Die Firma Alfred Gauthier in Bad Wildbad/Calmbach (nahe Pforzheim) stellte früher mechanische Kameraverschlüsse und Zahnradfräsmaschinen für die Uhrenindustrie her.
Diese Zahnradfräsmaschine wurde kurz nach dem zweiten Weltkrieg in Calmbach hergestellt:

Die Fräsmaschine arbeitet nach dem Abwälzverfahren und wiegt für ihre Verhältnisse leichte 150kg.
Die größte Zahnradgröße war etwas über 60mm Durchmesser und maximal Modul 1.0.
Nach fast 70 Jahren in der Fremde (Nürnberg), Firmeninsolvenzen und Ruhezeiten in der Ecke einer kleinen Werkstatt ist sie nun wieder zurück im Schwarzwald.
Während den letzten zwei Monaten hatte ich nach und nach versucht die Maschine zu restaurieren.
Sie ist nun wieder funktionsfähig, fehlende Teile wurden ergänzt und es sind nur noch kleinere Arbeiten zu erledigen.
Die Restaurierung habe ich dokumentiert und möchte euch im Nachhinein an der Arbeit teilhaben lassen.
Ich selbst bin fasziniert über den Aufbau der Mechanik und vermute, dass dieses Thema für viele von euch auch interessant ist.
Weiterhin hoffe ich auch den ein oder anderen Tip zu erhalten.

MfG

Michael

Nur zu. Aufbau und Funktion würden mich auch interessieren, wobei ich so eine Maschine auch am Rande noch nie gesehen habe.

Frank

Warte gespannt. . . ..

Michael

Bin auch gespannt.
Hoffentlich hast Du alle Wechselzahnräder dazu.
Die sind zuweilen teurer, als die Maschine.

Die Maschine hätte verschrottet werden sollen, der ehemalige Besitzer befürchtete Reklamationen/Garantien.
Die Machine hatte ich als defekt gekauft, ca. 40 Wechselräder sowie 180 Wälzfräser waren dabei (zur Hälfte Zykloid, zur Hälfte Evolventen)
Bilder hierzu folgen noch.

Der Transport
Der Verkäufer/Werkstattbesitzer hatte die Maschine schon zum Transport zerlegt als ich diese in Nürnberg abholen wollte.
Der Maschinenfuss wiegte somit ca 80kg und die eigentliche Fräse um die 60kg. Motor und Anbauteile wurden sorgfälltig entfernt.
Mit Spanngurten gut gesichert konnte ich dies mit meinem Kombi transportieren.
Mit Hilfe meiner Nachbarschaft und einem Trekker kamen danach alle Teile in meine Werkstatt in den Keller.

Der Zustand
Die Maschine wurde mehrfach gestrichen, der letzte Anstrich sogar über Schaltgestänge grob hinweg.
Das Schaltgestänge wurde falsch montiert und konnte eine Funktion der Maschine so nicht erfüllen.
Am Maschinenfuss unten war Rost, der Lack überall verteilt abgeplatzt. Aussen war Öl ausgehärtet und auf der Lackschicht fest eingetrocknet.
Für Spindelstock und Reitstock fehlten die Aufnahmedorne bzw. Spitzen um Zahnradrohlinge einzuspannen.
Nach dem Zerlegen sah ich, dass die Elektrik Kurzschlüsse verursachen musste (dicke Öl-/Späne-Schicht im Innern auf dem mechanischen Schalter). Der Motor wurde schon mal gegen einen größeren ausgetauscht (Siemens-Schukkart tropensicher!!!) und hat als Drehstrommotor nur 450Watt, der Schutzkäfig um den Keilriehmen war mit Adapter auf die neue Lage angepasst..

Der Maschinenfuss hat unten Stauraum für die Wechselräder mit einer Verschlussklappe.
Darüber befindet sich eine Ölkammer. Von der Rückseite steht in einer Kammer darüber ein "Nachttopf" zum Auffangen der Späne und des Schneidöls.

Die Machine ist pflegeleicht konstruiert, überall aussen sind Wartungsdeckel mit denen man schnell Zugriff auf die innere Mechanik hat.

Die Längszustellung des Fräsers mit Kurbel und Höhensupport, rechts der Getriebekasten für die Wechselräder:

Der Höhensupport zum Zustellen des Zahnradradius:







Gut erkennbar der Spindelstock und Reitstock zum Einspannen des Zahnradrohlings und daunter die Frässpindel:

Die Antriebswelle mit Kardangelenke für eine in zwei Richtungen (längs und hoch) verfahrbare Frässpindel:


Das Steuergestänge zum Anheben und Absenken der Frässpindel am Anfang und Ende des Fräsweges.
Über den runden Handknopf kann diese Funktion eingerastet oder ausgeschalten werden.
Diese Funktion ist aber nur bei automatischem Vorschub über Excenterscheiben sinnvoll.
Bei dieser Maschine ist nur die einfache Zustellung über Handkurbel möglich.
(daher war die Maschine vermutlich eher in einer Reparaturwerkstatt als in der industriellen Fertigung)


Eine Übersetungstabelle aussen am Wechselradkasten.
Wieviele Zähne das zu fräsende Zahnrad haben soll, kann hier eingestellt werden.
Ein Wechselradpaar dient zur Skalierung bzw. Zähnebereich, ein zweites Paar stellt dann die gewünschte Zähnezahl ein.


und hier wie es dann im Wechselradkasten selbst aussieht:
Die Machine war innen in einem relativ guten Zustand. Die Zahnräder und Wellen waren so gut wie verschleißfrei.

Zitat von Mahlekolben im Beitrag #9

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Es ist unglaublich zu sehen, wie massiv so eine Maschine gebaut ist, die diese kleinen Zahnrädchen fräst.

Auf einem Bild ist ein Kardanantrieb zu sehen. Bei dieser Anordnung vervielfachen sich die Ungleichmäßigkeiten (Drehzahlen, Drehmomente) der Kraftübertragung der beiden Kreuzgelenke.

Wenn Du eines der beiden Kreuzgelenke um 90° versetzen könntest, würden sich die Ungleichmäßigkeiten ("gegeneinander aufheben" ist zu theoretisch) besser verteilen und die Maschine müsste ruhiger laufen - besonders dann, wenn an den Kreuzgelenken starke Winkel gefordert sind.

So ist's jetzt:

||--------||

So sollte es sein:

||--------=

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Super! Danke.
Das ist genau die Qualität von Tips auf die ich gehofft hatte.

Hallo Mahlekolben,
bei einer Z-Anordnung der Wellen (Eingangswelle und Ausgangswelle parallel, so, wie in diesem Fall) müssen die Gabeln der Zwischenwelle Null Grad Versatz haben, also parallel sein, um eine gleichförmige Drehbewegung an der Ausgangswelle zu haben.
Bei 90 Grad addieren sich die Ungleichförmigkeiten.
Beim LKW, oder allgemein im Automobilbau ist das nicht so wichtig, da hier die Ungleichförmigkeit des (Mehrzylinder)-Verbrennungsmotors das Ausschlaggebende ist. Weiterhin sind die Beugungswinkel (außer in der gelenkten, angetriebenen Vorderachse) klein, und die Ungleichförmigkeiten für Beugungswinkel unter 5 Grad können vernachlässigt werden.

In meinem alten Fachbuch konnte ich tatsächlich die unterschiedlichen Winkelbeschleunigungen bei der Kardanwelle nachlesen (Kardaneffekt).
Bei folgender Maschine, eine Mikron 79, die später, aber nach gleichem Prinzip aufgebaut wurde, bilde ich mir ein, dass tatsächlich die Kardangelenke um 90° versetzt sind. (2. Bild der Angebotsseite und stark vergrößern)
Mikron 79
Das Schiebegelenk zwischen den zwei Kardanwellen war, so glaube ich bei mir ein Rechteck. Ich werde bei Gelegenheit ausprobieren, ob man dies einfach umstecken kann. Die Maschine schnurrt zwar samt wie ein Kätzchen, eine Verbesserung würde ich aber trotzdem versuchen.

Nach dem Bild hast Du zwar recht (ich gucke gerade verdutzt), aber ich kann Dir versichern, daß da niemand eine Ungleichförmigkeit absichtlich reinbringen will.
Die wäre ja dann abhängig von den Beugungswinkeln, also von den unterschiedlichen Einstellungen der Maschine.
Also, glaube Deiner Maschine, und nicht dem Bild.