Da ich neu in diesem schönen Forum bin, habe ich mir gedacht, ich berichte einmal von einer meiner "Rettungsaktionen"

Vor kurzem habe ich im Ebay für wenig Geld eine kleine Wanduhr erstanden. Die arme kleine Uhr! Irgendjemand hatte daran herumgewerkt und damit angefangen, daß Gehäuse sehr schlecht zu "restaurieren" Es ist ein dunkles Jugendstilgehäuse mit den Maßen 29x60cm.
Es hat oben über dem Zifferblatt eine kleine, wenig aufwendige Schnitzerei in der Art der Jugenstilornamentik. Das Gehäuse muß wohl mal mit samt der Uhr gefallen sein, weil es stark beschädigt war und sehr diletantisch wieder "zusammengeschustert" wurde.

Das Werk mutet für das kleine Gehäuse geradezu rießig an. Das Platinenmaß ist 130x130mm - also 57,6 '''. Als ich es in die Hand nahm, floß das Öl nur so aus ihm heraus.

Die Räder waren blockiert!P4011498.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Der Grund für die Blockierung sollte sich schnell herausstellen; ich prüfte die Spannung auf den Federhäusern und stellte fest, daß die Gehwerkfeder gebrochen war. Innen sah es demgemäß aus: bei der schlagartigen Entspannung der Feder hatte es dem Beisatzrad den radseitigen Zapfen weggerissen und nun hing es quer im Werk und blockierte die anderen Räder in seinem Umfeld.

Also habe ich das Werk von allen Seiten photograpiert und mir Einzelheiten in meinem dicken, schwarzen Uhren-Notizbuch aufgeschieben, die ich vermutlich nicht auf den Bildern erkennen kann, wenn ich es wieder zusammensetze. Dann habe ich die beiden anderen Zugfedern entspannt und vorsichtig das Werk geöffnet.

Hier also nun die ersten Bilder von der Rettungsaktion - Westminster - Uhr:

Liebe Grüße aus Frankfurt am Main
Gerhard

- Fortsetzung folgt!
P3271479.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)P3271476.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)P3271485.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)P3271487.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Dem Uhrwerk nach dürfte es eine Vedette oder Odo sein mit Broccot-Hemmung

Zitat Phalos: "Dem Uhrwerk nach dürfte es eine Vedette oder Odo sein mit Broccot-Hemmung"

Schau mal kuck... da schick ich Dir doch mal ein Bildchen. Am Werk ist noch ein "H" oberhalb der Zahl eingeschlagen! Die Zifferfolge lautet 1591. Wie Du sehen kannst, hast Du recht, es ist eine Solche Broccot Hemmung. Die Paletten sind aus Stahl und sehen auch noch sehr gut aus.
Ich sende auch noch ein Bild vom Windfang des Melodiewerks - sehr hübsch mit "Fliehkraft Regelung".

LG GerhardP4011501.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

SO, nun habe ich hier noch das Bild von dem kleinen Windflügel, der so schön die Geschwindigkeit regulieren soll. P4011504.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Die Feder des Gehwerks war ja gebrochen - da sie nicht sehr weit vom inneren Ende her abgerissen war, habe ich einmal versucht sie zu "flicken". Hier ist das Ergebnis:

P4021508.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Offen gestanden befürchte ich, daß diese Pfuscherei uber kurz- oder lang wieder zu einem Ruuums im Werk fürhen wird. Vieleicht sollte ich mir eine neue Feder leisten und dann beim aufzeihen mit einem guten Gewissen bei der Sache sein!

Ich habe auch heute bei der Suche nach einem Helfer in der Zapfeneinborfrage zwei Arten von Uhrmacher kennengelernt:

Typ 1. Uhrmacher: "Was ist denn das für Eine Uhr?" Ich: "Das ist ein 57,6''' Westminster Uhrwerk mit Broccot Hemmung bei dem die Gehwerkfeder gebrochen und infolgedessen am Beisatzrad ein Zapfen abgebrochen ist...Uhr zerlegt..." Uhrmacher: "Was Sie haben die Uhr schon zerlegt - das ist ja das Schlimme!"
Typ 2. " 1,5 mm Zapfen einbohren - kein problem - kommen Sie einfach vorbei wir machen das mal zwischendurch für sie."

So steht der baldigen Montage des Werkes nichts mehr im Wege - Morgen schau ich mal bei GUP vorbei, ist um die Ecke, die haben vieleicht noch so eine Feder.

Soweit der Bericht vom Uhrenlerling aus Frankfurt.

Wenn die Feder sonst keine sichtbaren Risse aufweist kann man das so lassen.
Das machen wird bei uns auch, wenn nur ein kleines Endstück abgerissen ist und die Feder sich noch nicht so sehr deformiert hat durch das stendige Aufziehen.


Mikrorisse kann es auch bei neuen Federn geben. Aber die Erfahrung zeigt: Das "Flicken" funktioniert in 98% der Fälle.

Zitat von Phalos im Beitrag #5

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Wenn die Feder sonst keine sichtbaren Risse aufweist kann man das so lassen.
Das machen wird bei uns auch, wenn nur ein kleines Endstück abgerissen ist und die Feder sich noch nicht so sehr deformiert hat durch das stendige Aufziehen.


Mikrorisse kann es auch bei neuen Federn geben. Aber die Erfahrung zeigt: Das "Flicken" funktioniert in 98% der Fälle.

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Also bei uns im Geschäft wird das seit 20 Jahren gemacht. Hin und wieder bricht eine Feder mal erneut (meistens irgendwo mittig) aber das sind die 2% die dann eben daneben gehen. Das kann auch bei neuen Feder passieren.

Nunja, ob die Feder am Ende oder Federkern gerissen ist bleibt sich ja eigendlich gleich.
Meistens sieht am am äußeren Ende der feder meist recht gut ob das wohl bald reißen wird oder nicht.

Ich habe mir meine Feder mal genau angesehen und obwohl ich das innere Ende beim Enthärten von beiden Seiten einmal herausgezogen habe um das Verbiegen zu vermeiden, so stelle ich jetzt fest, daß der innere Ansatz jetzt doch - zwar minimal - aber dennoch herauslugt und somit am Federhausdeckel scheuert.

Es ist mir jetzt aber auch noch eingefallen, daß beim Enthärten wohlmöglich das nicht ganz gleichmäßig über die ganze Breite der Feder passiert ist, weil mein Sauerstoff leer war und ich nur mit einem Pyropen arbeiten konnte, dessen Flamme zu klein war um alles in Einem gleichmäßig heiß zu bekommen. Das würde bedeuten, daß im MAterial selbst Spannungen sind, die ein Brechen an dieser Stelle herausfordern.

Das Werk ist zwar keine wertvolle Antiquität - aber wenn ichs versau, dann reißts beim nächsten mal wohlmöglich ein oder mehrere Zähne ab und dann hab ich ein echtes Problem..

Es grüßt euch an diesem schönen Donnerstag Morgen der
Gerhrard

Eine neue Feder ist sowieso viel besser, schon alleine weil sie noch viel mehr Spannung hat als die alte.

lg Christian

Die Westminsteruhr ist immer noch ohne Zapfen am Beisatzrad des Gehwerks. Kurz berichtet:
Da ich derzeit keine eigene Drehmaschine habe und keinen Zapfen einbohren kann ging ich zum gut aufgestellten Uhrmacher Nickel in FFM. Sehr nett, sehr kompetent - die waren auch bereit so eine Arbeit anzunehmen. Kostenvoranschlag 90 EUR.

Da habe ich zwar gestaunt aber auch Verständnis angemeldet, sind ja auch einige Arbeitsschritte zu erledigen - nur lohnt das nicht für das Werk, so wertvoll ist es nun auch nicht. Ja, so eine Meisterstunde ist halt Geld wert!!

Wird also noch liegen bleiben.

Kommt Zeit kommt Zapfen.....

S U P E R ...

Phil ich finde Dein Angebot einfach Klasse!


Wünsche noch ein sehr schönes Wochenende

Gruss Giacumin