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eine „SORAG“, Made in Austria
Hallo zusammen! Ich möchte hier eine einfache, aber auf ihre Art doch besondere Uhr vorstellen. Gewiss – hochwertig ist sie nicht. Aber sammelwürdig schon. Eben eine Uhr für den „kleinen“ Geldbeutel.
Geschossen habe ich sie bei eBay. Angeboten als „Messinguhr; Wanduhr“ und „läuft nur kurze Zeit“. Keine Größenangaben, Bilder mit einen Band an der Aufhängeöse. Und kein Bild vom Werk. Aber bei einer Wanduhr kann man nicht so viel falsch machen – dachte ich. Zumals sie recht preiswert war. Und da ist sie: DSCN8286.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) DSCN8288.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Das Band habe ich gleich entsorgt – es war ekelig! Die Uhr ist keine Wanduhr, sondern eher eine große Taschenuhr. Der Durchmesser beträgt knapp 90mm, die Dicke 17mm. Das Glas, aus Plaste, etwas trüb und leicht zerkratzt. Das Gehäuse ist Messingblech, teilweise ist eine Lackierung vorhanden. Leider hab ich sie nicht gleich fotografiert – die Bilder hier sind „Nachher“. Wie der Verkäufter sagte, tickte sie. Aber nicht nur kurz, sondern lange. Nur die Zeiger bewegten sich nicht. Das Stellen der Zeiger; man muß die Krone eindrücken; ging hingegen. Klarer Fall – Zeigerreibung weg. Also ein Fall für meinen „Haus- und HofUhrmacher“ Fritz. Der Titel „Blechspielzeug“ stammt übrigends von ihm!
Auf dem Werktisch von Fritz erfolgte die erste Überraschung: DSCN8289.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) DSCN8290.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Das ist gar keine Wanduhr! Es ist eine Taschenuhr in einem großem Gehäuse. Eigentlich nichts Besonderes, aber ungewöhnlich ist es schon. Der Werkhaltering ist aus Alu, das Werk selbst ein normales TU-Werk aus Messing. Mit einem einzigem Stein: Auf der Unruhe sieht man ihn rot leuchten.
Der kleine schwarze Gummistopfen auf 2 Uhr wird zwischen Uhrwerk und Rückdeckel gelegt und verhindert das Klappern, da das Werk ins Gehäuse nur eingelegt wird. Das Zifferblatt ist an das Alu angenietet. Die Zeiger sind 35mm und 30mm lang.
Das Gehäuse: DSCN8293a.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) DSCN8294a.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) DSCN8294b.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) das Glas (Plaste); GehäuseSchale hinten, von innen und aussen
- total verdreckt, läuft aber trotzdem; - Zahnräder Aufzug/Einstellung sehr abgenutzt - System Rosskopf, die Besonderheit: die Zeigerreibung: Z_Fritz014.JPG - Bild entfernt (keine Rechte) Z_Fritz001.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Die Zeigerreibung wird über das Federhaus gewährleistet. Dazu dient der kleine Messing-Ring, den ihr oben auf dem Federhaus, zwischen Achse und dem kleinem Zahnrad seht. Er mußte nachgedrückt werden, was Fritz auch gleich erledigte. Nun war noch eine Reinigung nötig.
Nach gut einer Woche war sie wieder bei mir. Und sah nun so aus: DSCN8290a.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Auf der Uhr steht: 1(one) Juwels SILVALUX-WATCH UNADJUSTED MADE IN AUSRIA Sie läuft einwandfrei und recht genau. Laufzeit ca. 28 Stunden. Ausreichend für solch eine Uhr. Durch die Abnutzung muß beim Aufziehen die Krone leicht gezogen werden, sonst kratzen die Zahnräder.
so, hier geht es weiter: Nun zur Gehäusereinigung... Das Gehäuse ist, wie schon gesagt, aus Messingblech. Es war ein Lack aufgetragen. Beim Putzen ging der teilweise ab, ich habe ihn allerdings nicht ganz entfernt. Man darf der Uhr ruhig ihr Alter ansehen. Beim Putzen gelangte etwas Reiniger auch auf das Plasteglas. Kein Problem – einfach abwischen... aber: Was ist das für ein Geruch nach Kampfer? Verflixt! Eine Zellolid-Glas! Und schon wurde es trüb:
DSCN8293a.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
was nun? Erst einmal nachsehen! Im Netz gab es nur zwei Hinweise: - nicht mit irgend welchen Mitteln putzen, nicht mit Wasser putzen - am besten auswechseln, da diese Gläser rissig, gelb und spröde werden Das Glas hat einen Durchmesser von 75mm und ist gewölbt. Seine Höhe ist gut 6mm. Woher nehmen?
Aber da erinnerte ich mich, etwas über eine Möglichkeit gelesen zu haben: Zellolid-Glas kann man, ganz vorsichtig, mit feinstem Schleifmittel polieren. Natürlich darf es nicht zu dünn, nicht zu spröde und nicht zu rissig sein. Und mit viel Vorsicht, denn Zellolid nimmt Wasser auf und wird weich. Das feinste Poliermittel, welchens mir einfiel, was Zahnpaste! Also ran, mit sanftem Druck und immer wieder trocknen lassen. Und so sieht das Ergebnis aus:
Es war eine Notmaßnahme – ich weiß. Aber das Glas war trüb – ich hatte nichts mehr zu verlieren. Wer das nachmachen will : nur auf eigenen Gefahr!! Hier funktionierte es. Das Glas hat zwar etwas gelitten, aber das sieht man nur ganz aus der Nähe. Und sogar die leicht gelbliche Farbe ist etwas weg gegangen. Ein guter Erfolg!
Somit ist die Uhr wieder hergestellt. Sie soll nicht ständig laufen, aber laufen soll sie schon. Und das kann sie nun tun:
DSCN8287.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Was habe ich über diese Uhr erfahren können: - über das Uhrwerk nichts. Hergestellt in Österreich – mehr nicht. - diese Uhr gibt es sowohl in der „großen“ Form, als auch als normale TU. Und in verschiedenen Ausführungen. Eine „große“ Ausführung hatte ein zusätzliches Gewicht gegenüber der Aufzugswelle eingebaut – wozu? - bei TU´s fiel mir auf, dass keine einzige mit Stein(en) ist. Alle „0 Juwels“. Dazu noch ein paar Varianten des Rückers – das wars. Ansonsten sind die Werke identisch. - im Gehäuse fand ich eine Inschrift, die mich weiter brachte: „Mohertus Trading CD“ und „Made in Austria“ Laut Mikrolisk ist „Mohertus Trading“ eine Import-Firma, die so gegen 1961/1964 in New York aufgetreten ist. Man kann also sagen: - Hergestellt wurde diese Uhr für den amerikanischen Markt. - Herstellungszeitraum sind die 60ziger Jahr, maximal Anfang der 70ziger.
So, ich hoffe, es hat euch gefallen. Gruß, derTeichfloh Dresden, den 04.12.2013
Da hast Du ja gewaltig Arbeit in das "Blech" gesteckt. Wenn die Uhr als solche ihren Dienst tut, hat sich der Aufwand auf jeden Fall gelohnt.
Am meisten freue ich mich für Dich, dass das Zelloloid-Glas wieder durchsichtig geworden ist. Zahnpasta als Schleifmittel hatte ich auch schon verwendet, aber noch nicht für Kunststoff.
Hallo @HermannH, Danke - das ist mir doch glatt durch die Lappen gegangen (ich google mit IxQuick). Da bekommt meine zeitliche Zuordnung doch gleich einen Rahmen: Hergestellt zwischen 1967 und 1968 - die Uhr ist fast genauso alt wie ich. Schöner Zufall!
Hallo @Enno , och... soviel Arbeit war das nicht. Ich hab mir vorher die Uhr auf die Zeh´n gehau´n... rumlaufen tat weh und die Uhr war ohnehin schmutzig, da bot sich das an - Zellolid-Glas: das mit der Zahnpaste als Schleifmittel hatte ich irgendwo mal gelesen. Und das mit den Zellolid fand ich im Uhrforum. Ich war das skeptisch... aber es hat geklappt. Ich werde es aber sicherlich nicht nochmal ausprobieren!
Hallo Teichfloh, Guter Artikel. Zu der Firma Plangg & Pfluger in Bludenz kann ich auch noch was beitragen (ich bin dort in der Nähe aufgewachsen): vor ca. 15 Jahren habe ich dort einen der letzten Werkmeister der Firma kennengelernt und konnte ihm seine ganze Uhrenbibliothek abkaufen, alles von Jendrytzki und co. Er hat mir viel von der Firma erzählt, wo er sein ganzes Leben gearbeitet hat, war interessant. Als er starb, haben wir seine Wohnung geräumt und ca. 500 kg Uhrenschrott weggetragen. Aber auch Schachteln voll mit Fabrikneuen Teilen für die Montfort-Taschenuhren, und zwar alle Teile für komplette Uhren, von der Spirale bis zum Zifferblatt (übrigens mit den unterschiedlichsten Namen darauf). Ist dann fast alles übers Internet weggegangen, aber einige Schachteln davon hab ich noch. Ich werde in das Paket das Du von mir bekommst noch ein Dornröschen reinlegen, weil ich es schön finde, dass sich auch jemand um diese einfachen Uhren kümmert. Grüsse, Tellurium
Zitat von Tellurium im Beitrag #10Hallo Teichfloh, Guter Artikel. Zu der Firma Plangg & Pfluger in Bludenz kann ich auch noch was beitragen (ich bin dort in der Nähe aufgewachsen): vor ca. 15 Jahren habe ich dort einen der letzten Werkmeister der Firma kennengelernt und konnte ihm seine ganze Uhrenbibliothek abkaufen, alles von Jendrytzki und co. Er hat mir viel von der Firma erzählt, wo er sein ganzes Leben gearbeitet hat, war interessant. Als er starb, haben wir seine Wohnung geräumt und ca. 500 kg Uhrenschrott weggetragen. Aber auch Schachteln voll mit Fabrikneuen Teilen für die Montfort-Taschenuhren, und zwar alle Teile für komplette Uhren, von der Spirale bis zum Zifferblatt (übrigens mit den unterschiedlichsten Namen darauf). Ist dann fast alles übers Internet weggegangen, aber einige Schachteln davon hab ich noch. Ich werde in das Paket das Du von mir bekommst noch ein Dornröschen reinlegen, weil ich es schön finde, dass sich auch jemand um diese einfachen Uhren kümmert. Grüsse, Tellurium
Wegen solcher Geschichten aus dem Leben betreibe ich das Forum. Sowas lese ich immer wieder gerne,klasse!
„Wer Schlechtes nicht ertragen kann, wird Gutes nie erleben.“
Hallo @Tellurium , da freu ich mich aber wirklich sehr. Es ist recht selten geworden, daß an einer sooo einfachen Uhr eine solche Geschichte dranhängt. Wie @Philclock schreibt, ist auch das ein sehr guter Grund, dieses Forum immer wieder zu besuchen und ihm treu zu bleiben.
Hallo @Philclock , wie? was für ein Werk stellst du dir da vor? Ich bin schon froh, daß ich diese Uhr mit einem mechanischem Werk erwischt habe - für gewöhnlich werden die mit einem Qurzwerk verkauft (wenn überhaupt).
Daß Zelluloid gut brennt, gehört ja sicher zu Deiner Berufserfahrung. Als "Halbwüchsige" hatten wir das Zeug (egal ob Zeichendreiecke, Winkelmesser, TT-Bälle) in Alufolie eingewickelt und angebrannt. Das gab wunderschönen dicken weißen Rauch.
05.12.2013 14:39 (zuletzt bearbeitet: 06.12.2013 16:02)
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