Danke für den Tipp mit dem Eindicken.

Mein Gedanken war ein paar Tropfen mit einem feinen Schraubendreher rundum zu setzen und die dann trocknen zu lassen. Falls Tropfen stehen bleiben. Erst Eindicken ist aber sicherlich besser, dann vielleicht mit einem feinen Pinsel streichen.

Das Gute ist ja, wenns blöd aussieht ists schnell wieder entfernt.

Hallo und Guten Morgen!

Wenn es sich hier wirklich um eine PPU handelt, ist die ganze Diskussion um Schellack & Co nicht Wertadäquat.
Grundsätzlich muß die Entscheidung getroffen werden, ob das Uhrwerk Restauriert oder Repariert werden soll.
Die Restauration endet da, wo verändernde Eingriffe, wie Madenschraube, Stift, Klemme oder sonstige Maßnahmen ergriffen werden. Eine Ertüchtigung des vorgefundenen Zustands, "Verlötet" fällt noch in die Rubrik Restauration. Dies kann mit dem ausbauen des Ankers, dessen Fixierung und Positionierung in einer anzufertigenden Hilfsvorrichtung erfolgen. Danach wird die vorhandene Verlötung mit einer Heißluftpistole (Keine Flamme) so animiert, daß das vorhandene Lot zum fließen kommt. Ist eine Seigerung zu erkennen, kann Lot nachgeführt werden. Der Anker soll dann in der Vorrichtung auskühlen und anschließend auf dem Rundlaufbock geprüft/ gerichtet werden.

Entschließt man sich für eine Reparatur, wird das Ganze natürlich viel einfacher. Den Anker von der Welle pressen ( mit Temperatur ? ), die Ankerwelle egalisieren, den Anker ausdrehen oder ausbohren, eine Buchse drehen und die Baugruppe wieder in der richtigen Position zusammenpressen. Die maßliche Paarung von Welle und Buchse kann so gewählt werden, daß eine Friktion gegeben ist.

Um den Wert und Funktionserhalt dieser Uhr langfristig zu gewährleisten, sollte ein gewisser Aufwand nicht gescheut werden. Es ist auch für den eigenen Uhrenwissenshorizont immer nachhaltig, mal zum Uhrmacher zu gehen um dort eine fundierte Meinung ein zu holen.

Also, weiterhin viel Spaß mit der Uhr !

Grüße aus dem Schwarzwald,

Paul Eble

Hallo Herr Eble,

das sehe ich grundsätzlich auch so, zumal ich gerne den restaurativen Ansatz verfolge, erst recht bei einem solchen Objekt. Es gibt m.E. nichts Schlimmeres als einen "totrestaurierten" Gegenstand, wie man es bei Möbeln oft sehen kann.

Einzig der Anmerkung zum "Wertadäquat" stimme ich nicht ungeteilt zu. Denn das allererste Augenmerk ist m.E. darauf zu richten, dass ohne unbedingte Notwendigkeit keinerlei irreversiblen Arbeiten an dem Objekt ausgeführt werden. So ist ein Reparaturansatz mit geringen Mengen an klarem Schellack die "mildeste" Form des Eingriffes, mit dem die technische Funktionsfähigkeit ohne jegliches Risiko wieder hergestellt werden kann. Natürlich ist das nicht "original", aber eben zumindest vollständig reversibel, wenn aus welchen Gründen auch immer eine andere Vorgehensweise von einem späteren Reparateur oder Restaurateur bevorzugt wird.

Aber "wertadäquat" ist es m.E. schon, weil der Wert nicht durch ungeeignete (aus restauratorischer Sicht) Maßnahmen gemindert wird, insbesondere wird nichts entfernt (wodurch auch immer), sondern eben nur Schellack hinzu gefügt, der ggf. mühelos wieder entfernbar ist, rückstandsfrei. Was die Funktion als PPU angeht ist es m.E. jedenfalls dann "wertadäquat", wenn (und solange) es hält. Wenn nicht, stimme ich insofern natürlich gerne zu, dann taugt es null.

Zum Stichwort "auf dem Rundlaufbock ... gerichtet werden" eine Frage meinerseits. Wie macht man das? Ich (kein Uhrmacher) käme nicht auf die Idee einen massiven gehärteten Anker auf einer ebenso gehärteten Welle in irgendeiner Weise zu "richten", außer in Drehrichtung auf der Welle. Wenn das Richten im Rahmen der (weichen und daher plastisch verformbaren) Lötverbindung erfolgt, macht man dann nicht die Lötung im Grund wieder zunichte?

Ich vermute, dass Sie Uhrmacher sind? Jedenfalls besten Dank für Ihre fundierte Stellungnahme. Der Vorteil bei einem Forum, wie diesem, ist dass man von 3 guten Uhrmachern 4 verschiedene Meinungen bekommen kann, und nicht nur von einem .... *Späßle* ;o)

Beste Grüße in den Schwarzwald,
Bernhard

P.S.: Ob bei einer alten Uhr (oder anderen technischen Gütern) eine konstruktive Verbesserung, im Detail, den Wert erhöht oder vermindert, ist wohl ein beliebter Diskussionsgegenstand. Oder eine rein optische Verbesserung der (alten) Oberflächen. Da gibt es sehr unterschiedliche Meinungen. So gibt es Leute, die der Meinung sind, eine Versilberung des Ziffernblattes dieser Uhr würde wertsteigernd sein. Da ich aber rückseitig keinerlei Spuren einer alten Versilberung gefunden habe (beispielsweise rückseitig um Löcher für Schrauben oder Zeiger herum, wie es bei einer früheren Versilberung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu finden wäre), lasse ich das Ziffernblatt wie es ist. Weil ich das für den Originalzustand und somit in meinen Augen für "wertvoller" halte. Wissend, das Andere das auch anders sehen mögen ....

Es ist doch immer noch unklar, ob die Reibungsverbindung die ein guter Uhrmacher ohne jeden Zweifel vorgesehen hat zwischen dem Anker und der Buchse oder der Buchse und der Welle vorgesehen war.
Beides ist technisch denkbar und der Konstrukteur hat jedenfalls eine Stahl-Messing Paarung für die Friktion erhalten.
Wenn er die Buchse auf die Welle gelötet und dann überdreht hat, wäre das technisch tadellos. Dann müsste man die Buchse und den Anker trennen können, wenn die Buchse axial nicht etwas aufgebördelt wurde um die Reibung einzustellen und axiales Abwandern zu unterbinden.
Ist diese Friktion im Laufe der Zeit zu schwergängig geworden kann bei einem groben Versuch den Eingriff einzustellen die Weichlotverbindung mit kleinem Durchmesser leicht versagen, selbst wenn gut gelötet wurde.

Ist die Friktion zwischen Buchse und Welle vorgesehen, dann ist die Lötverbindung eine schlechte Reparatur.
Untersuche doch mal die Teile unter diesem Gesichtspunkt.

Ich glaube inzwischen von der Konstruktionsseite her, dass die Lötverbindung original ist.
Vielleicht hat der Uhrmacher auch gemerkt, dass die aufgepresste Buchse zu wenig Reibung hat und hat nur vorne nachgelötet. Man könnte das sehen, ob das Lot durchgeflossen ist oder nur vorne hängt
Eine Reparatur der Lötung ohne vorherige Demontage halte ich für fragwürdig. Man kennt das Lot nicht und hat keine Erkenntnis zum Benetzungszustand der Bauteile. Gibt es einen Lotspalt? Ist die Geometrie festgelegt oder wackelt das bei flüssigem Lot? Unbekannt.
Eine Reinigung und neue Verlötung mit geeignetem Flussmittel und modernem Lot ist denke ich gut möglich, wenn die Geometrie nicht dabei flöten geht. Verzug würde ich da nicht befürchten und die Bedenken bezüglich richten teile ich zu 100%
Eine Seigerung hat übrigens mit Kapillarwirkung nichts zu tun und wird auch bei einer Lötung nicht merkbar auftreten.

Die Schellackmethode ist halt schnell und einfach ohne was kaputt zu machen. Die Funktion ist aber eingeschränkt.

Hallo Bernhard, Guten Abend!

Vielen dank für den umfangreichen und wertschätzenden Kommentar.

Zum Thema Reparaturmethoden wie Schellack gibt es noch zu bedenken, ob ich die Uhr in die eigene Sammlung integriere oder ob man diese einem Kunden zurück geben muß.

Was das richten von gehärteten Teilen angeht, ist es probat diese auf dem Rundlaufböckchen oder der Richtbank in die geforderten Rundlauftoleranzen zu bringen. Als Beispiel kann angeführt werden, die Leitspindel einer Drehmaschine wenn diese aus der Härterei zurück kommt.
Bei richtiger Herangehensweise kann man mit harten Teilen so einiges machen. Das führt aber hier denke ich zu weit.

Grüße aus dem Schwarzwald,

Paul Eble

Zitat von Paul Eble im Beitrag #20

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Als Beispiel kann angeführt werden, die Leitspindel einer Drehmaschine wenn diese aus der Härterei zurück kommt.

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Zitat von Paul Eble im Beitrag #20

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Bei richtiger Herangehensweise kann man mit harten Teilen so einiges machen. Das führt aber hier denke ich zu weit.

Grüße aus dem Schwarzwald,

Paul Eble

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Wenn ich es recht verstehe, ist doch die Lötverbindung ohnehin lose. Das kann man also ohne Schaden demontieren.
Ob man die Buchse dann vorsichtig aus dem Anker klopfen kann ließe sich mit entsprechender Lochunterlage und Punzen ungefährlich versuchen.

Ich werde vorsichtig prüfen, ob, und wenn ja, welche Komponenten sich axial auf der Ankerwelle verschieben lassen, besten Dank! Und natürlich berichten.

So, heute habe ich wieder der Görke widmen können. Zu der zuvor aufgeworfenen Frage, welche Teile sich auf der Welle drehen, ist festzustellen, dass das Messingfutter zusammen mit dem Anker und dem auf der anderen Seite sichtbaren Lot auf der Welle drehbar sind.

Hieraus schließe ich, dass bei der Herstellung tatsächlich weich gelötet wurde, das sieht auch nicht "gefrickelt" aus.

Heute habe ich dann mit dem flüssigen Schellack geklebt. Das geht recht gut. Davon, dass ich nicht zuvor eingedickt habe, verspreche ich mir, dass aufgrund der Kapillarität und der relativ niedrigen Viskosität der Lösung auch Schellack zumindest ein wenig in den Spalt zwischen den losen Komponenten einzieht. Aufgetragen habe ich mit einer feinen Schraubendreherklinge, im Prinzip ähnlich wie mit einem Öler. Das gind recht gut und die aufgetragene Lösung ist auch kaum verlaufen.

Zuvor muss natürlich die richtige Winkellage eingestellt und nicht mehr berührt werden. Das funktioniert fehlerfrei nur bei montiertem Werk, es soll ja auch so eingestellt sein, dass die Regulierschraube für den Abfall in beiden Richtungen genug Raum hat.

Hier ein Foto nach 2-3 Stunden. Vor dem Einbau des Werkes und Probelauf werde ich geraume Zeit trocknen lassen, vermutlich bis kommendes Wochenende. Dann wird auch die Schellack Schicht deutlich dünner geworden sein, wenn es sich ähnlich verhält, wie ich es von Lackschichten kenne.

Jedenfalls wird ein mir eventuell mal nachfolgender Restaurator nicht sagen können, ich hätte etwas "vermurkst". Mit Ultraschall in Ethanol kann der Schellack rückstandslos entfernt werden, und wenn dann jemand neu Löten möchte, kann das problemlos in Angriff genommen werden.

Beste Grüße, Bernhard

L1040152.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo Bernhard,
die Ankerwelle ist also nicht konisch?

lg Christian

Hi Christian,

nein, mit Mikrometer vor und hinter dem Anker gemessen, innerhalb der Toleranz gleiche Außendurchmesser. Eine axiale Verschiebung habe ich vorsichtshalber nicht ausprobiert.

Beste Grüße, Bernhard

Sieht aus, als würde auf Deinem Foto am oberen Ende der Ankerwelle eine Flüssigkeit anliegen - ist das richtig, oder nur ein optisches Artefakt?

Moin Bernhard,
wenn deine Annahme stimmt und die Weichverlötung original ist, dann sollte auch die Welle an der Verbindungsstelle verzinnt sein.
In dem Fall müsste eigentlich eine Erwärmung auf ca. 300°C das vorhandene Lot wieder verschmelzen.

Zitat von megasonic im Beitrag #28

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Sieht aus, als würde auf Deinem Foto am oberen Ende der Ankerwelle eine Flüssigkeit anliegen - ist das richtig, oder nur ein optisches Artefakt?

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