In Furtwangen ist mir ein Wrack einer Silentia Elektrouhr vor die Finger gekommen.
Von innen noch viel übler, mit einer einst ausgelaufener Batterie oder Kondensator und einem nachträglich eingebauten Trafo, sahen auch die Innereien erbärmlich aus.
Das Uhrwerk ist ähnlich wie eine Taschenuhr aufgebaut, auch wenn es stündlich von einem kleinen Elektromotor aufgezogen wird. Erblickt man so eine Uhr zum ersten Mal, denkt man: Was ist das für eine herrliche Bastelei. Aber tatsächlich gibt es von diesen Uhren ein Patent:
Das Patent ist von 1911, und so kann man diese Uhr ziemlich genau datieren. Sie hat die Nummer 4, und insgesamt hat die Firma nur ca. 500 Uhren hergestellt, alle mit diesem Aufzugmotor. Diese Uhr ist eine der ersten. Der Vorteil dieser Konstruktion ist der leise Aufzug, während damals übliche Elektroaufzüge laut bis sehr laut waren. Daher der Firmenname Silentia. Das Uhrwerk ist ein rechtes Monster, es hat 65mm Durchmesser. Entsprechend riesig ist die Unruh. Ein Nachfolger-Uhrwerk der gleichen Firma ist wesentlich kleiner, die Gestaltung ist eine etwas andere, aber mit dem gleichen Aufzugmotor
Die Uhr hatte eine Sammlung typischer Schäden: Der Hebelstein in der Unruh war abgebrochen. Das passiert, wenn der Motor nicht ausschaltet und die Uhr so lange prellt, bis der Stein entweder abbricht oder verloren geht. Außerdem hat die Uhr kein Gesperr, nur das Schneckengetriebe des Motors dient dazu. Baut man den Motor aus, ohne die Feder zu entspannen, löst sich entweder auf dem Minutenrad das Trieb (die bessere Variante) oder das Kleinbodenradtrieb wird zerstört, inklusive des zugehörigen Steins. Das ist hier auch passiert, weshalb irgendjemand einen neuen Zapfen eingebohrt und den zugehörigen Stein sehr grobschlächtig durch ein gelötetes Messinglager ersetzt hat. Die Spuren dieser barbarischen Reparatur ließen sich nicht ganz beseitigen. Das Bild zeigt das blau angelaufene Kleinbodenradtrieb:
Das Kleinbodenradtrieb und der Hebelstein, wie noch 4 weitere Steine mussten ersetzt werden.
Wie immer war auch der Motor zerstört. In diesem Fall war nur eine von 6 Spulen defekt, und die defekte Stelle konnte ich sogar entdecken und löten (etwas knibbelig, 0,07mm Drahtdurchmesser).
Neben den insgesamt 5 Steinen musste folgendes ersetzt werden: Die Bürsten, die Zifferblattbefestigung und außerdem noch 3 Schrauben und 8 Gehäuseschrauben.
Jetzt ist das Werk wieder nett und läuft tadellos.
Die Batterie wurde auch ersetzt, 1,5V. Reicht für mehr als ein Jahr.
Wie man im ersten Bild sehen kann, hat jemand mit Säurefingern aus der ausgelaufenen Batterie von vorne auf das Gehäuse gefasst, was starke Schäden ergab. Alles wurde wieder poliert, das Gehäuse sieht wie alles wieder sehr nett aus.
Genau, die Bürsten bestehen jeweils aus einem Silberdraht, und eine Bürste wird einfach abgehoben. Eine andere Variante funktioniert anders, denn da wird einfach der Strom ab- und angeschaltet. Die Uhr habe ich auch, kann also die Unterschiede zeigen, wenn gewünscht.
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04.01.2019 16:19
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