Inzwischen schon recht geübt und durchaus erfolgreich im Revidieren von Taschenuhren (allerdings ohne Komplikation) habe ich gedacht, ich könnte es auch mit einer Großuhr aufnehmen und habe mir die Wanduhr von Freunden vorgenommen. Allerdings mit Komplikation (Schlagwerk), was ein Teil des Problems ist. Es geht um ein Pendeluhrwerk von Gustav Becker (ca. 1890 - 1900, Pendellänge 42 cm), welches ich erstmal kurz vorstelle, damit auch die einen Eindruck haben, die es nicht in- und auswendig kennen, und zwar im Fundzustand.
Werkseite (Pendel / Teil d. Schlagwerks):
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ZB-Seite (mit Gesperren, Zeigerwerk und einem Teil der Schlagwerkmechanik:
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Blick von oben:
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Man sieht, eine Revision mit gründlicher Reinigung war eigentlich gar keine schlechte Idee und sollte das Teil vermutlich schon wieder ans Laufen bringen.
Nach Abnahme der ZB-seitigen Platine sah es so aus:
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Da habe ich mir schon gedacht, dass es ein ziemliches Gefummel geben wird beim Zusammenbau. Und an dieser Stelle bin ich jetzt wieder, nachdem alles recht hübsch gereinigt ist:
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Aber nachdem ich ein paar Stunden vergeblich mit dem Versuch zugebracht habe, die ZB-seitige Platine aufzusetzen, bin ich zu dem Schluss gekommen: Das geht überhaupt nicht! Also nicht für jemanden mit nur zwei gesunden Händen mit insgesamt lediglich zehn Fingern: Ich soll die Platine auf die vier Pfosten setzen, wobei die nicht mal gut aufgleitet, so dass man nicht gut "fühlen" kann, wann ein (weiterer) Zapfen im Lager sitzt. Und bei dem einen Arbeitsgang sollen insgesamt die beiden Federhäuser (na gut, geht am Anfang fast von alleine), das Gangwerk: 4 Räder (Linie Minutenrad - Ankerrad und alles links davon), dazu das Räderwerk des Schlagwerks: 4 Räder und 1 Windbremse, sowie 2 Achsen mit Mechanik (rechts außen) ohne Schaden zu nehmen eingesetzt werden. Also 13 (in Worten dreizehn) Zapfen bzw. Wellen gleichzeitig! Hinzu kommt, dass beim Schlagwerk mind. zwei der Räder auch noch in best. Weise gedreht stehen müssen. (In diesem Punkt kann ich mich auch täuschen, aber diese Hoffnung ist gering.) Ja - ich habe alles genau dokumentiert und weiß, wie es stehen muss, aber das bleibt doch nicht 10 Sekunden so, wenn ich anfang', die Platine aufzufummeln!
(Das Schlagwerk läuft übrigens autark immer diese Folge ab: 1x - 1x - 2x - 1 - 3x - 1x - 4x - .... 11x - 1x - 12x und dann wieder rund. Das regelt im Wesentlichen dieses Schaltrad, das man auf dem ersten Bild sieht. Es wird nach jeder Gongfolge angehalten und wartet auf einen neuen Impuls vom Stundenrad, den es alle 30 Minuten kriegt. Die Uhr schlägt also die vollen Stunden und dazwischen jeweils mit einem Ton die halbe Stunde.)
Ich bin völlig ratlos, wie das gehen soll. Darum frag' ich euch:
- Gibt es ein best. Hilfsmittel, das ich noch nicht kenne? Zum Beispiel eine Substanz zum Ausschäumen, die an der frischen Luft nach ein paar Stunden rückstandfrei verschwindet? ;-)
- Oder hilfreiche Tipps? Zum Beispiel einkneten mit Rodico, das man hinterher mit der Pinzette wieder rausfummelt. ;-)
- Oder (jetzt im Ernst!) eine Anleitung, die für den Schreiber kurz genug zumutbar ist?
- Oder eine praktikable Anleitung irgendwo im Internet? (Mit der SuFu hab' ich hier im Forum noch nichts gefunden.)
- Oder ein Tipp für einigermaßen erschwingliche Literatur, in der das dargestellt ist?
Sonst bin ich - fürchte ich - ziemlich aufgeschmissen und daher wirklich für jeden Tipp sehr dankbar.
Das Gute ist: Ich habe massig Zeit, kann also Tage und Nächte probieren und mir sitzt auch kein Auftraggeber im Nacken, kann also auch mal paar Tage warten.
Egal, wie langwierig es vielleicht ist und wie viel Geduld es überhaupt erfordert - es müsste nur ÜBERHAUPT gehen.
Na dann musst du eben noch etwas weiter fummeln. Das geht schon
Da gibt es sehr viel kompliziertere Werke.
Platine aufsetzen. Minutenzeigerwelle durchführen, Aufzugsvierkante durchführen, die unteren beiden Pfeiler einsetzen, Aufzugsvierkante einsetzen, dann so von unten nach oben alle Räder einsetzen bis zu schlussendlich auch die oberen Pfeiler einsetzen kannst. Wie du erkannt hast ist es etwas gefummel, aber nichts zum Verzweifeln.^^
Vielen Dank für eure Tipps - wie erwartet gibt es keine Wunderlösung. Aber ihr habt mich allesamt gut ermuntert es weiter zu versuchen, auch wenn's fast aussichtslos erscheint. Und ein paar eurer konkreten Hinweise haben mir auch echt geholfen. In der Kombination ging's dann schließlich tatsächlich! Im Grunde hatte ich mich nicht konsequent genug sukzessive vorangearbeitet. Das habe ich nach eurer Ermunterung noch mal getan. Erste Tests sagen, dass sogar die spezielle Schlagwerkproblematik, die ich vermutet hatte, so groß nicht zu sein scheint. Hab' die Mechanik, die den Auslöser vom Stundenrad überträgt, zwar noch nicht montiert, aber der heikle Rest funktioniert. Tipps, die ich jetzt noch nicht anwenden musste, merk' ich mir jedenfalls! Und erneut den Rat, der mir selber wieder eingefallen ist: "Wenn es gar nicht klappen will, dann leg's weg. Für ein paar Stunden, einen Tag, notfalls mehrere. Kann gut sein, auf einmal geht es - leichter als gedacht." Ist was dran!
Für die Einstellung des Schlussscheibenschlagwerks noch dieser Hinweis:
Ich empfehle, das gesamte Schlagprogramm von 1 Uhr bis 12 Uhr vor dem Einbau durchzutesten. Ich habe es nämlich bei einer Uhr erlebt, dass die Konstellation der Zähne und eine gewisse Fertigungstoleranz der Schlussscheibe (=Programmscheibe) dazu führte, dass die Uhr fast immer korrekt schlug, aber um 6 Uhr nur 5mal, dafür um 7 Uhr 8mal. Eine kleine Verschiebung um einen Zahn konnte den Fehler beseitigen.
Auch wenn das jetzt wenig hilfreich ist, es gibt einen 'Grund warum die Lehre zum Uhrmacher 3,5 Jahre dauert. 3 Jahre zum Lernen wie man Räder einfädelt, ein halbes Jahr für den Rest!
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28.09.2015 17:22 (zuletzt bearbeitet: 28.09.2015 17:26)
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