Der @Oggy wars. Er machte mich auf diese PPU aufmerksam.

Also hingefahren und angeschaut (Hinter eberswald, gut 1,5 Stunden für eine Strecke. Und ich kaufte sie ungeachtet des Hinweises des Verkäufers, dass die Uhr einer erheblichen Reparatur und Aufarbeitung bedarf. Die Pendelfeder war natürlich hinüber und die Lager angeblich in fragwürdigem Zustand. Aber immerhin komplett und das Gehäuse nicht nur zum Werk gehörig, sondern auch in gutem Originalzustand einschließlich facettierter gläser und bombiertem Glas vor dem Ziffernblatt. Und offenbar ein Monatsläufer. Was natürlich hohe Ansprüche an die Werksqualität und den Zustand des Werkes stellt.

Zunächst, warum in der Rubrik "Wanduhren"? Weill PPUs typischerweise nicht auf einem Boden stehen, auch wenn es so aussieht, sondern an einer massiven Wand befestigt werden. Der Sockel "schwebt" dabei ca. 1-2 mm über dem Boden. Wieso dies? Zum Ersten weil früher Böden meist Dielen waren und keine stabile Basis bilden, sondern vielmehr schrittelastisch sind. Zum Zweiten, weil das Aufstellen auf einem Boden Antriebsenergie verbraucht, denn aufgrund "actio gleich reactio" bewegt sich das Gehäuse kaum wahrnehmbar im Gegentakt zum Pendel. Letzteres wird bei der Wandbefestigung dadurch eliminiert, dass das Gehäuse im Bereich der Pendelaufhängung mittels eines massiven Wandankers an der Wand befestigt wird. Dies ist bei einem Monatesläufer nochmals wichtiger, weil solche Werke keinerlei Energie "verschwenden" dürfen.

Monatsläufer sind zudem sehr empfindlich bezüglich korrekter Einstellung des Abfalls. Selbst eine kleine Abweichung läßt sie nach 1/4 oder 1/2 Stunde stehen bleiben. Insofern kein Wunder, dass eine nicht gewartete Monats-PPU stehen bleibt (selbst mit guter Pendelfeder), zudem wenn sie auf einem nicht stabilen Boden steht, anstatt an einer massiven Wand befestigt zu sein.

Hier nun die Uhr, mit diversen Details. Nach der Revision läuft sie nunmehr stabil seit über 24 Stunden, zwar stehend, aber auf einem Betonboden.

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Neue Pendelfedern wurden aus 0,03 mm Fühlerlehrenband hergestellt. Das Bohren erfolgt, indem auf einer Stahlplatte alle 8 Bohrungen angerissen werden, anhand der Federblöcke und unter der Annahme, dass die Länge der kaputten Federn richtig ist. Dann werden die beiden Federbänder auf einer weiteren Stahlplatte unter der gelochten Matrize positioniert und die beiden Stahlplatte fest miteinander verspannt. Dann wird gebohrt, wobei die Löcher in der Matrize als Führungen dienen. So und nur so wird es was.

Die Platinen hatten keineswegs ausgeleierte Lager, im Gegenteil, die betreffenden Zapfen ließen sich in alle Richtungen nur um ein paar Grad verkippen. Alles sorgfältig geputzt, zusammen gebaut und gefettet und geölt (Bergeon Visco-Lube, die Hemmung mit Synth-A-Lube), und in Gehäuse montiert. Und den Abfall über eine geraume Zeit auf einen optimalen Wert eingestellt, anhand der (verschieblichen) Winkelskala. So dass die Amplituden re/li exakt gleich sind. Fertig.

Jetzt 2 Fragenkomplexe meinerseits.

1) Wer zum Teufel war Konrad Marwitz? Im www habe ich rein gar nichts Passendes zu diesem Namen gefunden, auch nicht in genealogischen Datenbanken. allerdings habe ich noch nicht in historischen Adressenverzeichnissen geschaut (Internet hier ist grottenlangsam). Und was hatte Marwitz mit Riefler zu tun (siehe Kennzeichnung auf der Platine)? Was soll D.R.G.P. sein? D.R.P. steht für Patente des Deutschen Reiches, D.R.G.M. für Gebrauchsmuster.

2) Die Pendelgewichte sind Hohlzylinder und darin fand ich einige Körner Bleigranulat. Jetzt frage ich mich, ob ich die Zylinder wieder mit Bleigranulat füllen soll. Was sagen die Theoretiker dazu? Braucht ein Werk signifikant mehr Kraft um ein schwereres Pendel am Laufen zu halten?

Beste Grüße, Bernhard

Erst mal eine schöne Uhr, keine Frage! Wenn das in meine Sammlung passen würde (aber da ist ja kein Strom drin :-) ) , wäre das auch was für mich.
Meiner Meinung nach ist 0,03mm für eine Pendelfeder einer Präzisionspendeluhr zu wenig. Eher so gegen 0,1 bis 0,12mm. Von daher wäre ich auch vorsichtig, noch mehr Blei in die Pendelgewichte zu tun. Wie schwer ist denn das Pendel, so, wie es jetzt ist? Ohne das ausrechnen zu können, denke ich auch, dass sich die eventuell vorhandene Temperaturkompensation durch Zugabe von Bleikörnern ändern könnte. Ein schwereres Pendel sollte an sich nicht mehr Energie verbrauchen. Der Energieverbrauch richtet sich nach der Form der Pendellinse und der Amplitude, und nach dem, was im Werk bzw. der Hemmung hängen bleibt. Möglicherweise geht auch in einer stärkeren Pendelfeder mehr Energie durch innere Reibung verloren, aber da weiß vielleicht jemand anderer mehr. Das Gewicht der Pendellinse geht nicht in die Rechnung ein.
Frank

Gerade habe ich gefunden, dass S. Riefler ein Patent auf ein Invar Pendel mit Kompensationselementen hielt, erteilt 1897 (DE100870). Falls da ein Zusammenhang in Bezug auf die Marwitz Uhr besteht, insbesondere wenn der Pendelstab aus Invar ist (keinerlei Korrosionsspuren der Zeit, das spricht für Invar), würde das bedeuten, dass die Uhr nach 1897 datiert.

Möglicherweise hat Marwitz oder der Graveur da bei der Bezeichnung als Patent etwas durcheinander gebracht. Und zudem der falschen Person zugeordnet, denn dieses Patent wurde S. Riefler erteilt. Und nicht Clemens Riefler, dem verstorbenen Vater, bzw. der Firma Clemens Riefler (S. Riefler signierte teilweise seine PPUen auch mit diesem Firmennamen).

Zitat von Typ1-2-3 im Beitrag #4

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Meiner Meinung nach ist 0,03mm für eine Pendelfeder einer Präzisionspendeluhr zu wenig. Eher so gegen 0,1 bis 0,12mm.

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Was hatte Marwitz mit Riefler zu tun?

Vermutlich gar nichts, ich meine damit, dass sich die beiden nicht gekannt haben!
Aber es ist ein Verweis von den Uhrmacher Marwitz, denn das war er, dass seine Anfertigung bzw. Konstruktion dem Gebrauchsmuster Schutz System Riefler unterliegt!
Zum Marwtz selbst, hast du die ungefähre Fertigungszeit der Uhr eruieren können?
Denn dann ist es wesentlich einfacher!
Dazu folgendes:
Gehen wir davon aus, Marwitz war Uhrmachermeister, dann ist er in eine Handwerker Rolle eingetragen, die den Meister Nachweis führt, und dieses kannst du bei dei IHK erfragen!
IHK steht für Industrie und Handelskammer, in München Promenadeplatz

Ihr Kontakt zur IHK

Postanschrift:
80323 München

E-Mail:
info@muenchen.ihk.de

@Bernhard J Monatsläufer…. Aha. Oh Gott is mir schlecht - und übel - und schlecht - jetzt wieder übel - ich kann ja gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen will

Zitat von Bernhard J im Beitrag #6

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Bzw. welche Vorteile haben denn schwerere Pendelkörper gegenüber leichteren Pendelkörpern (gleicher Form und Dimensionen)?

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Zitat von praezis im Beitrag #9

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Zitat von Bernhard J im Beitrag #6

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Bzw. welche Vorteile haben denn schwerere Pendelkörper gegenüber leichteren Pendelkörpern (gleicher Form und Dimensionen)?

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Einen höheren Gütefaktor des Pendels.

Warte nur etwas, gleich wird sich auch Matthias B. melden und in höchsten Tönen von den Vorzügen eines möglichst schweren Pendels schwärmen 😀.

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Kurze Klarstellung:
Mein letzte Kommentar war nicht auf @Bernhard J oder Seinen Schnapp mit dieser Uhr bezogen - das war wahrscheinlich etwas missverständlich. Der Kommentar bezog Sich auf meine Situation: Uhr gesehen, dem Braten nicht ganz getraut und keine Möglichkeit der Besichtigung geschweige denn Abholung gehabt.

Zur Pendelfeder: Giebel rechnet vor, dass eine Feder von 0,2 qmm Querschnitt bei 8kg Pendel schon 4-fache Sicherheit zur Elastizitätsgrenze des Stahls bietet. Riefler und Strasser verwendeten trotzdem 0,1 mm starkes Blech - Frank hat‘s schon erwähnt.

Maßgeblich ist weniger die Tragfähigkeit der Feder sondern dass der ungefähre Knickpunkt der Feder am oberen Drittel liegen soll, und das ist von der Federstärke (und Gewicht) abhängig.

Zitat von Oggy im Beitrag #11

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Kurze Klarstellung:
Mein letzte Kommentar war nicht auf @Bernhard J oder Seinen Schnapp mit dieser Uhr bezogen - das war wahrscheinlich etwas missverständlich. Der Kommentar bezog Sich auf meine Situation: Uhr gesehen, dem Braten nicht ganz getraut und keine Möglichkeit der Besichtigung geschweige denn Abholung gehabt.

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Zitat von praezis im Beitrag #9

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Einen höheren Gütefaktor des Pendels.

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Nur zur Info: Die Handwerksrolle wird bei der Handwerkskammer geführt.
Die IHK ist da nicht zuständig.

Grüße Bernd