Moin Exzellenzen, ausstrebender Beruf: Uhrmacherin / Uhrmacher? Ich glaube nicht dran.
Ausdünnen ja, d.h. in manch dünn besiedelter Gegend kann ich mir das vorstellen. Nicht aber in den größeren Städten. Mechanische Uhren wird es auch in der Zukunft geben. Ob sich die Mechanik ausschließlich auf das hochpreisige Segment beschränken wird? Ich glaube auch daran nicht. Es wird in der Mittelklasse, mechanische Uhren im Bereich 500,- bis 2.500,- EUR, geben müssen, einfach deshalb, es gibt in der Bevölkerung die Mehrzahl der normal verdienenden Menschen.
Nun gebe ich mal die Frage an die Auszubildenden und an Lehrkräfte der Uhrmacherzunft zurück: Über die letzten 20 Jahre betrachtet, wie hoch waren im Mittel denn die Zugänge / die Absolventen einzelnen Uhrmacherschulen (hier in Deutschland)?
Wird in den Uhrmacherschulen nicht über die Perspektive / Perspektiven des Berufs gesprochen? Also Dozenten mit den Auszubildenden oder umgekehrt?
Welche Meinung vertritt die Handwerkskammer, die Innung?
Mir ist bekannt (durch meinen Uhrmachermeister), die Schweizer Uhrenindustrie wirbt ganze Jahrgänge (erfolgreich) ab. Ich kann mir nicht vorstellen, das junge Leute den Beruf des Uhrmachers erlernen / ergreifen nämlich mit dem Wissen, nach 10 Jahren habe sie keine Beschäftigung mehr, oder ?
Hallo, "Aussterbender" Beruf - JA!! was es heute mehr und mehr gibt, sind zwei Dinge: 1. Verkäufer von Uhren, von Billig bis teuer, aber keine Ahnung davon; für Otto-Normalverdiener. Aber keinerlei Service, bestenfalls Batt.-Wechsel 2. Uhrenverkäufter von Spezial-Uhren: hochpreis und sonder Uhren, Preislage jenseits von Gut und Böse für Otto-Normalverdiener; Service NUR für die eigenen Uhren
es geht die Tendenz eindeutig zu einem Niedrig-Preis-Segment und einem Hoch-Preis-Segment. Gute, mechanische Mittelklasseuhren (Preis von 100-500€!!!) sterben aus. Billig Uhren mechanisch - sterben aus, hochpreis mechanisch - schwer im kommen, aber gleich bei 1000€ und höher. Gerade in den großen Städten sterben die Uhrmacher, die diese Bezeichnung verdienen, aus. Es gibt hier Batterie-Wechsler, ja. Aber alle anderen schauen sich einfache oder gar ältere Uhren gar nicht mehr an. Hochpreisige Uhren werden nur noch vom Hersteller gemacht, Großuhren gar nicht mehr.
Hallo nun muß ich auch noch mal etwas dazu schreiben. Wir z.B. bilden aus und arbeiten mit der Uhrmacherschule Hamburg zusammmen. Die Schüler aus der Schule machen ab 2. Lehrjahr ein Praktikum im Betrieb über 2 Jahre ( 1 Tag pro Woche). Es bleiben aus den Abschlußklassen nicht viele im Beruf sondern gehen andere Wege. Der große Hauptgrund dafür ist, das es zu wenig an Gehalt gibt. Klar ist, das sich ein frischgebackener Geselle sich nun mal nicht in das Verdienen bringt (ist auch völlig normal und sicher auch in anderen Berufen)das dauert halt, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Dann kommen wir mal zu der Ersatzteilversorgung : viele Uhrenfirmen legen die Daumenschrauben an. Bestes Beispiel die Swatch Group ( Omega,Tissot,Rado usw.) Da müssen sich Uhrmacherwerkstätten zertifizieren lassen, um Ersatzteile zu bekommen, das ist mit hohen Kosten verbunden und bei anderen Fa. sieht es nicht anders aus. Ersatzteile für ältere Cal. gehen auch gut in die Höhe, so dass der Kunde einem teilweise einen Vogel zeigt. Es schließen immer mehr Fachgeschäfte und was sieht man denn heute noch, immer mehr Ketten wie Christ z.B. Also wo soll ein Uhrmacher noch arbeit finden und mit der Schweiz, ja das mag stimmen. Aber was machen die dann da meist ? Immer nur ene bestimmte Tätigkeit aber keine kompletten Uhrenreparaturen wie sie in einer normalen Uhrmachrwerktatt vorkommen. So, ich könnte da noch mehr zu schreiben,aber das sprengt wohl den Rahmen.
Als Uhrmacher von Reperaturen zu leben, stelle ich mir sehr schwer vor. Leider trifft man auch hier die Geiz ist Geil-Mentalität an. Wer eine Uhr, aus welchen Gründen auch immer, zu schätzen weiß, wird nicht so sehr auf den Preis, wohl aber auf die Qualität achten. Auch und gerade bei Reperaturen. Aber - leider - ist das inzwischen fast vollständig aus den Köpfen heraus geschlagen worden. Bei uns, bei der Feuerwehr, erleben wir das immer wieder. Billig kaufen, dann hält es nicht das, was es verspricht. Es wird repariert und repariert und .... - es wäre schließlich billiger gewesen, gleich die bessere, aber teuere Qualität zu kaufen. Aber die Reperatur kommt aus einem anderem Topf - und das will keiner wissen.
Schweiz, zwischen Zürich-Luzern und Deutschland, Saarbrücken
Hallo zusammen
Ich habe kein Verständnis dafür, dass das "hochangesehene" Wirtschaftswunderland Deutschland zusieht, wenn gelernte Handwerksgesellen (z.B. Uhrmacher) so wenig Geld verdienen, dass sie nicht einmal in der Lage sind, eine kleine Familie von ihrem Gehalt zu ernähren.
Ich kann nur jedem jungen und qualifizierten Handwerker oder Techniker, der nicht fest an seine "Heimat" gebunden ist, empfehlen, sich mit dem Gedanken zu befassen, in die Schweiz auszuwandern. Hier wird in vielen Fachbereichen händeringend nach qualifiziertem Personal gesucht. Und hier kann dann der junge Handwerker mit seinem Gehalt auch eine Familie gründen und vor allem auch ernähren.
Von der hohen Lebensqualität, die die Schweiz bietet, ganz zu schweigen.
Also liebe Uhrmacherlehrlinge und gelernte Uhrmacher....lasst Euch das mal durch den Kopf gehen.......
LG
Ralf
Es gibt Dinge die wir lernen müssen bevor wir sie tun können und wir lernen sie indem wir sie tun
Zitat von Victor im Beitrag #11Nein, freiwillig geh ich nicht in die Schweiz
Hallo Andre Als ich 1969 bei Junghans , wie viele andere,die Aenderungskündigung bekam und es begann mit der Traditionsfirma bergab zu gehn, ging ich in die Schweiz. Ich hätte nicht gehen müssen,aber einfach mit einem neuen Vertrag für ein Drittel weniger Gehalt weiter arbeiten,wollt ich nicht. Der Lohn damals war schon nicht berauschend. Hier in der Schweiz habe ich dann beruflich umgesattelt, und bis zu meiner Pensionierung 2007 gearbeitet. Wenn ich heute zurückblicke kann ich nur sagen dass ich den damaligen Umständen dankbar bin. Den Entschluss in die Schweiz auszuwandern habe ich bis heute noch keinen Moment bereut. Trotzdem bin ich froh den Beruf des Uhrmachers, wenn auch auf einem relativ niedrigem Level, erlernt zu haben. Habe ich jetzt in meinem Renten dasein eine Beschäftigung die mich sehr ausfüllt und geistig etwas fit hält.
Gruss Wolfgang Fritz
Es gibt keinen Weg der nicht irgendwann Nachhause führt.
Kommt ja selten vor, aber zu diesem thema muß ich dann doch auch was sagen:
Also, ich weiss ja nicht, wieviel Geld Ihr benötigt um zu leben bzw. eine kleine Familie zu ernähren, aber ein junger Uhrmachergeselle bekommt nach Tarif im ersten Gesellenjahr ab 1800.- € brutto und davon sollte sich als Single doch leben lassen. Wer dann noch bereit ist, aus seinem angestammten Dorf auch mal in die Welt hinauszuziehen und vielleicht 2-5 Jahre auf Wanderschaft zu gehen, der kommt mit sovielen Eindrücken und Kenntnissen zurück, dass er hier eine hochgefragte Fachkraft wäre und auch entsprechend verdienen würde. Wer im angestelltenverhältnis arbeiten möchte muß, wie in den meisten anderen Berufen auch, Flexibilität mitbringen. Dann steht auch einem guten Gehalt nichts im Weg. Wie in allen Handwerksberufen ist es auch in der Uhrmacherei unabdingbar, dass man nach Beendigung seiner Lehre andere Betriebe, Werkstätten und Unternehmen kennenlernt. Nur dann erschließt sich einem das unglaublich weite Betätigungsfeld der Uhrmacherei wirklich und man kann für sich entscheiden, wie und was man zukünftig arbeiten möchte. Wer sich danach z.B. mit einer Servicewerkstatt für Juweliere ohne Werkstätten selbstständig macht, oder im restauratorischen Bereich tätig wird, der wird immer sein Auskommen haben. Wer allerdings, wie die beiden Kandidaten, welche ich im November und Dezember hier zum Vorstellungsgespräch hatte, nur Ahnung von Fossil, Esprit, Armani etc. hat, die letzte Großuhr in der 10 Jahre zurückliegenden Lehre repariert und noch nie in seinem beruflichen Leben eine Unruhwelle gedreht, eine Brequetspirale gerichtet oder andere Teile angefertigt hat, der wird tatsächlich in der Uhrmacherei kein gutes Geld verdienen, keine rühmliche Zukunft haben und auch nicht glücklich werden.
Zum anderen ist auch in unserem so geliebten Beruf die Realität angekommen und wer heute im Service Geld verdienen will, der muß eben erst einmal in entsprechende Ausstattung investieren. "Investieren", das tun übrigens alle weltweit erfolgreichen Unternehmen schon aus Gründen der Zukunfstsicherung;-) Warum also sollte das bei uns Uhrmachern nicht so sein ? Wer allerdings schon von seiner eigenen, inneren Einstellung her nicht in der Lage ist einem Kunden glaubhaft zu erklären warum eine 4 1/2 stündige Reparatur seiner Armbanduhr nicht für 200.- € zu machen ist, der sollte sich nicht nach moderner Werkstattausstattung sondern nach einem anderen Beruf umsehen. "Zeit ist Geld" und ein Uhrmachermeister kann heutzutage nicht zum Lohn von 1970 arbeiten. Der Kollege welcher seine Werkstatt aber als reine Serviceleistung für seine Kunden betrachtet und das deswegen entstehende Defizit im Werkstattbereich mit seiner exorbitanten Schmuckkalkulation ausgleicht, der kann natürlich keine ordentlichen Gehälter bezahlen, weil ja unterm Strich nichts übrigbleibt. Und wenn 40 Jahre alte Ersatzteile heute deutlich mehr kosten als heute noch produzierte ETA-Teile, so ist das doch nur legitim. Im Automobilbau gelten Autos mit einem Alter von 30 Jahren als Oldtimer und deren Ersatzteile werden zu entsprechenden Preisen gehandelt. Es wird Zeit, dass wir das im Uhrenbereich ähnlich umsetzen!!!
Ganz zum Schluss sei noch soviel bemerkt : Der Philclock ist erst seit einigen Jahren Uhrmachergeselle, aber so wie ich aus seinen Posts hier herauslesen kann, liebt er seinen Beruf und kann offensichtlich davon leben. Fazit: So schlecht kann Uhrmacherei doch nicht sein, oder ?
Wir hatten schon einmal ein ähnliches Thema diskutiert: Siehe unter "Das Geheimnis der Schweizer-Uhren" vom 15/16.Dezember 2012, auf Seite 8 von 98. Im Foren Beitrag hatte ich mir die Mühe genommen einen Querschnitt der Schweizer-Löhne aufzugeigen auch vom Uhrmacher und dessen Uhrmacherkunst . Schaut einmal nach...
Es sind auch interessante Aspekte u.a. von Ralf zu lesen.
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20.01.2013 16:55
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