Liebe Mitleser,

im April 2024 erhielt ich die einmalige Möglichkeit eine RFT Uhrenzentrale in meine Obhut zu nehmen und wieder betriebsbereit zu machen.
Das Projekt ist noch nicht vollendet. Einen ausführlichen Blog dazu habe ich auf meiner Homepage: Zum Projektbericht

Ich versuche für euch das Ganze hier etwas komprimiert darzustellen und auf dem Laufenden zu halten.


Ich habe die Anlage durch Zufall auf Bildern in einem Facebook-Beitrag in 2023 erkannt und mich dann fast ein Jahr lang damit beschäftigt, den Standort zu recherchieren. Eines Tages konnte ich den Standort feststellen und musste nun versuchen Kontakt zum Eigentümer aufzubauen. Durch einen günstigen Zufall hatte ein Bekannter entsprechende Kontakte und konnte vermitteln, sodass ich die Anlage schlussendlich im April 2024 demontieren und in meien Obhut nehmen konnte.

Es handelt sich um eine RFT Uhrenzentrale des Kombinat VEB RFT Fernmeldewerk Leipzig Stammwerk DDR, Typ LUhZB 12/24 (12 Linien, 24 V Betriebsspannung) und vermutlich Baujahr 1984.

Die Anlage war in einem grundsätzlich guten Zustand, stand trocken und klimatisiert. Der Standort war bereits Vandalismus ausgesetzt, sodass einige Teile der Anlage bereits wegrationalisiert wurden. Darunter leider Schlüsselelemente wie die Pendel, Zifferblätter, Stufenschalter samt Blenden und einiges mehr. Dafür waren die Kontrollnebenuhren noch vollständig erhalten. Diese sind leider nicht sehr häufig zu finden und wenn, dann nur unter Einsatz entsprechender finanzieller Mittel.

Im Laufe des Jahres 2024 schaffte ich es 2 Stufenschalter äquivalenter Bauart ausfindig zu machen. Diese mussten jedoch noch angepasst werden. Die Doblina-Schlösser wurden komplett entwendet und mussten ebenfalls ersetzt werden. Hierfür konstruierte mir ein Bekannter ein entsprechendes 3D-Modell, sodass diese mittels 3D-Drucks nachgebaut werden konnten. Es sind nun Drehschalter statt Schlösser, was in meinen Augen durchaus praktisch ist. Die Blenden drehte ich mir aus POM und ließ sie entsprechend Originalvorbild gravieren.

Für die Betriebshauptuhr (HU1, links) musste ich eine komplette HU22 anschaffen und einsetzen. Die Reservehauptuhr (HU2, rechts) wird mit meiner bereits im Betrieb befindliche HU22 bestückt.

Im März/April 2025 habe ich mich wieder intensiver der Anlage gewidmet und diese u.a. aus dem Lager an ihre jetzige Position verfrachtet. Die Anlage steht auf einem Podest, sodass die Kabel handlich unterhalb der Schränke verlegt werden bzw. verlaufen können.

Ursprünglich wollte ich die Anlage erst vervollständigen, bevor ich diese wieder in Betrieb nehme. Vor Ostern konnte ich mich jedoch nicht mehr halten und verkabelte alle Schränke wieder miteinander, um kurzerhand die Funktion "im Stand" zu testen. Das verlief tatsächlich reibungslos und war ein unbeschreiblicher Moment (besonders das "Orchester" der Relais). Die Nachstellfunktion der NU-Linien und KNUs konnte im Stand bereits vollumfänglich getestet werden. Kurze Zeit später setzte ich die Betriebshauptuhr in Gang, sodass auch das Fortschalten der NU-Linien durch die HU1 getestet werden konnte. Auch das verlief weitestgehend problemlos (ausgenommen von 2 Störungen auf den Linien 9 und 10).

Aktuell beschäftigt mich die Rekonstruktion des Kabelsatzes für die Reservehauptuhr. Diese wurde im Laufe der Zeit durch eine moderne Quarzhauptuhr ersetzt und der Kabelsatz ging verloren. Ohne diesen kann ich jedoch die HU2 nicht betreiben. Dank der vorhandenen Dokumentation zu Uhrenzentralen dieses Typs kann der Kabelsatz jedoch einfach nachgebaut werden.

Es sind noch einige weitere Punkte offen, die erledigt werden müssen. U.a. müssen diverse defekte Glühlämpchen ersetzt werden sowie die Pendel um eine Montagehalterung ergänzt werden, um die Synchronisation der Pendel wieder realisieren zu können. Die Halterung habe ich nach Originalmaß mittels 3D-Druck rekonstruiert.

Anbei ein paar Bilder und Videos. Weitere Infos folgen.
Guckt gerne auch auf meiner Homepage vorbei und ich bin immer offen für Hinweise und besonders Erfahrungen mit diesen Anlagen.

Video Erstinbetriebnahme
Video Relaisschienen Nebenuhrfeld 1 bei Nachstellung

Danke für die Wiederinstandsetzung dieser Uhrenzentrale, und auch Dank für die viele Arbeit und Mühe die dahinter steckt. Es ist jedesmal ein Hurraerlebnis wenn die Mühe sich gelohnt hat und die Teile in Funktion treten, bzw. aktiv werden! Die Geräusche der Funktion ist wie Balsam für die Seele, und entschädigt für die Mühe und Arbeit die dahinter steckt!
Eine ähnliche Anlage wurde vor Jahren sozusagen als Meterware in Paneelform angeboten. Der Preis dafür Ramschwarenniveau. Soviel ich mich erinnere waren es mehrere Teile a 1.50 m Länge. Ist es möglich, dass es sich um dieselbe Anlage handelt?
Ich hätte sie damals sofort genommen, aber wohin mit den beiden Standuhren die dort im Flur stehen, auf die Flurgarderobe kann ich gerne verzichten! Ich habe damals furchtbar mit meiner kleinen Wohnung gehadert. Mit der Inbetriebnahme bzw. Instandsetzung hatte ich damals schon mit Phalos-Hauber Kontakt aufgenommen. Er ist ja sozusagen ein Katzensprung von mir entfernt im Deutschen Museum inzwischen als Chef-Uhrmacher dort tätig.
Zum „Vandalismus“, (auch wegrationalisiert genannt) es fehlen ja die Zifferblätter, Pendel, Schalter, und etliches mehr, dieses Vorgehen erzeugt bei mir immer eine ohnmächtige Wut, und dieses kann man jeden Tag neu erleben. Werde morgen ein paar Bilder darüber hier bringen, und fragen ob jemand irgendwelchen Sinn dahinter sieht! Ich nicht!!

PS. Je mehr ich hier schreibe, umso mehr drängt sich bei mir der Gedanke auf, es könnte sich um die gleiche Anlage handeln, wie von @Harry_993 beschrieben. Auch der zeitliche Ablauf könnte stimmen!

Wie groß ist das Längenmaß der Anlage? Mehr wie 180 cm?

Füge hier mal als Anhang ein Bild einer Uhrenanlage von „Telefonbau und Normalzeit“ als Screenshot bei.



Quelle: telefonbau-und-normalzeit.de