Die folgende Film ist nichts für Schwache nerven! Wenn man sich noch in der Ausbildung befindet, dann könnte man verstört danach zurückbleiben. Der folgende Film enthält eine große geballte Ladung an Pfusch der Extraklasse. Wem die Augen brennen,der möge bitte den Film anhalten. Man sollte den Film nur in kleinen Dosen konsumieren!
„Wer Schlechtes nicht ertragen kann, wird Gutes nie erleben.“
Ich habe mir den Film in voller Länge angesehen und so schlimm ist er gar nicht. Man muss sich nur vor Augen führen, dass es sich um einen "Hobbyuhrmacher" handelt, der versucht mit seinen geringen Mitteln kaputte Uhren wieder zum Leben zu erwecken und das mit sehr viel Freude daran. Museale Stücke sind nicht dabei und an Allerweltsuhren kann doch jeder rumbasteln soviel er will, wenn er Spaß daran hat. Das er die Fachausdrücke nicht alle richtig beherrscht beeinträchtigt nicht seine Freude. Ich gehe davon aus, das zu der Entstehungszeit des Filmes noch keine Informationsquellen für ihn zur Verfügung standen. Die "echten" Uhrmacher waren sehr darauf bedacht, nichts von Ihrem Wissen bekannt zu geben und jede Nachfrage wurde von vornherein abgeblockt. Habe ich selbst oft erlebt. Ich habe vor vielen Jahren versucht, einem gelernten Uhrmacher zu erklären, was eine Sekundenpendeluhr ist. Er hatte sie uns zum Kauf angeboten und es stellte sich bei der Abholung dann heraus, sie war nur 90 cm groß! Sie hatte aber eine "Sekundenanzeige", daher musste es nach seiner Meinung eine Sekundenpendeluhr sein. Überzeugen konnte ich ihn vom Gegenteil nicht, denn auch ich bin nur Hobbyuhrmacher.
Heute im Zeichen des Internets kann man sich überall schlau machen, auch als Laie. Früher ging das nur mit dem Kauf von Fachliteratur oder mit Ausprobieren. Die meisten von Euch können sich doch ein Leben ohne PC gar nicht mehr vorstellen, da sie viel zu jung sind.
Schweiz, zwischen Zürich-Luzern und Deutschland, Saarbrücken
Ihr kanntet Herrn Dobbelmann noch nicht? Den habe ich bei Youtube schon vor längerer Zeit entdeckt und fand ihn einfach sehr amüsant.
Wenn er aber (gemäss Beitrag von reddust) als Synonym für "Hobbyuhrmacher" steht, möchte ich mich von dieser Bezeichnung gerne distanzieren. Ich stelle an meine eigenen Arbeiten Ansprüche, von denen Herr Dobbelmann einige Dimensionen weit entfernt ist. Obwohl ich mich "Hobbyuhrmacher" nennen sollte, möchte ich nur ungern in die gleiche Schublade, wie Herr D. gesteckt werden.
Vielleicht trifft ja auch die Bezeichnung "Amateur-Uhrmacher mit Leidenschaft" eher auf mich und viele weitere Kollegen hier im Forum zu.
LG
Ralf
Es gibt Dinge die wir lernen müssen bevor wir sie tun können und wir lernen sie indem wir sie tun
Hallo Ralf, Entschuldigung, wenn ich Dir irgendwie zu Nahe getreten bin mit dem Begriff "Hobbyuhrmacher". Ich kenne viele sehr gute Hobbyuhrmacher, die manchem Uhrmacher überlegen sind und auch viele außergewöhnlich gute wie schlechte Uhrmacher. Ich würde Dich doch nie in die gleiche Schublade stecken mit Dobbelmann. Die Bandbreite ist riesig, aber Leidenschaft ist immer von Vorteil, da liegst Du goldrichtig.
Ich strebe auch Ergebnisse in einer anderen Qualität an, finde es nicht so schrecklich was da in dem Film gezeigt wird und fühle mein Wirken als "Hobbyuhrmacher" dadurch auch nicht abgewertet. Warum auch?
Nun zum Inhalt:
Am gruseligsten fand ich die Stelle an der man die schweren Gewichte für die Turmuhr an der Hausfassade hängen sieht und Leute drunter durchlaufen.
Die gezeigte Technik zum Zeiger abheben ist natürlich nix. Der elektrische Aufbau an der Turmuhr ist furchteinflößend. Aber z.B. unzerlegte Weckerwerke im 1:9 Bad zu reinigen und danach in Benzin zu spülen halte ich für absolut vertretbar. Die 1:9 Pfanne in der Schublade dagegen... naja. Der Film ist von 1990 und in den 70ern und 80ern wurden schließlich auch Kleinuhrwerke unzerlegt gereinigt. Und sonst scheint der ja schon was zu können. Wellen und Lager drehen etc. das ist doch schon was. Fehlende Pendel ergänzen, so dass die Uhr wieder richtig geht.
Man darf nicht vergessen, dass er sich völlig unbefangen in die Karten gucken lässt. Ich bin der festen Überzeugung, dass viele kleine "Werkstattgeheimnisse" einfach nicht offen gezeigt werden, weil sie zwar funktionieren, aber gegen die reine Lehre sind. Ich denke da z.B. an meine Befestigung von Zifferblattfüssen mit 2K-Kleber, statt zu löten oder zu schweißen. Die Altvorderen haben es anders gemacht, im Lehrbuch steht es auch anders, aber es funktioniert und hat keine Nachteile.
Was habt Ihr für weitere Kritikpunkte an den gezeigten Vorgehensweisen?
Zitat von nobrett im Beitrag #7 Aber z.B. unzerlegte Weckerwerke im 1:9 Bad zu reinigen und danach in Benzin zu spülen halte ich für absolut vertretbar.
Gruß Norbert
Ich reinige den Motor meines Autos auch immer mit dem Hochdruckdampfreiniger. Der Motor läuft danach wieder super! Würde ich das in einem Fachforum posten, würden mich die ausgebildeten Mechaniker mit Spott und Häme überschütten - wenn nicht Schlimmeres!
Spass beiseite, solange diese Bastler nichts dafür nehmen, können sie machen wozu sie immer lustig sind. Arg wird es nur dann, wenn sie anfangen Geld dafür zu nehmen und behaupten, die Uhr fachgerecht repariert zu haben. An die Grenze geht es, wenn - wie immer wieder erlebt - die Kunden behaupten das der KV viel zu teuer ist, den woanders bekommt er das zu einem weit niedrigeren Preis. Und ich habe absolut keinen Bock mehr erklären zu müssen, wodurch sich eine fachgerechte Restaurierung von einer Waschung unterscheidet.
Ich habe aktuell einen Monatsläufer in Arbeit, bei der ein Bastler am Anker herumgebogen hat, statt die Paletten zu schleifen und polieren. Da das Pendel gerade so weit ausschwingt, das die Uhr nicht stehenbleibt - bis sie zur Schlagwerksauslösung kommt, hat der das Schlagwerk stillgelegt und behauptet, das es sich nicht mehr reparieren lässt. Aber erst, nachdem er die Gewichte noch zusätzlich beschwert hat.
Da sie dann nach einem Jahr trotzdem gestanden ist, hat der Besitzer sie zu mir gebracht. 300,- hat er bezahlt, eine Garantie lehnte der Bastler ab...
Zitat von reddust im Beitrag #3Ich habe mir den Film in voller Länge angesehen und so schlimm ist er gar nicht. Man muss sich nur vor Augen führen, dass es sich um einen "Hobbyuhrmacher" handelt, der versucht mit seinen geringen Mitteln kaputte Uhren wieder zum Leben zu erwecken und das mit sehr viel Freude daran.
Ich glaube, mein Beitrag kann in seiner Kürze einen falschen Eindruck vermitteln. :o)
Beim "Uhrendoktor" hat mich das Entsetzen gepackt, wie jemand, der Geld für sein "Handwerk" nimmt, mit den ihm anvertrauten Werken umgeht.
Beim Film über den Herrn Dobbelmann ist zu spüren, welche Begeisterung und Liebe er für Uhren hat und sie mit seinen -in mancherlei Hinsicht- begrenzten Mitteln umsetzt und lebt. Sicher wird das Baden eines kompletten Uhrwerks in einer scharfen Reinigungslösung nicht unbedingt als fachmännisch durchgehen und führt bei mir zu leichtem Gruseln. Aber im gleichen Zusammenhang erwähnt er auch, dass er ein Uhrwerk komplett auseinandernimmt, wenn es dann noch nicht läuft oder ihm noch nicht sauber genug ist. Er ist in meinen Augen hobbymäßiger Dilettant -ganu wie ich.
Harter Tobak ist der Film für mich, weil er sowohl von den interviewten Personen als auch vom Interviewer selbst für mich schon fast an Realsatire grenzt. Ich hab ja geschrieben, dass ich mich durch den Film ein wenig in meine alte Heimat zurückversetzt fühle: Ich komme gebürtig aus Osnabrück. Wer "Neues aus Stenkelfeld" kennt und weiß, dass der Autor und Sprecher dieser Serie ebenfalls aus Osnabrück, genauer: dem Schinkel, stammt, kann hoffentlich verstehen, was ich meine. Der Herr Dobbelmann könnte glatt Vorlage für eine (liebevoll) überzeichnete Figur aus dem Repertoire von Harald Wehmeier sein, dessen Arbeit ich sehr schätze. Der Ausspruch mit dem "harten Tobak" bezog sich also nur zu einem Teil auf uhrmacherische Expertise -zu der ich mir als Laie kein Urteil erlauben will. Eine Meinung dazu habe ich aber. :o)
..ich bin übrigens auch noch ohne Internet, dafür aber mit Büchern aufgewachsen. Erfahrung habe ich dadurch gewonnen, dass ich Dinge ausprobiert habe und mit einigem davon dolle auf die Nase gefallen bin.. Unter anderem habe ich einen alten (wertvollen) Wecker meines Vaters auseinandergenommen (und funktionsfähig wieder zusammengesetzt), nur um zu sehen, wie der funktioniert. Mein Vater ist einen kleinen Tod gestorben als er das Teil in Einzelteilen sah und es gab ein deftiges Donnerwetter; als ich den Wecker wieder zusammen hatte, wars aber auch wieder gut. Über die Mißerfolge will ich hier schweigen. ;o)
Herrn Dobbelmann kannte ich noch nicht, obwohl ich nur 12km entfernt wohne.
Bei der gezeigten Turmuhr bin ich etwas stutzig geworden. Ein Arbeitskollege aus Nortrup erzählte mir mal, sein Großvater wäre Uhrmacher gewesen und hätte diese Uhr gebaut. Da werde ich wohl mal nachhaken.
LG Sigi
Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden (Hermann Hesse)
Zitat von DerSigi im Beitrag #10Herrn Dobbelmann kannte ich noch nicht, obwohl ich nur 12km entfernt wohne.
Bei der gezeigten Turmuhr bin ich etwas stutzig geworden. Ein Arbeitskollege aus Nortrup erzählte mir mal, sein Großvater wäre Uhrmacher gewesen und hätte diese Uhr gebaut. Da werde ich wohl mal nachhaken.
LG Sigi
Oh das ist ja spannen,evtl. lebt der Mann ja noch. Bitte halte uns auf dem Laufenden.
„Wer Schlechtes nicht ertragen kann, wird Gutes nie erleben.“
Der Herr Dobelmann war tatsächlich der Großvater von meinem Arbeitskollegen. Allerdings verstarb er schon Anfang der 90er Jahre. In seinem Heimatort Nortrup war es relativ bekannt und reparierte dort auch hin und wieder die Kirchturmuhr.
LG Sigi
Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden (Hermann Hesse)
29.10.2014 22:37 (zuletzt bearbeitet: 29.10.2014 22:37)
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