Hallo allerseits,

mir ist eine Frage "aufgestoßen", die ich mal allen stellen würde:

Bis zu welcher maximalen Spindeldrehzahl sollte man/ kann man eine übliche 8mm Uhrmacherdrehbank mit Gleitlagern betreiben, ohne das die Lager Schaden nehmen, ordentliche Schmierung vorausgesetzt? Das Schmierthema wurde ja schon an anderer Stelle ausführlich diskutiert. Ich setze mal eine optimale Schmierung, ein dünnes Öl was gern höhere Drehzahlen verträgt, voraus.
Hatte irgendwo mal was von 2500 U/min gelesen, was mir aber etwas wenig, gerade bei dünnen Zapfen erscheint. 4000 wären da allemal angemessen und eigentlich immer noch zu langsam... Habe meine Drehbank aber auf 2500 max. eingestellt weil ich Bedenken habe , das schnellere Umdrehungen nicht gut sein könnten.

Ich bin auf Eure Meinungen gespannt...

Im Uhrmacher an der Drehbank steht 4.500 als Dauerdrehzahl, kurzzeitig auch 6.000. Für mich ist das eine ziemlich akademische Frage, ich habe mich um sowas bisher nie gekümmert, sondern arbeite nach Gefühl und liege mit der Drehzahl weit unter beiden Werten. So hoch würde ich das kleine Maschinchen nie aufdrehen, das täte mir weh.
Im Uhrmacherbereich dreht man nicht wie im Industriebereich auf maximale Produktivität mit Parametern gemäß Formel oder Buch über Metallverarbeitung, sondern passt seine Parameter den Gegebenheiten an. Weniger Vorschub, weniger Schnittgeschwindigkeit, weniger Drehzahl. Darum empfehle ich jedem der sich neu in die Sache einarbeitet das Arbeiten mit dem Handstichel, um Gefühl für die Sache zu bekommen. Da lernt man schnell was geht, was gut ist und was nicht.

Gruß
Norbert

Hallo Thilo,

ich schließe mich Norberts Meinung an.
"Langsam dreht man gut" hat mir ein Uhrmacher gesagt. Grund: Winzige Unwuchten wirken sich bei hohen Drehzahlen negativ aus, die leichten und instabilen Maschinen beginnen zu vibrieren.
Ich habe mich nie um Drehzahlen-Werte gekümmert, war mit meinen Drehergebnissen trotzdem zufrieden.


Viele Grüße!

Matthias

Um Zapfen zu drehen, haben ja die Uhrmacher, die noch mit Handrädern gearbeitet haben, sicherlich auch keine 4.500 U/min hinbekommen und
trotzdem hat es funktioniert.

Ich selber drehe auch immer nach Gefühl und weniger nach Vorgaben. Zumal auch das verwendete Material unterschiedliche Anforderungen stellt.
Auch der Schliff der Meißel sowie der Vorschub usw. spielen da noch mit rein. Am besten einfach mal ausprobieren, was passiert, wenn man das
gleiche Ergebnis mit verschiedenen Umdrehungen erreichen möchte.
Hier trifft das Sprichwort: "Übung macht den Meister" voll zu (wovon ich übrigens auch noch weit entfernt bin!).

Ja, ich glaube auch, dass es z.B. wichtiger ist, den Stichel scharf zu halten, als die hohe Drehzahl. Die meisten Zapfen werden eh wegen stumpfen Sticheln abbrechen und nicht wegen der zu niedrigen Drehzahl.
Zu diesem Thema will ich mal noch ein interessantes Zitat aus alter Uhrmacherliteratur hier bringen, geht aber erst morgen.
Hier wird auch festgestellt, daß mit dem Handschwungrad die erforderliche Geschwindigkeit nicht erreicht wird. Bei Stahl mit 1mm Durchmesser wird 2500 Umdrehungen empfohlen, Messing über 4000.
Und an die Vibration habe ich auch nicht gedacht, daß hatte ich auch schon bei bestimmten Resonanzdrehzahlen und da ist ein sauberes Drehen kleinster Teile unmöglich.Da dreht man freiwillig langsamer...

Bei der Fragestellungen hatte ich mehr die Maschinengrenzen im Blick, was sollte ich wirklich nicht überschreiten...Obwohl ja Gleitlager hohe Drehzahlen eigentlich mögen wegen dem Schmierkeil...

Hallo

Für Uhrmacher Arbeiten sind sehr selten so hohe Drehzahlen nötig, wenn überhaupt. Ich wähle die Drehzahlen so, das ich die optimale Spanabhebung erreiche. Und die sind meist eher niedrig.

Gruß hermann

Hier passen gut die Auszüge aus Diebeners Jahrbuch dazu:

Daraus ergibt sich die verblüffende
Wahrheit, daß der Uhrmacher bei dem Drehen der kleinen Unruhwellen
falsch arbeitet. Recht langsam und mit Gefühl. So daß
die dünnen Zapfen abbrechen. Das kommt nur daher, weil der
Druck, mit dem der Stichel in das Material eindringt, sehr groß sein
muß, denn nur bei bestimmter Geschwindigkeit ist leichtes Schneiden
möglich.

das sagt eigentlich alles, er empfielt bei Stahl 1mm Durchmeser 2550 Umdrehungen, bei Messing 4775 Umdrehungen.
Das für 1mm, bei U-Zapfen müsste es noch viel mehr sein...
im PDF Seite 4 Ende bis Seite 5 Anfang steht alles unter "Schnittgeschwindigkeit"...

Will hier nat. niemanden was vorschreiben, dazu bin ich überhaupt nicht mangels Erfahrung in der Lage...das ist mir schon klar, aber wenn ich sowas lese wäre es schön, mal Meinungen dazu zu hören...

Wenn der Uhrmacher so falsch arbeitet, wie ist ihm denn dann überhaupt das Drehen der kleinen Unruhwellen möglich? Theoretisch mag das ja zutreffen, aber das ist doch völlig egal.

Die Ausführungen von Fachlehrer Böckle sehe ich eher unter der Überschrift "Rechnen für Uhrmacher" als unter "Drehen".
Selbst drehe ich meist um 2000 U/min, nur bei größeren Stücken entsprechend langsamer. Es geht halt einfach langsamer als mit hohen Drehzahlen. Auch Zapfen drehe ich mit Support, Probleme ergeben sich nur durch zu stumpfe Stichel (wie schon gesagt).

Es könnte ja sein, daß jemand eine alte Anleitung zu einer Gleitlageruhrmacherdrehe zur Hand hat, auf der sagen wir mal steht, "Die Spindeldrehzahl von xxx ist nicht zu überschreiten". Wo also der Hersteller die max. Drehzahl vorschreibt. Bei den Geräten wo der Motor gleich mit dranne ist (F1 Boley?) , könnte man ja mal nachmessen, wie die maximal drehen. Da wüsste man, für welche Drehzahl die konzipiert wurde...
Ich weiß das es ne akademische Frage ist. Aber rein Interessehalber....

... wie jedermann bekannt, kann eine Hummel gemäss den theoretischen Gesetzen der Physik und Aerodynamik nicht fliegen ... und tut es trotzdem!

... würde man das Ergebnis handwerklicher Arbeit mit der Erde vergleichen, hätte die Gravitation des Mondes den gleichen Einfluss auf das Ergebnis, wie die theoretischen Grundlagen des jeweiligen Handwerks... und die Gravitation der Erde selbst, den vergleichbaren Einfluss, wie der der eigenen Fertigkeiten und Erfahrung ...


LG

Ralf