Hallo in die Runde. Ich habe eine T&N Mutteruhr (die im grünen Hammerschlag-Stahlblechgehäuse).
Nach einer gründlichen Reinigung mit Entfetter ist der Pendelausschlag nun so gewaltig, das er weit über die 120er Marken hinaus ausschwingt. Soweit nachvollziehbar, denn wenn verharzte Schmiermittel aus dem Werk ´raus sind, ist ja weniger Reibung und der Anker bekommt mehr Schub.
Nun meine Frage: wie stellt man die Elongation des Pendels denn nun korrekt ein und womit?
Wozu dienen die 60er und 120 Marken eigentlich?? Was sind das für Einheiten (60 oder 120 Millisekunden, oder was auch immer)???
Hatte gesehen, dass das hintere Ankerlager der T&N exzentrisch ist und sich in der Uhrenplatine verstellen läßt. Hierdurch wird die Eintauchtiefe der Paletten ins Steigrad variiert. Bei meinen Versuchen zeigte sich, dass dies einen Einfluss auf die Elongation (Schwingweite des Pendels) hat. Aber wo ist der werksmäßig korrekte Einstellpunkt? Soll das Pendel nur bis max. 120 ausschlagen?

Ferner möchte ich das Gehäuse gerne restaurieren, da der Lack an manchen Stellen abplatzt. Wer weiß etwas über den Farbton (RAL?) oder den Hersteller. Die Hammerite-Hammerschlag-Farbtöne passen allesamt nicht.

Ganz lieben Dank für jeden Tip und Eure Hilfe.
Viele Grüße,
Martin

Hallo,
hoffe mal, Du hast die Uhr zur Reinigung zerlegt, sonst hast Du jetzt eine Mischung aus restlichem altem Öl und Abrieb in den Lagern.
Die Skala am Pendel zeigt die Amplitude in Winkelminuten.
zur korrekten Einstellung der Hemmung gibt es einige Info hier:
Grahamhemmung - Wie muß die Geometrie der Zahnspitzen aussehen?
Die Amplitude ergibt sich aus der Reibung im Werk und dem Luftwiderstand des Pendels im Gegensatz zur Antriebskraft (dem Gewicht).
Grüße
Achim

Hallo Martin,

ich kenne keine Uhr (ausgenommen mit Hipp- oder Synchronome-System), bei der die Pendelamplitude einstellbar ist. Normalerweise ist diese gegeben durch Pendelart und -gewicht, Reibungsverluste im Uhrwerk sowie Antriebskraft, so wie es @Achimk bereits erklärte. Entsprechend ist vom Hersteller ein bestimmtes Antriebsgewicht festgelegt, mit dem die Uhr sicher und möglichst genau läuft.

Die Pendelskala dient u.a. zum Einstellen eines symmetrischen Abfalls (= gleichmäßiges Ticken). Häufig entsprechen die Zahlenangaben darauf dem Pendelausschlag in Grad oder Winkelminuten. Bei den meisten meiner HU liegt die normale Amplitude zwischen 85' (1,5°) und 150' (2,5°), bei einigen auch bei 3,5°.

Der Exzenter des Ankerlagers dient dazu, die Hemmung entsprechend der Geometrie von Ankerrad und Ankerpaletten einzustellen. Man kann damit in geringem Maße die wirksame Ankerweite verändern. Auch die Montageposition der verschiebbaren Paletten steht damit im Zusammenhang. Die Tiefe des Ankereingriffs wird so eingestellt, dass der Fallwinkel des Zahns am Steigrad auf die Eingangs- und Ausgangspalette genau gleich groß ist. Eine falsche Einstellung kann zum Verklemmen der Hemmung und dabei zur Beschädigung von Anker und/oder Steigradzähnen führen.

Wenn die Ankereingrifftiefe optimal eingestellt ist, schwingt sich das Pendel entsprechend den anderen Einflüssen auf eine bestimmte Amplitude ein. Wenn das Pendel dabei ausreichend Platz im Gehäuse hat, darf die Amplitude gern auch etwas größer sein.

LG
Roland

Hallo Roland,
besten Dank an Dich und natürlich auch alle anderen für die Infos. Im Netz gibt´s eine gute Animation zur Graham-Hemmung. Hab´das mal verinnerlicht und an meiner HU heute nachjustiert (so gefühlt den ganzen Tag lang). Es gibt bei meiner T&N sozusagen einen "sweet spot". Die Elongation geht dann keine zwei Winkelminuten über 120 hinaus, die Hemmung arbeitet nach meiner Ansicht auch symmetrisch. Ebenfalls gibt es keine "Klemmer" oder Aufsetzer. Mal sehen, wie genau sie jetzt läuft.

Vorgeschichte:
Diese Uhr hatte ich als 16-jähriger Schüler von einem Uhrmacher geschenkt bekommen (bin jetz 58). Der sagte seinerzeit, er habe sie nie zum Laufen gebracht. Meine Diagnose damals: zerstörte Pendelfeder -was mich wunderte da ein Uhrmacher sowas doch eigentlich "kann". Vielleicht wollte er mir aber auch nur einen Gefallen tun, denn bei den seinerzeit noch zahlreichen Uhrmacherläden war ich regelmäßiger Gast, der nach alten Uhren bettelte (die ich oft in prall gefüllten Aldi-Tüten auch bekam). Zu der Zeit wollten ja alle Quarz und nix Mechanisches mehr... .Da ich damals als Schüler und ohne Internet ja so gar keinen Ansatz für Uhren-Ersatzteile hatte, habe ich die gebrochene Pendelfeder der T&N kurzerhand aus den vorhandenen Resten (die 4 Messingplättchen) und unter Zuhilfenahme des damals gerade aufkommenden Sekundenklebers selbst gebaut. Als gehärtetes Stahlmaterial für die Blattfedern dienten Vaters ausgediente Rasierklingen, die auf einem Metabo-Planschleifer auf passende Breite geschliffen wurden. Das Ganze lief von ca. 1986 bis 2020 problemlos, sowohl im Hobbyraum als auch in den nachfolgenden diversen Wohnungen - mal Küche, mal Wohnzimmer. Beim letzten Umzug war die selbstgebaute Pendelfeder dann "fällig". Habe sie durch eine moderne Industrieausführung ersetzt - danach hatte die Uhr aber nie wieder die damals erreichte Gangenauigkeit. Ich will gerne zugeben, daß ich mechanisch eher Grobmotoriker bin und aus der manuellen Werkzeugmaschinenecke komme. Mein Hobby ist heute eher prähistorischer Tontechnik. Wenn man hier im Forum nachliest, dann weiß ich ganz rasch, dass ich von Uhren nun so gar keine Ahnung habe. Aber die "Grüne Gurke" sollte wieder laufen- hat sie mich doch ein halbes Leben lang zuverlässig begleitet... . So ist die Sache technisch momentan bei mir wieder in den Fokus und ich in dieses Forum geraten!

Viele Grüße und ganz herzlichen Dank für Eure Hinweise!!!

P.S.: Hammerschlag-Lack-Problem bisher ungelöst...

Martin

Hallo Martin,

dann bist Du mit Deiner Uhr ja schon lange "verheiratet". Da sollte ein Konsens zwischen Euch doch machbar sein. ;-)

Eine Rasierklinge als Pendelfeder ist gar nicht so schlecht. Das Material ist extrem hart und hat darum wenig innere Reibung. Nachteil ist allerdings die Spödigkeit und erhöhte Bruchgefahr.

Die heute erhältlichen Pendelfedern haben vielfach eine viel zu dünne Lamelle. Eine bestimmte Dicke ist aber vielfach erforderlich, denn sie hat Einfluss auf den Isochronismus des Pendels. Die Rasierklinge kann daher durchaus förderlich gewesen sein.

Die Stärke der billigen PF im Ersatzteilmarkt ist meist um 0,05 mm. Das ist für kleine Pendulen und Regulatoren mit leichtem Pendel durchaus ok. Für HU mit schwerer Pendellinse sind 0,1 bis 0,2 mm Stärke aber besser geeignet.

Vielleicht findest Du für Deine HU noch eine originale PF oder eine mit stärkeren Federlamellen.

Hammerschlag-Lacke sind übrigens im Baumarkt erhältlich, u.a. von Hammerite. Damit habe ich meine DeTeWe-Uhr auch renoviert:

HU DeTeWe.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

LG
Roland

Hallo Roland,
die DeTeWe sieht super aus, jedoch wollte ich bei der T&N so nah wie möglich am originalen Farbton bleiben, das Hammerite-Blau ist "zu blau", es paßt eher zu meinem alten Bauer Filmprojektor. Die T&N ist ja eher blassgrün. Aber auch hier haut der (viel gedecktere) Hammerite-Ton nicht hin. -Egal- ist nicht so wichtig.

Wichtiger ist da schon die technische Seite des Gehwerkes. Habe im Netz unter "Einzel-Hauptuhr Bahn 1968" ein pdf. mit der Anleitung gefunden. Die ist zwar für die Invarstahl-Variante (meine hat nur das einfache Holzpendel) aber die Hemmung dürfte die gleiche sein. Im Abschnitt "Einstellung des Pendelkontaktes" steht´s auf Seite 15 unter Punkt 4:
"Das Pendel vorsichtig anstossen, bis die HU mit eigener Kraft jedoch mit kleinstem Pendelausschlag (ca. 60 Teilstriche der Bogenteilung) geht . Kontrolle: Der Sekundenzeiger soll gerade noch in gleichmäßigen Schritten fortbewegt werden.

Das korrespondiert mit der von mir experimentell gefundenen Position des Ankerlagers, der "Schaltpunkt" liegt symmetrisch bei ziemlich genau +/- 60 Bogenminuten und dürfte mit einiger Sicherheit daher der werksmäßige "sweet spot" bei der T&N sein (hopefully,!).

Ansonsten ist das interessante PRS auch in der Anleitung beschrieben, sogar eine Maßskizze des Instrumentenhalters ist dabei. Innenwiderstand und Windungszahl der verwendeten Spule sind angegeben mit 50 Ohm / 400 Wdg. 0,16 Cul, das Instrument ist ein Mitteninstrument mit 10-0-10 mA. Vielleicht baue ich das mal gelegentlich nach, wenngleich sowas bei der Holzpendelausführung ja eigentlich nicht so recht Sinn macht - sie ist ja keine PPU und soll auch keine werden. Aber die Uhr einfach per extern angelegter Spannung wahlweise schneller oder langsamer laufen zu lassen ohne an der Pendellinse herumschrauben zu müssen hat schon einen gewissen Charme - was meinst Du?

Viele Grüße,
Martin

Hallo Martin,

ich habe die Vermutung, Du hast die Graham-Hemmung doch noch nicht komplett verstanden.

Die Auslösung bei identischem Pendelwinkel nach Links und Rechts ist der "gleichmäßige Abfall". Der "gleiche Fallwinkel" ist aber etwas anderes. Ich versuche das mal anders zu erklären.

Stelle Dir einen Menschen vor, der beim Gehen mit dem linken Fuß nur einen kleinen Schritt macht, mit dem rechten aber einen größeren und dabei trotzdem zeitlich genau gleiche Schrittdauer einhält. Beim größeren Schritt wird das Aufsetzgeräusch vermutlich lauter sein. Genau das passiert bei einer Uhr mit Graham-Hemmung, wenn der Fallwinkel für Eingangs- und Ausgangspalette nicht gleich groß ist. Bei vorhandemem Sekundenzeiger ist dann auch optisch zu erkennen, dass dessen Drehung abwechselnd um einen kleineren und einen größeren Winkel erfolgt.

Die Einstellung mit der Ankereingrifftiefe dient dazu, diesen Fallwinkel gleichmäßig zu machen, während sich der gleichmäßige Abfall mit der Regulierschraube am Ankerhebel einstellen lässt, der seitlich am oberen Ende des Pendelstabs anliegt. Die Einstellung des Fallwinkels ist nur durch Beobachten der Hemmungsteile mit der Lupe möglich. Extra dazu besitzen die Platinen vieler HU-Werke Löcher im Bereich der Paletten.

Zum PRS kann ich nichts sagen, da ich keine TuN-Uhr mit solch einer Einrichtung besitze.

Da es für das gegenseitige Verständnis hilfreich ist, eine gemeinsame (Fach-)Sprache zu nutzen, nur noch diese Bemerkung: Elongation ist die momentane Auslenkung bei einer harmonischen Schwingung. Die Amplitude ist die maximal erreichte Auslenkung.

LG
Roland

Hallo Roland,
besten Dank für die Hinweise! Hatte mich bislang auf die Darstellung / Animationen in folgendem link gestützt:
http://schmuckunduhren.de/uhren/ueber-uh...hemmung-fehler/

Die Platine meiner T&N hat besagte Bohrungen in Höhe der Paletten zur Beobachtung von Anker und Ankerrad. Ich werd´s nochmal überprüfen. Bei der derzeitig gefundenen Einstellung rückt der Sekundenzeiger jedoch gleichmäßig vor; die Position der Paletten habe ich nicht verändert -die Hebeflächen erscheinen spiegelblank und zeigen nach meiner Einschätzung keine nennenswerten Einlaufspuren. Amplitude war Anfangs bei 120´und wächst langsam auf ca. 130´. Mal sehen, ob sie sich dort stabilisiert oder noch weiter ansteigt.
Viele Grüße,
Martin