Hallo Freunde,

Den ganzen Juli habe ich am Herstellen eines kleines Triebes für eine Repetituhr gearbeitet. 1.28mm im Flügeldurchmesser, 4mm Länge.
Was für ein Abenteuer ! Zuerst dachte ich, ich könnte einfach einen Ersatzteil aus einem Spenderwerk einbauen. Aber nein, der Trieb hatte 8 Flügel, wo ich nur 6 brauchte. Also kam ich ums Herstellen ex nihilo nicht herum... Nur hatte ich sowas nie getan...

Die Repetitur-TU auf der Werkbank




Ein Ersatztrieb und dessen Lage. Er wirkt als Bremse für die Regulierung der Schlaggeschwindigkeit. Ohne ihn rattelt es nur runter.


Aber mit acht statt sechs Flügeln war nichts zu hoffen !


Ausserdem waren die Flügel zu niedrig angesetzt.


So hat sich der einfache Austausch als ungeeignet bewiesen.


*** Der zweite Streich folgt sogleich (Max und Moritz Zitat) ***

Ach Pierre,
Warum dieser Aufwand, hättest Du geschrieben dass Du einen 6er Trieb mit Durchmesser 1,28 mm suchst, so wäre Dir mit einem Rohtrieb geholfen worden.

Zitat von Fritz im Beitrag #2

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Ach Pierre,
Warum dieser Aufwand, ...

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Hallo Michael,
gratuliere zu Deinem Statement. das mir als "Uhrenliebhaber" voll und ganz aus der Seele spricht.
Ich bin einer der "stillen Leser", weil mein Schwerpunkt auf Laternenuhren liegt, aber an jeglichen technischen Hinweise/Lösungen u.ä. bin ich sehr interessiert und nehme ich sehr gerne auf.

PS: AtelierMadman ist schon eine Klasse für sich!!!

Bitte weiter so!!!

LG Adi

Hallo Michael,
Wenn mein kleiner Post Dich zu diesem Grundsatzpost bewogen hat, so hast Du mich total falsch verstanden.
Damit klinke ich mich hier aus.

Fritz hilf immer spontan, was ich sehr schätze !
Warum den Aufwand ? Eine Frage mit vielen möglichen, berechtigten Antworten.
Hier ist meine : weil ich grundsätzlich jemand bin, der Antworten zu Problemen immer selber sucht, ohne andere mit seinem ständigem Herumfragen zu belästigen. Zudem bin ich ein Mensch der das Selbermachen mag, auch wenn der Aufwand riesig ist. Da ich mit meinen Uhrmacherarbeiten nicht meine Lebenskosten abdecken muss kann ich auch längere Umwege ausprobieren. Und dazu vieles lernen.
- Fritz hat recht : aus Ökonomischer Perspektive nicht rentabel.
- Michael hat auch recht : aus Spassperspektive sinnvoll.
Bei dem Ganzen habe ich gelernt dass es Rohtriebe gibt, dass Fritz solche besitzt und dass ich bei der nächsten Gelegenheit an seiner Tür anklopfen werde.
Danke an alle für eure wertvollen Kommentaren und Meinungen !

Die Sache geht weiter...

Messen des Triebes aus einem gleichen Uhrwerk ist nur der Anfang der Geschichte.


Hier ergibt sich der Durchmesser als 1.24mm


Auf dem Eingriffszirkel wird der gut laufende Eingriff geprüft


Den passenden Fräser zum Schneiden von Trieben habe ich bei Thornton UK bezogen.




Dies war der zweite Streich, usw.

Zuerst muss ein Träger für den Fräser aus Silberstahl hergestellt werden.


Fertig !


Den Teilapparat wird zuerst zentriert.


Die Höhe des Fräsers muss auch stimmen. Das Einstellen ist hier peinlich.


Erster Versuch...


... der gar nicht schlecht aussieht ! Aber...

Aber die Flügel sind leider nicht ganz symmetrisch.


Das Rohm Dreibackenfutter weist einen Rundlauffehler von über 0.15mm auf ! Da kann nichts so Kleines gefräst werden.


Ein zweiter Teilapparat zeigt dabei wesentlich bessere Resultate : +/- 0.01mm


Zweiter Versuch mit besseren Ergebnissen, aber zu gross.


Aus Silberstahl hergestellt : Drehen des Triebdurchmessers auf 1.25mm

Nochmals ein Versuch.


Nach der Härtung im geschlossenen, mit Kohlenpulver gefülltem Kupferrohr.


Alles im Grüne !


Aber beim Bearbeiten der Zapfen ist einer abgebrochen ! Da muss alles von Anfang wiederholt werden. Ich versuche das auf dem Uhrmacherdrehstuhl zu tun.


Indizieren ist einfach.

So wird der Fräser betrieben.


Nahaufnahme. Der Silberstahlrohling ist eingespannt und mit einer Spitze im Reitstock unterstützt. So kann alles haargenau eingestellt werden.


Aber der Fräser stosst auf die Unterstützungsspitze auf. Der rechte Teil muss wie links länger sein.


Neuer Rohling drehen...


... und auf Freilauf prüfen. Im blauen Teil werden die Flügel des Triebes gefräst. 2mm lang, 1.28 Durchmesser.

Der Antriebsriemen ist alt und bricht immer an seiner Nahtstelle. So muss ein neuer Riemen her !


Die Schweissnaht des alten Riemens. Aber da war nichts mehr zu helfen. Aus Altem macht man nicht immer Neues !


Neues geht wesentlich besser.


Neues Fräsen...



... besser, aber noch nicht perfekt. Da hat sich beim Fräsen etwas verstellt !

Problem beim Drehen kleiner Durchmesser (< 0.50mm) in Silberstahl : der Meissel schlüpft öfters unter den Zapfen, der dann gleich abbricht.
Also versuche ich es mit Blaustahl, wesentlich leichter zu verarbeiten. Vor dem Flügelfräsen muss der Blaustahl doch enthärtet werden, danach wieder gehärtet.


Zentrieren mit Hilfe des Binokulars ist sehr präzise.


Nach dem Fräsen.


Erneutes Härten im Kupferrohr.


Längere Zeit rotgeglüht, damit der Inhalt auch die richtige Temperatur erreicht.

Nach dem Temperieren wird das Rohr einfach aufgeschnitten...


... und der Triebrohling ausgestossen. Ohne Sauerstoff und mit Kohle im Rohr wird das Stahl kaum angebrennt.


Das Anlassen geschieht auf einem Messingspanbett bei 280°C.


Abschneiden der Überreste...


... und Drehen der Zapfenspitzen.

Alles nochmals prüfen...


... und ab in die Pivofix um die Zapfen zu rollieren.


Erster Zapfen i.O, noch zu lang. Wird aber später noch mit der Saphirfeile abgeschliffen.


Präzises Messen auf der JKA Messuhr.


Aber das richtige Mass ist immer dasjenige das ins vorhandene Loch passt.