Hallo Forum,

ich bin Besitzer eines Wiener Laterndl. Höhe ca. 135cm. Gangdauer ca. 60Tage. Ohne Schlagwerk. Die Uhr ist sehr, sehr fein gearbeitet.

Ich habe bis dato. aber kein einziges Laterndl gefunden, welches eine Bekrönung hat und schon gar nicht als/mit 'Öllämpchen'

Kann mir jemand einen Hinweis oder Tipp geben, welcher Region oder Werkstatt diese Uhr zuzuordnen ist und was ggf. der tiefere Sinn
dieser Bekrönung ist? Vielen Dank.

Eure Charlotte

WL1.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

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Liebe Charlotte,

Die Uhr sieht ja hübsch aus, sie gib aber vor etwas zu sein was sie nicht ist, nämlich eine alte Wiener Laterndluhr.

Die stilisierte Öllampe als Bekrönung auf dem Dach des Gehäuses hat uns ja auch gleich stutzig gemacht. Vorbild war hier wohl eine Abbildung auf der Titelseite des Kataloges der Sammlung Dr. Sobek im Wiener "Geymüller-Schlössel". Dieses Gehäuse ist aber aus Metall und feuervergoldet. Typischer Weise wurde bei Deiner Uhr auch nicht an Komplikationen und optischen Effekten gespart, was sich werktechnisch noch verbirgt, kann man mit dem einen Bild nicht abschätzen.

wir hoffen, du schätzt Deine Uhr als schöne Deko aber nicht als Wertanlage oder Sammelstück.

Über nachgebaute Dachluhren speziell mit Öllampen ist auch hier nachzulesen:

Werbung: http://www.ebay.de/gds/Falsche-Dachluhren-Laterndluhren-Jahres-Monatslaeufer-/10000000001896822/g.html

LG aus Wien

Hier noch ein Foto von der originalen Uhr aus dem Buch "Die Wiener Uhr" von Friedrich Kaltenböck auf Seite 182.
Sammlung Sobek 1.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
lg Christian

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Sehr interessant! Hab mir das mal durchgelesen bei ebay.
Dass da soviel Fälscherpotential dahinter steck, hätte ich nicht gedacht.

Trotzdem ist die Uhr schön anzusehen....

LG

Vielen lieben Dank für Eure Hinweise. Diesen werde ich natürlich einmal nachgehen.

Was mich nur verwundert ist, dass die Uhr schon seit vielen Jahren in unserem Familienbesitz ist -
also vor Grenzöffnung zum Osten.

Auch ist die Uhr in 2014 über 3 Monate in einer Fachwerkstatt für Antike-Uhren überarbeitet worden,
u.a. Platinen polieren, Wellen tauschen da abgenutzt, Schmutzanteile aus den Haarrissen auf dem
Zifferblatt entfernen, Gehäuse reinigen und überarbeiten etc. Hat mich in der Summe einen vierstelligen
Betrag gekostet.

Den Meister kenne ich seit vielen Jahren und natürlich stellt man auch vorsorglich nochmals die Frage, ob
Hinweise zu einem 'Nachbau - Blender' bestehen. Keine negativen Punkte. Wenn doch, muss sich da einer aber
sehr sehr viel Mühe gegeben haben.

Habt Ihr dazu weitere Infos. Vielen Dank.

Mit den besten Grüßen aus Hannover
Charlotte

Also, ich sage mal, eine Öllampe macht bestimmt noch keine Fälschung aus. Wieviele Freischwinger gibt es mit einem Adler drauf. Würde auch keiner sagen, es sind alles Fälschungen.
Wenn die Uhr doch schon älter ist, sollte man viell. von einem Nachbau oder einer Nachahmung oder Replik sprechen.
In den 70er/80er gab es ja auch noch nicht diese einfachen Vertriebswege (Internet), wo man relativ schnell auch als Fälscher sieht, was momentan in und gefragt ist auf dem Sammlermarkt.

Also, will damit sagen, dass es gut sein kann, dass die Uhr wirklich nicht aus der Zeit stammt, aber trotzdem sehr gut und präzise gefertigt ist. Und immer noch besser, was man heute so in Warenhäuser und Möbelbuden an mechanischen Uhren für teures Geld bekommt.

LG Thomas


....meine Gedanken dazu. Soll natürlich nicht heißen, dass es ich Fälscher unterstütze.

Na ja der Vergleich mit dem Freischwingern stimmt insofern nicht weil das bereits industriell gefertigte Massenprodukte waren, die echten Laterndluhren sind aber fast 100 Jahre älter und noch individuell angefertigte Einzelstücke. Ich hab inzwische in unseren Büchern gestöbert und auch nur diese eine Uhr aus der Sobek-Sammlung mit der Öllampe als Bekrönung gefunden. Das war immer schon ein Einzelstück bis dann 2007 mehrere Nachbauten davon bei eBay auftauchten. Das Problem bei diesen Uhren ist das sie um so hohe Beträge verkauft werden das auch in die Fälschungen viel Geld investiert werden kann. Wo dann ebenfalls bei mir die Alarmglocken läuten ist wenn eine "Fachwerkstatt für Antike-Uhren" die Platinen poliert. Das ist bei musealen Stücken wie diesem ein absolutes NoGo! Des weiteren wurden bei diesen alten Wienern sehr hochwertige Materialien verwendet, da gibt es niemals abgenutzte Wellen die getauscht werden müssen. Das mal ein Zapfen rolliert werden muß kommt normalerweise erst bei späteren Werken, so ab 1850 vor und das der Stahl gar so schlecht ist das man den ganzen Trieb tauschen muss, überhaupt erst bei Uhren nach dem 2. Weltkrieg. Aber um etwas zur Qualität des Werkes sagen zu können müsste man zumindest hochauflösende Fotos vom Werk sehen. Silvia schreibt gleich noch etwas mehr zu dem Thema.
lg Christian

Eine Fälschung, beschönigend im Sprachgebrauch als Falsifikat bezeichnet, ist die bewusste Herstellung eines Objektes oder einer Information zur Täuschung Dritter. Häufig wird bei der Fälschung versucht, ein Original oder ein rechtlich geschütztes Produkt in allen Eigenschaften, Materialien, Signaturen und Markenzeichen so zu kopieren, dass es als Original, als Markenprodukt erscheint. (Zitat aus Wikipedia)

Hier liegt der Tatbestand meiner Meinung nach vor, da der Erbauer der Uhr tunlichst vermieden hat seinen eigenen Namen drauf zu setzen. Anders sieht es aus, wenn ein wahrer Meister wie Josef Sulzer eine Uhr baut, die man in Qualität und Feinheit kaum von einer Fertbauer unterscheiden kann und dann noch bewusst seinen Namen drauf setzt um Verwechslungen zu vermeiden. Das ist dann eine Meisterhafte Replik wie sie auch teilweise für Museen angefertigt wird. Dasselbe gilt auch für Gemälde...

Die Nachfrage nach originalen Biedermeier Dachluhren war auch vor der Ostöffnung so groß, dass der Bestand nicht reichte diese zu befriedigen und die Preise ins astronomische stiegen.
Hier ein Link zu einer echten Fertbauer mit Preisangaben:

http://www.kunstmarkt.com/pages/mag/marktberichte_grossbildansicht.html?berichtid=123794&bildid=122446&bk=013_16

Wir hatten schon einmal die Ehre in das Innere einer echten Fertbauer zu schauen, da erkennt man dann die wahren Meister.

Auch wir haben Repliken von Dachluhren, alte Werke in neuen Kleid, wobei ein guter Dachluhrenkasten auch im Nachbau nicht billig ist. Wir haben aber auch nicht den Preis einer echten bezahlt und den Nachbau im Wissen erstanden, dass wir uns eine Echte sowieso nicht leisten können (s. Link oben...)

Ja, so habe ich es auch gemeint, man sollte eben dann irgendwann selber nicht behaupten, es wäre ein Original.

Aber ansonsten ist gegen ein Replikat nichts einzuwenden.

Eure Gedanken und Ausführungen dazu sind sehr interessant! Danke!

Gruß Thomas

Vielen Dank für Eure Mühen. Ich kann auf die schnelle noch zwei weitere Fotos einstellen

Frondansicht vom Uhrwerk
Detail des Öllämpchens mit Ansicht Funier

Ich muss gestehen, dass ich nicht der absolute Kenner für Laterndl bin. Kann aber sagen, dass z.B. das Funier identische im
Erscheinungsbild ist, wie Funiere von Möbelstücken, die ich besitze und aus dem gleichen Zeitfenster stammen.

Gruß aus Hannover
Charlotte

Also das aufgeschraubet Stunden-Emaille Ziffernblatte würde ich schon als ein Indiz deuten...

Wie man sieht brechen da die Kanten um die Bohrlöcher durch die Schraube aus.
Meiner Meinung nach hätte man zumindest bei einer solch hochwertigen Uhr (was sie ja bestimmt auch ist) eher eine Lünette verwendet wie beim Minutenring.

Ich glaube auch das die Uhr nicht sehr alt ist.
Das Zifferblatt mit seinen Skeletierungen sieht nicht nach großem Meister aus. Das ganze Erscheinungsbild deutet auf einen Nachbau hin. Trotzdem eine nette Uhr.

Michael

Charlotte, ich glaub Dir ohne weiteres, dass das Holz, die Furnier, gut aussehen, da hat sich auch jemand viel Mühe gegeben.

Bei Deinen letzten Fotos kann man durch das skelettierte Zifferblatt das Innenleben ganz gut erkennen.
So schauen Biedermeierzahnräder aus:

Fert2.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

(Fotograf: Phil - von der Fertbauerrevision)

Hallo

Interessant wäre noch der Aufbau des Holzes.

Bei einem Uhrmachertreffen hat Peter Wibmer einmal ein paar Fälschungen gezeigt. Die waren sehr gut gearbeitet, aber am Holz konnte man den Unterschied gut erkennen.

Gruß hermann