Hallo, ich hab' die Uhr Ende 2017 hier in München zu einem Uhrmacher gebracht, der sie (nach seiner Info) zerlegt und gereinigt hat, und wieder zusammengebaut hat (klar) und das alles für einen dreistelligen Betrag im oberen Bereich. Seither pendelt sie, ich meine die Uhr selber, zwischen meiner Wohnung und seiner Werstatt :-) Das Uhrwerk selber geht, das Schlagwerk verstellt sich immer nach kurzer Zeit. Hier habe ich zwei solcher Fälle, die ich intensiv zwecks Problemanalyse beobachtet habe (und auch dem Uhrmacher so mitfeteilt habe). Hier zwei Beispiele der Reklamationen:
... Das Schlagwerk verstellt sich kurze Zeit nach der Regulierung von selber. Gestern am Sonntag hatte ich die Muße, das genau zu beobachten nachdem ich Uhrzeit und Schlagwerk justiert hatte:
Ich habe mich letzte Nacht auf die Lauer gelegt, d.h. meinen Computer immer zur vollen und halben Stunde die Geräusche aufzeichnen lassen., nachdem ich um 17 Uhr Das Schlagen auf 5x eingestellt hatte. Hier die Daten:
Wie gesagt, ich hatte die Uhr ein paar mal bei ihm und er meinte immer, sie gänge nun. Was soll ich tun? Gibt es bessere Beobachtungsmethoden um den Fehler einzugrenzen?
Es bedarf keiner weiteren Beobachtung. Der Fehler liegt ziemlich klar auf der Hand. Wie schon geschrieben handelt es sich wahrscheinlich um ein Schlossscheiben-Schlagwerk. Entweder ist das Zusammenspiel von Einfalle und Anlaufrad nicht richtig eingestellt oder der Abstand des PINs auf dem Anlaufrad zur Einfalle ist äußerst knapp (z.B. PIN verbogen, Anlaufrad eiert etwas). Dadurch wird es wohl gelegentlich (ein kleiner Klemmer oder eine kleine Unregelmäßigkeit auf der Schlossscheibe reicht dafür aus) zu einem verfrühten Abschalten des Schlagwerks kommen und schwupps ist die Schlagfolge verstellt.
Die Tatsache, dass der Uhrmacher das nicht erkennen kann / will ... vielleicht hat er nicht so viel Ahnung von dieser Art Großuhrenwerk ... vielleicht nimmt er sich nicht die Zeit den Ablauf im Schlagwerk genau zu betrachten ... was auch immer.
Zu seiner möglichen Ehrenrettung möchte ich allerdings sagen, dass man bei runtergewirtschafteten Uhrwerken manchmal böse Überraschungen erlebt und dann die grauen Zellen intensiv anstrengen muss um eine gangbare Lösung zu improvisieren. Nimmt man allerdings einen hohen dreistelligen Betrag für die Restauration sind die Erwartungen zu Recht auch hoch.
Vielleicht führen deine beharrlichen Reklamationen dazu, dass er das Werk nochmals auseinander nimmt und komplett neu zusammensetzt. Ich vermute mal, dass er das bis jetzt vermieden hat / vermeiden will, denn das bedeutet alles nochmal reinigen, probeweise zusammensetzen, Fehler lokalisieren, entgültig zusammenbauen, neu ölen. Mit anderen Worten Arbeit, Arbeit und nochmal Arbeit ohne eine weitere Rechnung stellen zu können.
Oder die Schloßscheibe ersetzen, falls gleiches Teil vorhanden. Manchmal wurde auch schon kräftig gefeilt, somit stimmt die Teilung nicht mehr und man macht sich muselig...
Vom Handwerk kann man sich zur Kunst erheben. Vom Pfuschen nie. J.W.v. Goethe
Solche Schlagwerke können einen Uhrmacher schon mal an den Rand des Warnsinns treiben! Immer wieder habe ich solche Werke, wo von Pfuschern kräftig herumgebogen, abgefeilt, dazu gelötet und andere Scheußlichkeiten verübt worden sind. Dies alles zu finden und zu berichtigen, kann schon mal mehrere Anläufe bedeuten. Optimalerweise sollte das in der Werkstatt passieren, und nicht beim Kunden.
Ich bewundere aber, wie akribisch du hier vorgehst. Eigentlich reicht es aber schon, wenn das Schlagwerk im laufenden Betrieb nicht mehr synchron mit der Zeit/Zeiger ist um einen tatsächlichen Fehler zu diagnostizieren. Ich wünsche deinem Uhrmacher gutes Gelingen und dir noch mehr Geduld als du eh schon aufgebracht hast.
Normalerweise habe ich keine Probleme mit dem Einstellen von Schlagwerken. Aber einmal bin ich doch fast verzweifelt, der Fehler war so wie geschildert. Allerdings handelte es sich dabei um ein Rechenschlagwerk, aber die Fehlerursache war wie von Thomas angedeutet. Der Stift vom Anlaufrad fällt so blöd auf den Auslösehebel, daß er nicht auf die Fläche fällt, sondern auf die "Spitze". Dadurch wird der Auslösehebel blockiert und läßt sich nicht weiter anheben. Folglich kann sich der Auslösenocken auch nicht weiter drehen und das Uhrwerk bleibt stehen. Der Fehler beim Auftreffen des Anlaufstifftes auf den Auslösehebel beträgt aber nur einen winzigen mm-Bruchteil, deshalb tritt dieser Fehler auch nicht regelmäßig auf, u.U. erst nach Tagen. Das erschwert die Fehlersuche zusätzlich.
ich hatte die Uhr im Herbst 2019 nochmals als Reklamation zu besagtem Fachmann gebracht und sie vor ca. 14 Tagen abgeholt. Sie schlägt jetzt korrekt. Das einzige, was mich jetzt nocht nicht völlig zufrieden stimmt, ist die Dauer der beiden Spiralfedern. Ich muss diese alle ca. 5 Tage aufziehen und kann dabei auf jeder Seite nur ca. 1.5-2 volle Umdrehungen mit dem Steckschlüssel machen. Leider habe aus der Vergangenheit keine Erinnerung daran, ob das schon immer so war und wollte deshalb hier fragen, ob das normal ist oder ob ich nochmal zu F*werk fahren sollte (was ja im Moment eh in Bayern verboten wäre).
nein, normal ist das von Dir beschriebene Verhalten nicht. Diese Regulatorenwerke sind in der Regel 7 Tage Werke, mit einer Gangreserve, d. h. im "Normalbetrieb" 1x pro Woche aufziehen. Nach Vollaufzug sollte das Werk je nach Reinigungszustand und Federn-Alter 8-10 Tage laufen.
Was mich stutzig macht, sind die wenigen Umdrehungen, die Du machen kannst. 2 Umdrehungen sind viel zuwenig, eher 4-5 Umdrehungen sollten es sein.
Das kann mehrere Gründe haben: 1. Die Uhr ist nicht korrekt revidiert worden. Bei geringer werdender Zugfederkraft bleibt das Werk stehen, obwohl die Feder noch nicht ganz abgelaufen ist. 2. Jemand hat die Federn zu Reparaturzwecken stark gekürzt (eher unwahrscheinlich) 3. Eine falsche Feder ist verbaut.
Tja Matthias, wie Matthias geschrieben hat, ist eine Laufdauer von fünf Tagen und nur zwei volle Umdrehungen mit dem Aufzugsschlüssel nicht normal. Mir ist allerdings noch ein weiterer Grund als Ursache dafür als die drei von Matthias genannten eingefallen. Das Uhrwerk könnte mit einer Aufzugsbegrenzung ausgerüstet sein (nennt man gelegentlich auch Malteserkreuz). Wird sowas beim Zusammenbau falsch zusammengesetzt/eingestellt, dann kann man die Federn nicht mehr vollständig aufziehen. Allerdings wird das nicht allzu häufig verbaut. Aber wer weiß.
Das Uhrwerk könnte mit einer Aufzugsbegrenzung ausgerüstet sein (nennt man gelegentlich auch Malteserkreuz). Wird sowas beim Zusammenbau falsch zusammengesetzt/eingestellt, dann kann man die Federn nicht mehr vollständig aufziehen.
Im Umkehrschluss bewirkt das Malteser Kreuz ebenso eine Ablaufsperre. Also, wie Markus schon sagt, wenn das falsch eingestellt ist kann die Uhr auch früher stehen bleiben (Ablaufsperre greift) als die ursprünglich vorgesehene Laufzeit.
Ein Bild vom Werk haben wir leider nicht, die Uhr scheint aber ein Standard-Regulatorenwerk zu haben. Da ist mir in meiner Laienpraxis noch nie eine Stellung begegnet. Man sieht sie gelegentlich an noch älteren Wiener Uhren mit Fadenaufhängung. Aber auch dort haben Reparateure aus Bequemlichkeit in 80% aller Fälle die Finger abgebaut.
Ein Blick hinter das Zifferblatt würde Klarheit bringen.
Zitat von Alberich im Beitrag #26Hallo Markus und Henning,
Ein Bild vom Werk haben wir leider nicht, die Uhr scheint aber ein Standard-Regulatorenwerk zu haben. Da ist mir in meiner Laienpraxis noch nie eine Stellung begegnet. Man sieht sie gelegentlich an noch älteren Wiener Uhren mit Fadenaufhängung. Aber auch dort haben Reparateure aus Bequemlichkeit in 80% aller Fälle die Finger abgebaut.
Ein Blick hinter das Zifferblatt würde Klarheit bringen.
Viele Grüße, bleibt gesund!
Matthias
Hallo,
RegulatorWerk-seitlich.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) danke für die Anmerkungen und Hinweise. Bzgl. Bild kann ich nur eines von der Seite anbieten.
Ich sehe nun folgende Alternativen: 1. damit zu leben 2. die Uhr nochmal zu F*werk zu bringen (btw: warum merkt das ein Uhrmacher nicht selber?) 3. auf Garantieleistung zu verzichten und einen anderen Uhrmacher zu suchen (Vorschläge?)
Hallo Matthias, aus dem Foto werde ich jetzt nicht schlau, aber ich wollte Dir in Einem zustimmen ! Der Uhrmacher merkt beim Aufzug für einen Probelauf (nach der Revision) natürlich, daß sich das Gehwerk nur mit zwei Umdrehungen aufziehen läßt. Eigentlich merkt er das schon bei einer gut durchgeführen Revision beim Blick ins Federhaus oder danach beim Ausbau der Feder.
Ist leider so, aber das alles wirft kein gutes Licht auf die Werkstatt. Schon gar nicht nach eindeutigen Reklamationen.
ich habe mich etwas im Internet umgesehen, und plane mir dieses Buch zu kaufen
Reparatur antiker Pendeluhren (Buch von Hans Jendritzki)
Nicht, dass ich das selber reparieren könnte oder will, einfach um besser zu verstehen, worum es geht wenn jemand von "Malteserkreuz" usw. spricht. Auf die 40 Euro kommt es nun auch nicht mehr an. Oder gibt es etwas besseres an Literatur zu Pendeluhren?
der "Jendritzki" ist ein sehr gutes Buch, aber eher für Uhrmacher und Reparateure gedacht. Für Dich nicht erste Wahl, da werden viele Fachausdrücke benutzt und nicht erklärt.
Dir, als interssiertem Laien, würde ich empfehlen: Klaus Dinger: "Die Großuhr, Pendule Regulator & Co" aus dem Heel Verlag.
Die Malteserkreuzstellung wird im Internet recht gut beschrieben, wobei ich mir fast sicher bin, daß Deine Uhr das nicht hat. Ansonsten hat Nils recht. Ein Uhrmacher, der eine reparierte Uhr ohne Dauerlauftest ausliefert, taugt (für Großuhren) nichts.
24.03.2020 12:55 (zuletzt bearbeitet: 24.03.2020 13:04)
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