Hallo zusammen,

ich habe vor kurzem eine Bürk HU 110 erworben, die nach einer gründlichen Reinigung auch anständig läuft. Der komplette Aufzusstrang läuft auf 230V.
Allerdings verfügt die Uhr über einen Schalter, der mir Rätsel aufgibt: Elektrisch befindets ich vor dem Quecksilberschalter für den Aufzug ein Schalter (beim Foto die Platine auf der 6), der nur bei hochgezogenem Gewicht Strom durch lässt. Was für den Aufzug, der ja gerade nach z.B. Stromausfall durchaus mal etwas länger schalten muss, nicht sinnvoll erscheint. Ich habe ihn erstmal ignoriert und betreibe die Uhr ohne ihn.
Aber ich würde natürlich gerne verstehen, welchem Zweck er dient. Das einzige, was ich über die Geschichte der Uhr sagen kann, dass sie der Turmuhrsteuerung diente (Rauscher aus Regensburg).

Hat darüber hinaus jemand Erfahrung mit der Feineinstellung des Aufzugs? Die Polwende-Quecksilberschalter machen immer etwas mehr oder etwas weniger als eine volle Wendung. Der Motor schaltet minimal zu früh oder spät ab (siehe Foto auf der 8, der hintere Schalter steht noch etwas schräg). Für den Aufzug des Gewichtes sind diese kleinen Abweichungen egal, aber eine Nebenuhr wird das aus dem Tritt bringen.

Vielen Dank für alle Hinweise
Fridtjof

Hallo Fridtjof,

mit dieser HU hast Du einen guten Fang gemacht. Sie lässt sich gut einregulieren und läuft mit sehr konstantem Gang.
Ein Nachteil könnte sein, dass der Minutenimpuls keine Präzisionsauslösung besitzt. Für normale Zwecke dürfte das aber kaum eine Rolle spielen.

Meine HU110 besitzt den Schalter vor dem Gewicht nicht (mehr). Falls er vorhanden war, hat ihn wohl ein Vorbesitzer entfernt.
Ich würde annehmen, dass dieser Schalter eigentlich die Notabschaltung des Motors übernimmt für den Fall, dass das kleine Quecksilberröhrchen aus irgendeinem Grund nicht abschalten sollte.

Die Einstellung der Kontakte war für mich ein stunden- bis tagelagens Probieren.
Der auf Deinem Bild oben sichtbare Quecksilberschalter erledigt zwei Aufgaben auf einmal:
- Einschalten der Nachholfunktion
- Auslösen des Minutenimpulses

Wenn das Gewicht infolge eines Spannungsausfalls tiefer absinkt, als normal üblich, wird der Tragehebel so weit angehoben, dass der Quecksilberkontakt unabhängig von der Stellung des Auslösenockens immer geschlossen ist.
Für die Beendigung der Nachholfunktion wird der Trage-Hebel, an dem das Glasröhrchen baumelt, durch den oberen Fortsatz der Umlenkrolle des Antriebsgewichts über einen Zwischenhebel herunter gedrückt.
Außer dem Zwischenhebel wirkt auch ein Exzenter am Heberad der Polwender auf den Tragehebel. Damit wird die Abschaltung des Motors nach einem regulären Polwechsel realisiert.

Bei voll hoch gezogenem Gewicht bewirkt das absinkende Gewicht, dass der Trage-Hebel langsam nach oben schwenkt. Gleichzeitig hebt der Nocken auf der Sekundenwelle den Auslösehebel, so dass das Glasröhrchen nahezu in derselben Lage bleibt.

Bei der Auslösung rutscht der Auslösehebel von der Kante des Nockens, das Röhrchen kippt nach unten und das Quecksilber verbindet die Kontakte.

Das Zusammenspiel der Hebel ist sehr diffizil. Ich hatte oft den Fall, dass zunächst alles gut funktionierte. Aber am nächsten Tag standen die Polwechselkontakte wieder in einer unerwünschten Zwischenposition.

Um die gewünschte Funktionalität zu erreichen, habe ich immer wieder den Auslösenocken ein Stückchen verdreht.

Außerdem muss der Tragehebel auf seiner Welle möglicherweise um einen winzigen Winkel verdreht werden, um folgendes zu erreichen:
- Das Quecksilber muss beim Auslösen sicher die Kontakte benetzen.
- Das Quecksilber muss bis zur Auslösung sicher auf der den Kontakten gegenüber liegenden Seite des Glasröhrchens bleiben, damit der Motor nicht vorzeitig zu laufen beginnt.

Mit viel Geduld klappt das irgendwann. Meine Uhr läuft nun schon zwei Jahre land zuverlässig.

Roland

Hallo Roland,

vielen Dank für Deine detaillierten Ausführungen, ich werde mich auf jeden Fall mit Deinen Ausführungen in Ruhe neben das Werk setzen und sehen, wie weit ich komme.
Zu dem "mysteriösen" Schalter: Als Notabschaltung taugt er nicht, da er ja erst bei hochgezogenem Gewicht Strom zum Quecksilberschalter durchlässt. Als Notschalter müsste er ja genau dann abschalten.
Gut möglich, dass er nicht mehr tut, was er einst hätte tun sollen, aber meine andere Bürk hat solch einen Schalter erst gar nicht, daher ermangelt es mir an Vergleichsmöglichkeit.

Gruß
Fridtjof

Hallo Fridtjof,

Roland hat schon eine super Beschreibung abgegeben. Hier noch ein Tipp von mir: um ein präzises Schalten der Kontakt zu erreichen, ist es wichtig, dass die Kette nicht verdreht ist! Das ist zwar ein bisschen Frimelei, aber es lohnt sich. Das führt in der Regel zum Erfolg.

Gruß Thomas

Lieber Roland,

bin seit zwei Wochen auch permanent am rumregulieren des Motorschalters.
Den Auslösenocken hab ich synchron mit einem 5-Minuten-Impuls gestellt; ich nehme doch an, daß die Minutenschaltung mit der 5-Minutenschaltung synchron sein sollte. Daher denke ich, daß man da nichts mehr regulieren sollte.
Bleibt für das regulieren nur der Hebel, der den Schalter hebt.
Ich hab aber den Eindruck, daß im Zusammenspiel mit dem Gewichtsaufzug irgendwas nicht parallel läuft. Es scheint so, daß irgendwann immer der Hebel nicht mehr rechtzeitig aus seiner Nut am Exzenterrad gehoben wird, so daß der Schaltvorgang nicht stattfinden kann. Das würde ja bedeuten, daß das Gewicht nicht weit genug abfällt innerhalb einer Minute.
Die Kette hab ich extra geöffnet und neu parallel eingehängt, damit da nichts verdrillen kann.

Es muß doch irgendeine firmeneigene Reguliervorschrift geben, nach der das im Werk gemacht wurde; da haben doch kaum die Schuldirektoren /Bahnhofsvorstände etc. wochenlang dran rum gebastelt...

Hast Du mittlerweile ein Rezept, einen weg gefunden, wie man da systematisch vorgehen könnte?

Bin dankbar für alle Hinweise!!

Gruß
Johannes

Hallo in die Runde,
die Bürk ist eine robuste, gut konstruierte Uhr. Die Einstellung des Quecksilberschalters ist aber in der Tat eine frickelige Geschichte. Wenn er dann aber justiert ist, läuft die Uhr viele Jahre gut und genau. Anbei gern die Beschreibung - damit solltest Du weiterkommen. Viel Erfolg!
Gruß
Gerrit

Das ist ja genau das, was ich brauche!
Voll genial!!

1000 Dank!
Johannes

Genau das habe ich auch gesucht. Danke !