Liebe Freunde der Uhrmacherei,

ich habe eine Tissot aus dem Jahre 1946 geschenkt bekommen. Das Werk ist das Tissot 28-1, das erste Automatikwerk von Tissot. Beschrieben bei deCarle in "Complicated Watches and their Repair".

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Im Werk gibt es drei Baustellen: eine der beiden Dämpfungsfedern für den Rotor war gebrochen, das brückenseitige Federhauslager war ausgelaufen und das platinenseitige Lagerloch für das Minutenrad war auch ausgelaufen. Die Feder konnte ich kopieren. Dazu hab ich 0,1mm starken Federstahl benutzt, den ich immer parat habe (falls mir mal eine Feder wegfliegt).

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Das Federhauslager habe ich zusammengetrieben,
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mit viel Öl passend wieder aufgerieben

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und der guten Ordnung halber, innen mit Polierrot poliert.

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Und hier ist meine Frage: ist es eigentlich gute Praxis, das platinenseitige Minutenradlager auch zusammenzutreiben? In der Vergangenheit habe ich hier immer ein neues Futter gedreht und eingesetzt. Leider habe ich darüber nie etwas gelesen oder gehört - kann an meiner Literatur liegen. Ich glaube der Vorteil wäre, dass man so viel weniger Spuren hinterlässt, als mit einer neuen Lagerbuchse. Über Eure Einschätzungen würde ich mich freuen.

Gruß Alex T.

Zitat von AlexanderT im Beitrag #1

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Und hier ist meine Frage: ist es eigentlich gute Praxis, das platinenseitige Minutenradlager auch zusammenzutreiben? In der Vergangenheit habe ich hier immer ein neues Futter gedreht und eingesetzt. Leider habe ich darüber nie etwas gelesen oder gehört - kann an meiner Literatur liegen. Ich glaube der Vorteil wäre, dass man so viel weniger Spuren hinterlässt, als mit einer neuen Lagerbuchse. Über Eure Einschätzungen würde ich mich freuen.

Gruß Alex T.

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Hallo Micha,
weil das bei Großuhren nicht lange hält. Die Lager werden dünner und der Abrieb dadurch noch stärker. Bei Großuhren ist das einfach nur kurzfristiger Pfusch und aus meiner Sicht nur dann zu tolerieren wenn ein neues Lager finanziell nicht mehr möglich ist.

lg Christian

Ein sauber angefertigtes und eingepresstes Lagerfutter ist aus meiner Sicht kein Makel, sondern gehört zur Geschichte einer Uhr, die über Jahrzehnte in Betrieb ist.

Allgemeiner Konsens unter Uhrmachern ist wohl, dass das Zusammentreiben von Lagern als Pfusch gilt.

Ist nur die Meinung eines Amateurs mit angelesenem Wissen und jeder Menge Stunden praktischer Uhrmachererfahrung.

LG Ralf

@Swissuhrwerker , vielen Dank Ralf. Für mich als Amateur ist es tatsächlich immer wieder schwierig genau diese Lücke zwischen angelesenem Wissen und guter Praxis zu schließen. Glücklicherweise gibt's das Uhrenwerkstattforum.
Gruß Alex T.

Bei kleinem Übermaß mag Zusammentreiben angehen, um die Zeit bis zur "richtigen" Reparatur zu verlängern, denn Aufreiben geht auch danach noch.
Aber: es gilt das gleiche wie bei Großuhren, es trägt nur ein zusammengedrückter schmaler Grat. Auslaufen wird ein Lager auch immer einseitig, Zusammentreiben aber wirkt zentrisch - Lager ist dann nicht mehr zentrisch.

Schwierig finde ich am Ausbuchsen von Minutenradlagern, dass Einpressen in die meist dünnen Platinen nicht reicht. Beim Aufsetzen von Zeigern oder Abziehen des Minutenrohrs ist dann evtl. das Lager auch wieder draussen.

Zitat von praezis im Beitrag #6

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Schwierig finde ich am Ausbuchsen von Minutenradlagern, dass Einpressen in die meist dünnen Platinen nicht reicht.

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Zitat von praezis im Beitrag #6

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es trägt nur ein zusammengedrückter schmaler Grat.

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Wird auch wie auf dem Bild von innen gepunzt, ist das übel verschlimmbessert, denn damit vergrößert man auch das Höhenspiel vom Federhaus!

Ich lese hier mit Spannung mit. Extrem informativ, danke an alle Beteiligten.

"Wird auch wie auf dem Bild von innen gepunzt, ist das übel verschlimmbessert, denn damit vergrößert man auch das Höhenspiel vom Federhaus!"

@praezis , Du hast ja so recht - da hätte ich tatsächlich auch mal von selber drauf kommen können. Der Signaturspruch von @steffl62 macht immer mehr Sinn - da wo sich "punzen" auf "verhunzen" reimt.
Gruß Alex T.