Wollte Euch mal meinen Wecker vorstellen. Ich konnte ihn aus dem Schrott retten - wer schmeißt sowas weg?
Die Ausführung ist natürlich ziemlich billig: Stiftankerhemmung, Verzicht auf Federhäuser, größtenteils Triebstockverzahnung. Immerhin war man so großzügig und hat zumindest die Unruh in vier Steine gelagert. :)



Hier sieht man gut, wie sich die abgelaufene Feder wegen des fehlenden Federhauses am Gehäuse zu schaffen macht:



Ich überlege, mit einem Stück Federband zwischen den Pfeilern rechts oben und rechts unten den Weg zu begrenzen. Dann wird die Feder dort noch vor dem Gehäuse gehalten und letzteres wird nicht mehr ausgebeult.

Leider hat das Werk nach der Überholung das Problem, daß die Unruh selbst nach einem Tag ab und zu noch prellt. Das ist ab einer Amplitude von ca. 315° der Fall.
Kann das schon damals im Neuzustand so gewesen sein? Die Feder wäre wohl zu stark bemessen. Oder schmiert mein Öl zu gut (teilsynthetisch)? ;)
Wie würdet Ihr das Problem lösen?

Ich würde eine schwächere (in der Stärke geringere) Feder einbauen.

28064259kh_ji.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Gruss
Wolfgang

@Phalos:
Werde mal sehen, ob ich eine schwächere Feder organisiert bekomme.

@Wofri:
Danke für die Mühe mit dem Bearbeiten!


Da ist leider nur das Loch für den Nagel, der das Ziffernblatt hält (wie auch gegenüber bei 3 Uhr). Ich denke, das Werk wurde auch in runde Blechwecker eingebaut. Da war es egal, wenn die Feder gegen das Gehäuse drückt. Aber nun ja - das Plastegehäuse hat jetzt schon eine bleibende Verformung erhalten.

"Die Ausführung ist natürlich ziemlich billig: Stiftankerhemmung, Verzicht auf Federhäuser, größtenteils Triebstockverzahnung. Immerhin war man so großzügig und hat zumindest die Unruh in vier Steine gelagert. :)"

Was erwartest du vom Gebrauchsgegenstand "Wecker"?
Der Aufbau gleicht vielen hunderten anderen Modellen, die auch nur eine Stiftankerhemmung haben und keine Federhäuser, wie z.B. G. Becker-Wecker.

Eine Zapfenunruh ist da wirklich schon was exotisches.
Die Werke werden schon mind. seit den 1960er Jahren produziert. Anfänglich mit Lautlosgesperr und zwischendurch auch mit Delrinrädern (Kleinbodenrad, Sekundenrad u. Ankerrad).

Es ist durchaus möglich, dass in Deinem Wecker eine zu starke Feder nachgerüstet wurde. Ich messe mal bei meinem die Klingenstärke.

LG Thomas

So, ich messe ca. 0,32mm Klingenstärke.

Hier noch eine Werkansicht meines Weckers mut Delrinrädern...

Hallo G.B.,
ich muß sagen, mir geht es da wie masterpiece, ich frage mich auch, wieso Du bei einem solchen Wecker Federhäuser erwartest. Federhäuser findet man am ehesten vielleicht bei Reiseweckern, aber moderne mechanische Reisewecker lassen sich eigentlich schon mehr den Kleinuhren zuordnen. Bei "normalen" Weckern ist die Steinlagerung der Unruh fast schon Luxus. Die gibt es aber bei mehreren russischen Weckermarken, z.B. SEVANI.
Bei den Lautlosgesperren gab es auch verschiedene Ausführungen. Einmal so eine Art "Doppelsperrkegel" ohne Sperrfeder, der Ähnlichkeit mit einem Anker hatte. Durch das Fehlen der der Sperrfeder fiel der Sperrkegel sehr leise in das Sperrad. Außerdem drehte sich das Federrad um einige Grad zurück, bis der Sperrkegel einfiel. Dadurch wurde gleichzeitig vermieden, daß die voll aufgezogene Feder mit voller Kraftspitze das Werk antreibt. Es gibt bei vielen Uhren extra Bauteile dafür, mir fällt der Name leider nicht ein. Dem selben Zweck dienen auch die Stellungen, die meine ich aber nicht.
Eine andere Lautlossperre ist das Schlingfedergesperr. Die arbeitet mit einer Wendelfeder um den Federkern, dafür entfällt der Sperrkegel. Auch dieses Gesperr gab es bei russischen Weckern.
Ich hab jetzt mal aus einer meiner Grabbelkisten einen Jantar rausgefischtt. Eine Federbegrenzung, wie sie Wolfri andeutete, ist hier nicht vorhanden. Das Gesperr ist wie bei Deinem Wecker ein einfaches Federgesperr. Der Wecker hat übrigens ein rundes Gehäuse, ein Baby-Wecker mit 2 Glocken. Gab es aber auch mit nur einer.
Ich der selben Meinung wie Phalos und masterpiece: Die Uhrwerksfeder scheint zu stark zu sein. Ein Uhrenöl kann wohl kaum zu gut sein, denn der Idealzustand (den es ja leider nicht gibt) wäre 0 Reibung. Warum sollte ein Uhrenöl dem absichtlich entgegenwirken?

Ich gebe hier auch mal kurz meinen Senf mit dazu.

Wenn die Beule nicht auf eine kaputte Lasche zurückzuführen ist, ist der Wecker so in Ordnung behaupte ich mal.
Es ist ein russisches Modell. Wenn hier in der Gegend jemand sagt "das sieht aber russisch aus", weiß jeder was gemeint ist.
Dieses Sprichwort hängt nicht nur mit der Produktqualität zusammen, auch mit dem Erleben der Stationierung russischen Soldaten in der DDR, die teilweise mehr gehaust als gewohnt haben.
In Ostzeiten waren z.B. Maschinen, Lokomotiven aus der UdSSR oft gar nicht einsatzfähig... Ohne tiefgreifende Umbauten.
Da ist der Wecker das kleinste Problem gewesen, entweder man kaufte ihn oder man hatte keinen. Qualität war bei russischen Produkten oft ein Fremdwort, aber es gab natürlich auch Ausnahmen...
Marinechronometer die hier immer mal vorgestellt werden z.b.
Ich weiß aber jetzt nicht ab wann USSR statt UdSSR verwendet wurde... Kurz nach der Wende? Aber die Konstruktion ist die gleiche...

Also es war nicht grundsätzlich alles Müll, aber man musste mit Überraschungen rechnen...

Gruß Thilo

Hallo Ihr Lieben!

Danke für Eure zahlreichen interessanten Infos zu Weckern. Mir ist natürlich klar, daß ein Wecker kein Masterpiece und nicht mit einem Marinechronometer vergleichbar ist (am Rande: Habe mir kürzlich die Sonderausstellung mit Marinechronometern im Uhrenmuseum Glashütte reingezogen, Wahnsinn!).
Der Vergleich sollte eher in die allgemeine Richtung gehen; mir ist völlig klar, daß man bei einem Wecker spart, wo man kann. Vielleicht war ich gedanklich noch im Uhrenmuseum unterwegs...

@masterpiece:
In der Klingenstärke wird offensichtlich der Hund begraben sein. Ich messe die ausgebaute Feder mit 0,35 mm x 7,5 mm. Muß mal sehen, ob ich hier in Dresden bei meinem Uhrmenschen etwas organisiert bekomme...
Wäre es als letzte Option nicht auch denkbar, die Federbreite zu verringern (Federpaket sauber abschleifen)? Wäre russisch und paßt zum Wecker. Falls 0,32 mm die optimale Klingenstärke wäre, hätten wir ca. 20 % weniger Kraft im Vergleich zu 0,35 mm. Dann müßte die dickere Feder ca. 1,5 mm schmaler gemacht werden (Breite geht linear, Dicke quadratisch in die Federkraft ein).

Das mit dem Gehäuse soll so sein und wurde konstruktiv so hingenommen. Dumm nur, daß nach längerer Standzeit das Plastegehäuse ausbeult.

Abschleifen würd ich sie nicht, das nimmt sie an irgendeiner Stelle "übel" . Kleinster Haarriß und die Feder reißt....
Die Beulung wurde vielleicht auch durch ungünstigste Temperaturverhältnisse verstärkt.

LG Thomas

Klingt einleuchtend. :)
Leider hatte mein Uhrmensch nichts passendes da. Ich habe mal ein Such-Thema aufgemacht.
Also falls von Euch jemand so eine Feder herumliegen hat, würde ich mich darüber sehr freuen.

So, heute habe ich dem Fritz mal einen Besuch abgestattet. Er hat sich das Werk mal angeschaut und konnte auch keinen Fehler finden. Er hat mir eine dünnere Feder mitgegeben; damit prellt die Unruh seit dem ersten Aufziehen vor vier Stunden nun nicht mehr. Ich würde sagen: Problem gelöst!

Jetzt schwankt die Amplitude ungefähr zwischen 100° und knapp 180°. Ich will es dabei belassen, es ist ja schließlich kein Chronometer. Positiver Nebeneffekt: Das Ticken ist nun nicht mehr so laut.

Ganz herzlichen Dank nochmal an Fritz, hat mich sehr gefreut. :)