu punzieren. Auch das sollte akzeptabel sein, zumindest wenn die Lötung tatsächlich nicht original ist. Und dann zusätzlich mit Schellack sichern.

Eine eventuelle Konizität der Welle werde ich auf jeden Fall auch mit einem Mikrometer zumindest prüfen und berichten.

Beste Grüße, Bernhard

Weichlot fließt unter Last. Ist also nicht geeignet um auf Dauer eine definierte Spannung aufrecht zu erhalten.
Jeder Elektriker weiß z.B. , dass es eine Todsünde ist, verzinnte Litzenkabel zu klemmen.

Der Schellack braucht lange zum Auflösen. Besser in Ethanol wie in Isopropanol. (warm)
Das Trocknen geht auch relativ langsam, aber du machst einfach parallel ein Muster und prüfst zwischendurch.
1 Tag vielleicht.
Wenn man mit dem Fön nachhilft wirft er gerne Blasen.

Zitat von Bernhard J im Beitrag #8

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Hi Fritz,

ich werde das vermutlich zunächst einmal probieren, denn damit kann weder Schaden angerichtet werden, noch wird etwas irreversibel geändert. Wie lange braucht Schellack um zu trocknen, also dass es hinreichend belastbar ist?

Vielleicht probiere ich aber auch zunächst im Lotbereich leicht (!) mit einem Rundkopf zu punzieren. Auch das sollte akzeptabel sein, zumindest wenn die Lötung tatsächlich nicht original ist. Und dann zusätzlich mit Schellack sichern.

Eine eventuelle Konizität der Welle werde ich auf jeden Fall auch mit einem Mikrometer zumindest prüfen und berichten.

Beste Grüße, Bernhard

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Das Punzieren würde ich lassen. Denn damit verändert man nicht den Durchmesser der Bohrung insgesamt, sondern nur an der gepunzten Seite. Die Bohrung wird also annähernd konisch (oder eher noch schlimmer: nur an der gepunzten Seite trichterförmig). Und die Sache ist nicht reversibel!

Wie sieht denn die Befestigung der Ankergabel am Pendel aus? Löst sich das da, wenn der Anker auf dem Hemmungsrad aufsetzt? So gesehen bei Siemens Hauptuhren.

Frank

@mikromeister Jepp. Und trotzdem wurden früher (bis ca 1960) ab Werk die Litzenenden verzinnt und mit Schraubklemmen angeschlossen. Die "darf" man dann alle paar Jahre nachziehen, wenn die Kabel nicht lang genug sind, um zu kürzen und mit Kabelendhülsen zu arbeiten.

Ein Tag ist ja nicht wirklich lange für das Trocknen von Schellack, ich hatte jetzt länger gedacht. Ich würde den Anker ohnehin eine Woche (von Wochenende zu Wochenende) lang liegen lassen, das reicht dann ja dicke. Gerade habe ich flüssigen Schellack bestellt.

Beste Grüße, Bernhard

Zitat von steffl62 im Beitrag #10

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Hallo Bernhard,
was genau möchtest Du denn bitte punzieren? Die Welle und der Anker sollten eigentlich gehärtet sein, da erzeugst Du eher einen Sprung als eine Kerbe. Beim Lötzinn bringt dir das auch nichts nichts, das ist ohnehin weich und fließt (Amorphes Material).
Also wenn das was nützen sollte dann sicher nur kurzfristig.

LG Christian

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Zitat von Typ1-2-3 im Beitrag #11

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Das Punzieren würde ich lassen. Denn damit verändert man nicht den Durchmesser der Bohrung insgesamt, sondern nur an der gepunzten Seite. Die Bohrung wird also annähernd konisch (oder eher noch schlimmer: nur an der gepunzten Seite trichterförmig). Und die Sache ist nicht reversibel!

Wie sieht denn die Befestigung der Ankergabel am Pendel aus? Löst sich das da, wenn der Anker auf dem Hemmungsrad aufsetzt? So gesehen bei Siemens Hauptuhren.

Frank

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Zitat von Bernhard J im Beitrag #12

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Gerade habe ich flüssigen Schellack bestellt.

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