Gestern hat mich mein Grossvater angerufen, dass er da von jemandem in seinem Dorf zufällig eine Wanduhr bekommen hat. Der Deal ging recht schnell und so darf meine werte Grossmuter der älteren Dame am Wochenende im Garten aushelfen und ich habe eine neue Uhr... :-)
Ich bin also heute mit dem Bus zu Ihm gefahren, weil ich natürlich neugierig war, was es denn nun für eine Uhr ist.
Der Kasten ist sehr verstaubt, die Uhr lag schon längere Zeit auf dem Dachboden. Das Gehäuse ist für meinen Geschmack sehr hübsch, aber muss bestimmt aufgearbeitet werden.
Hier kennen sich ein paar mit GB sehr gut aus, Ihr könnt mir bestimmt ein paar Informationen über das Alter der Uhr und die Besonderheiten geben.
da hast du aber ein sehr schönes Stück. Mir gefällt sie. Ich kann die Gustav Becker Uhren eh gut leiden, meine läuft sehr gut und ließ sich auch sehr gut grundüberholen.
Meiner Meinung nach muss die Uhr auf jeden Fall nach 1875 entstanden sein, da erst ab 1875 die Prägung "Medaille d´Or" (Goldmedaille) auf den Werken zu finden ist. Falls es eine Seriennummer gibt, kann man, glaube ich, den Entstehungszeitraum noch näher eingrenzen. Ab 1900 entwickelten sich aus Gustav Becker, die Vereinigten Freiburger Uhrenfabriken, aufgrund von finanzieller Not der Gustav Becker Werke. Ab diesem Zeitpunkt änderte sich, meiner Meinung auch die Bildmarke. Da bin ich mir aber nicht 100% sicher. 1926 fusionierten die Freiburger Betriebe in die Junghans AG. Ab 1932 wurde die Produktion dann ganz beendet.
Ich würde die Uhr so zwischen 1900 und 1920 einordnen. Sie hat einen Windfang mit Fliehkraft Regelung wenn ich das richtig sehe, und das Gehäuse hat meiner Ansicht nach Jugendstil Elemente. Wobei interessant ist, das hier zwei verschiedene Fliehkraft System in einem Werk vereint sind.
Was ich auf jeden Fall sagen kann, der Gong wird sensationell klingen!
Also ich würde sie vom Gehäuse und einigen Konstruktionsdetails vom Werk her eher in die Bauhaus-Ära einordnen. Also so späte 20er frühe 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Jedenfalls noch vor dem 2.Weltkrieg. Wohl eine der letzten Uhren mit "Becker" Stempelung.
Hallo, Loris. Schöne Uhr, die Du da bekommen hast. Wenn ich das richtig gesehen habe, steht auf der hinteren Platine unten die Serien-Nummer der Uhr: 2218862. Das weist auf das Baujahr 1926 hin, leider. Guckst Du mal hier http://www.uhrenhanse.de/sammlerecke/gro...stav-becker.htm Und hier gibt es einige Ungereimtheiten. 1926 hatte bereits Junghans das Sagen in Freiburg und solche hochwertigen Werke wurden von Junghans nur in Schramberg hergestellt (aber auch nur Amerikaner und fast nie Vollplatinen). Ich gehe also mal davon aus, dass hier die Seriennummer falsch geprägt worden ist und eigentlich 218862 heißen sollte. Dann kämen wir dem Herstellungsjahr mit 1876 - 1877 wesentlich näher. Auch entspricht das Gehäuse (Gustav Becker hatte in Freiburg eine eigene Gehäuseschreinerei) eher dem Historismus und enthält (noch) keine Stilelemente des Jugendstil. Auch die Pendelaufhängung spricht für Gustav Becker.
Zu GB im Allgemeinen ist zu bemerken (wie ich es schon öfter gemacht habe), dass zum Ende 1899 eine Zwangsvereinigung von 10 Uhrenfabriken in Freiburg / Schlesien auf Druck einer Berliner Bank - Hauprgläubiger - statt fand. Die neue Firma war die "Vereinigten Freiburger Uhrenfabriken Inklusive vormals Gustav Becker AG" kurz VFU AG. Zu diesem Zeitpunkt hörte also die Traditionsfirma GB auf, als eigenständiger Hersteller zu existieren. Es wurden nur noch Teile für Uhren hergestellt, die dann mit den Teilen weiterer ehemals selbständiger Hersteller zu Fertigwaren zusammengebaut wurden. Besonders schlimm (minderwertige Produkte, die keinen Absatz mehr fanden) wurde es nach der Übernahme durch Junghans ab ca. 1926. Auch "Liquidierte" die Fa. Junghans dann die Produktion in Freiburg, indem die Firmenleitung und in einer Nacht- und Nebelaktion Maschinen und Werkzeuge der Freiburger Produktionsstätten nach Schrammberg geschaft hat.
ABER: Auch in der Zeit nach dem WKII wurden in Freiburg - bis in die 1980er - hochwertige Uhren mit der Marke GB und der Medaille d or hergestellt und mit erfolg verkauft. Vorallem Jahresuhren.
Also meine unmaßgebliche Meinung zu Deiner schönen Uhr: Echt GB aus ca. 1877 herum und der Stil ist der Historismus. Auch der Gong ist mit einem Patent von GB belegt. Und Hermann hat Recht: Der wird super klingen!
Die Meinungen über das Alter und die Stilrichtung gehen hier ganz schön auseinander. Ich hätte die Uhr so auf den ersten Blick auch eher in die 20er hineingeschätzt, das beruht jedoch nur auf der Tatsache, das ich Uhren aus dieser Zeit habe mit ganz ähnlichem Aussehen. Aber wenn ich mir das Gehäuse nun etwas genauer anschaue bin ich mir nicht mehr ganz sicher,irgendetwas unterscheidet sich einfach, aber ich kann nicht genau sagen was. Ausserdem hat die Dame von wessen Familie die Uhr stammt behauptet die Uhr sei um die 150 Jahre alt. Aber darauf will ich erst mal nicht viel Bedeutung geben.
Die Theorie von Rolf-Dieter mit der falschen Serien-Nummer finde ich auch ganz interessant, bei genauerem betrachten fällt nämlich auf dass da mit der ersten "2" etwas nicht ganz stimmt. Sie ist im Gegensatz zu den restlichen Zahlen etwas versetzt und die Form des Bogens und des Hakens am Schluss stimmt irgendwie nicht überrein. Das bringt uns dann wohl zu der nächsten Frage, wieso diese 2 dort hingekommen ist. :)
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Falls Besonderheiten am Gehäuse noch weiterhelfen könnten, kann ich noch mehr Fotos machen.. Ihr müsst mir nur sagen von was...
Ich finde, dass sich die erste und letzte Zwei sehr ähneln. Die zwei Achten sind auch unterschiedlich. Die Zahlen sind alle gleich tief geprägt. Ich sehe da keine nachträgliche Manipulation.
Ich halte das Baujahr 1877 für sehr früh angesetzt, ich sehe die Uhr als typische Box aus den Anfangsjahren des 20. Jh. Die Ausführung des Zifferblattes spricht auch dafür.
Gruß. Thomas
Vom Handwerk kann man sich zur Kunst erheben. Vom Pfuschen nie. J.W.v. Goethe
Zitat von Philclock im Beitrag #8Das ist ja genau die richtige Werkstattuhr für Dich! Das Werk ist von guter Qualität und klingt gestimmt toll,Gratulation!
Darüber mache ich mir auch schon Gedanken :)
Leider habe ich noch bei weitem nicht die Ausstattung um mich an die Revision dieser Uhr heranzuwagen... Es geht zwar vorwärts mit meiner Werkstatt aber halt eher schleppend. Also wird sie momentan noch "eingelagert" bis ich soweit bin.
Zitat von klettersteigzermatt im Beitrag #9 Leider habe ich noch bei weitem nicht die Ausstattung um mich an die Revision dieser Uhr heranzuwagen... Es geht zwar vorwärts mit meiner Werkstatt aber halt eher schleppend. Also wird sie momentan noch "eingelagert" bis ich soweit bin.
Gruss Loris
Gratuliere! Das ist genau die Einstellung, die aus meiner Sicht einen guten Uhrmacher ausmacht! Aus Dir wird noch einmal ein toller Kollege!
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09.07.2014 22:17
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