für gute Freunde habe ich eine Schwarzwalduhr mit hoher emotionaler Bedeutung revidiert:
Das Werk ist so ziemlich das einfachste, was ich je gesehen habe: Die Platinen sind nur 1 mm dick, und auch Zahnräder des Laufwerks sind aus Plastik!
Bei billigen Schwarzwald Weckern habe ich schon Plastik-Zeigerwerke gesehen, aber noch nie Lauf- und Schlagwerkräder. Ich bin mir nichtmal sicher, ob das Werk süddeutsch oder asiatisch ist, deshalb die Anführungszeichen im Titel. Ein Herstellerzeichen ist nicht vorhanden, nur der Schriftzug "Pendellänge 40 cm".
Das kleine Werk war äußerst revisions-unfreundlich, wenn es überhaupt für Revisionen vorgesehen war. Es war mir nicht klar, ob die ca. 25 Jahre alten Plastikräder die Elma-Lauge und den Ultraschall überstehen. Deshalb habe ich die Triebe nur trocken mit dem Putzholz gereinigt, und die Zapfen mit Rodico und Holundermark abgetuft.
Die Zapfen selber waren soweit in Ordnung, Hartmetall-Politur bei weichen Zapfen erübrigt sich sowieso...
Auf dem Schild steht in schöner Sütterlin-Handschrift, daß es von einem Alfons soundso im Schwarzwald handgemalt wurde. Ob man das glauben kann ?
Die Uhr jedenfalls läuft wieder, solange, bis der Weichmacher aus den Plastikrädern raus ist, und Karies einsetzt.
Das Werk sieht sehr nach einem Nachbau der Regula Werke von SBS Feintechnik aus Auf jeden Fall ist die Uhr nicht älter als 30 Jahre, dafür ist das Zifferblatt noch viel zu gut und modern.
Zitat von Alberich im Beitrag #1 Das kleine Werk war äußerst revisions-unfreundlich, wenn es überhaupt für Revisionen vorgesehen war.
Ganz gewiß nicht für Revision vorgesehen!
Zitat Auf dem Schild steht in schöner Sütterlin-Handschrift, daß es von einem Alfons soundso im Schwarzwald handgemalt wurde. Ob man das glauben kann ?
Ich denke mal, daß man erkennen kann, ob das Schild bemalt oder bedruckt ist. Das Originalbild kann ja durchaus ein Alfons ... aus dem Schwarzwald angefertigt haben. Vervielfältigung ist dann kein Problem. Kannst Du uns mal den Hinweis in der Sütterlin-Schrift zeigen?
Hallo zusammen, Das Werk ist mit Sicherheit von SBS: SBS Werke Durch die primitive Bauweise wird klar, warum gewerbliche Uhrmacher solche Werke nicht reparieren. Höchstens gegen den "gleichen Schrott in neu" austauschen. Klar, die meisten dieser Uhren werden als Souvenirs verscheuert, so kann der Verkäufer sicher sein daß im Reparaturfall die Uhr nicht zu ihm zurückkehrt. Gruß Werner
Dachte ich es mir doch. Beim Wort "Uhrenschild" muß bei einer "gebrochenen" Schrift "schild" mit einem "langen s" geschrieben werden. Leider geben das die meisten Computerschriftarten nicht her. In einen lateinischen Schriftart würde das etwa so aussehen: Uhrenſchild. Hier ein Versuch, die Frfakturschrift einzufügen: Vereinfacht kann man sagen, daß am Sibenende (einschließlich Fugen-s) ein "rundes" s (auch "Schluß-s") stehen muß und am Silbenanfang (sofern klein geschrieben) ein "langes" s. Das war dem Schreiberling sicher nicht mehr bewußt. Der Name in Fraktur ist dagegen richtig geschrieben, denn hier war kein langes s nötig. Der gute heißt Alfons Hilser. |addpics|6ru-3-4bf4.jpg-invaddpicsinvv|/addpics|
Zitat von Gnomus im Beitrag #5Ganz gewiß nicht für Revision vorgesehen!
Also es hat doch geklappt und die Uhr funktioniert wieder. Ist doch alles prima.
Ich halte es ebenfalls für ein SBS Werk. Warum sollte da eine Revision nicht möglich sein? Ersatzteile für die Werke werden schließlich (recht günstig) angeboten.
Zitat von uhrologe im Beitrag #7Durch die primitive Bauweise wird klar, warum gewerbliche Uhrmacher solche Werke nicht reparieren. Höchstens gegen den "gleichen Schrott in neu" austauschen. Klar, die meisten dieser Uhren werden als Souvenirs verscheuert, so kann der Verkäufer sicher sein daß im Reparaturfall die Uhr nicht zu ihm zurückkehrt.
Warum immer so polemisch und böse argumentieren? Es kann doch nicht immer nach dem Motto gehen "PPU oder nichts". Es liegt bei den gegebenen Arbeitskosten nun mal in der Natur der Sache, dass ein standartisierter und möglichst weitgehend automatisierter Produktionsprozess ein preisgünstigeres neues Tauschwerk hervorbringt als eine handgemachte Revision kostet. Deswegen ist das nicht alles gleich "Schrott". Ich glaube auch nicht, dass viele von uns mit dem kargen Lohn eines Uhrmachergesellens in einer der famosen Wiener Uhrmachermeisterwerkstätten des 19. Jahrhunderts ihr Leben fristen möchten. Und ich schätze die Arbeiter bei AGU Lenzkirch sind auch nicht zweimal im Jahr in die Sonne geflogen zum Ausspannen. Nur mal so zum Nachdenken
HighEnd der Horologie sind Kuckucksuhrwerke sicher nicht. Eine Kuckucksuhr oder eben diese Schwarzwalduhr ist halt Spielzeug und vielleicht Schwarzwaldkitsch. Ganz nebenbei: Auch eine traditionelle Schwarzwälder Lackschilduhr oder Rahmenuhr mit Holzplatinenwerk ist kein HighEnd sondern eben alte Volkskunst ... oder Volkskitsch - wie man will.
Kuckucksuhren oder allgemeiner Schwarzwalduhren werden nicht als Souvenier verkauft weil der Verkäufer den Kunden nicht mehr zur Reparatur sehen möchte, sondern weil für viele ausländische Touristen aus Asien oder Amerika diese Art von Uhr eben so typisch deutsch/schwäbisch isch wie Schweinsbraten mit Spätzle und Soß
Zitat von Nippon-Fan im Beitrag #9Es kann doch nicht immer nach dem Motto gehen "PPU oder nichts".
Als Uhrmacher erwarte ich kein High-End, aber müssen Platinen dünn wie Dosendeckel und Zapfenmaterial weich wie eine Büroklammer sein? Gegen standardisierte, automatische Produktion habe ich nichts. Und wieviel teuerer wäre denn solch ein Werk in reparaturgerechter Ausführung? Werfe hier mal 3 Euro in den Raum. Ok, bis die Uhr dann beim Kunden ist sind dann 15 Euro daraus geworden. Die ausländischen Touristen aus Asien oder Amerika werden auch damit klarkommen. In der heutigen Zeit werden Dinge eben bei der Herstellung kaputtgespart, in meinen Augen einfach Ressourcenverschwendung "Made in Germany".
Zitat von Gnomus im Beitrag #8 Vereinfacht kann man sagen, daß am Sibenende (einschließlich Fugen-s) ein "rundes" s (auch "Schluß-s") stehen muß und am Silbenanfang (sofern klein geschrieben) ein "langes" s. Das war dem Schreiberling sicher nicht mehr bewußt. Der Name in Fraktur ist dagegen richtig geschrieben, denn hier war kein langes s nötig. Der gute heißt Alfons Hilser.
Möchte noch was berichtigen: Alfons ist zwar richtig mit rundem s, aber ich hab ganz übersehen, daß danach noch "Hilser" richtigerweise mit langem s geschrieben wurde.
Zitat von uhrologe im Beitrag #10Als Uhrmacher erwarte ich kein High-End, aber müssen Platinen dünn wie Dosendeckel und Zapfenmaterial weich wie eine Büroklammer sein?
Spontan würde ich sagen "nein".
Zitat von uhrologe im Beitrag #10Und wieviel teuerer wäre denn solch ein Werk in reparaturgerechter Ausführung? Werfe hier mal 3 Euro in den Raum. Ok, bis die Uhr dann beim Kunden ist sind dann 15 Euro daraus geworden.
Wenn man wie SBS 100.000 Uhrwerke pro Jahr produziert, macht das schon 300.000 EUR aus. Und würde das etwas an der Gesamtproblematik ändern? Die Kunden würde für ihre vor 10 Jahren zu 250 EUR erworbene Kuckucksuhr noch immer bei dir keine 300 EUR für die Revision liegen lassen wollen. Ich schätze da streicht SBS lieber die 300.000 Flocken ein.
Und mal ganz nebenbei: Warum verwendet Erwin Sattler für sein Selbstbau-Einsteiger-Modell Platinen aus günstigem Aluminium? Um wieviel teurer wären Platinen aus Messing? Und das bei einem Gesamtpreis im mittleren vierstelligen Bereich!
Meine Schlussfolgerung: Wir wollen alle beim Kauf auch noch den letzten Cent sparen, vielleicht damit wir uns hinterher so richtig schön über die trashige Bauweise aufregen können
Warum Sattler Platinen aus Aluminium verwendet weiß ich auch nicht. Und ja, bei den Preisen kann ich es auch nicht verstehen. Jedoch laufen die Zapfen in Messing- oder Bronzelagern, und darauf kommt es an! Wobei ich jetzt mal davon ausgehe, daß hierbei der Lagerwerkstoff korrekt ausgewählt wurde. Zur "Geiz ist geil" Mentalität möchte ich sagen, daß es viele Leute gibt, welche gerne mehr für ein Produkt ausgeben würden wenn sie eine bessere Produktqualität dafür bekommen würden. Stichwort "Nachhaltigkeit".
Zitat von Nippon-Fan im Beitrag #12Die Kunden würde für ihre vor 10 Jahren zu 250 EUR erworbene Kuckucksuhr noch immer bei dir keine 300 EUR für die Revision liegen lassen wollen.
Wobei ich bei ausreichender Materialqualität / Dimensionierung aber für meine durchgeführte Arbeit geradestehen kann. Ob der Kunde mein Angebot annimmt und die Revision beauftragt ist seine Sache.
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27.07.2019 21:31
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