Vor einigen Jahren hatte ich günstig in der elektrischen Bucht zufällig ein Elektronom-Werk mit Pendel und Werkschlitten (heißt die Holzplatte so?) kaufen können. Zu der Zeit hatte ich keine Ahnung, um was es sich genau handelt, ich fand den Zylinder neben dem Uhrwerk kurios und den Gummischlauch. Das Werk wirkte auch mich als Laien einfach aufgebaut.















Recherchen ergaben dann recht schnell, was es mit der Kompressorlampe und ihrer Häufigkeit in freier Wildbahn auf sich hat, ich fand die phalos-Überlegungen (und Videos) im Internet und war auch mal bei ihm in Oberbayern vor Ort. Historische Lampenfassungen hatte ich reichlich, aber nirgendwo Aussicht auf eine passende Lampe. Auch den Versuch mit den Klassik-LED-Birnen und entsprechender Nacharbeit bzw. den Betrieb mit 60 Volt zur Brandvermeidung wollte ich nicht unternehmen.

Welches Material?
Also lag das Werk lange Zeit in der „Winterarbeit-Kiste“ und ich machte mich erstmal auf die digitale Suche nach einem zeitlich und stilistisch passenden Junghans-Regulator. Meine Idee: Kombination alt-neu. In den meisten Museen haben sich die Zeiten ja auch geändert und die Präsentation historischer Technik wurde modernisiert. So etwas schwebte mir auch vor, denn ein originaler Elektronom-Kasten ließ sich nicht auftreiben. Zumal die High-tech der 20er Jahre meine Ansicht nach sichtbar sein, bleiben, bzw. werden sollte.

Es fand sich für kaum 70 Euro ein funktionierender Junghans Regulator, der meinen Ideen entsprach. Großes Sichtfenster, schlichtes Design. Leider voll funktionsfähig, also de facto zu schade, um unwiderbringlich ausgeschlachtet zu werden. Also nochmal überlegen: ein Umbaus/Ausbau sollte so erfolgen, dass die Einbauten in den Uhrenkasten beschädigungsfrei rückgebaut werden könnten. Heißt: keine zusätzlichen Bohrungen, keine überdimensionierten neuen Schraubenlöcher, Nutzung des vorhandenen Materials ohne bohren, sägen, schleifen am Uhrenkasten.

Ich war natürlich auch skeptisch, ob ich mit meinen Holz-Hobbymaschinen die Präzision eines namhaften Industriebetriebes in der Fertigung erreichen könnte, wie viele Versuche ich ggf. unternehmen müsste, um das Niveau zu erreichen. Also den Kasten erstmal vermessen. Positives Erstaunen! Entweder haben die Alterung des Holzes, die Lagerung der Uhr unter unbekannten Bedingungen über Jahrzehnte oder die Anforderungen an günstige Massenfertigung schon vor knapp 100 Jahren Gnade walten lassen. Das sollte ich auch mit meinen Erfahrungen und Werkzeugen hinbekommen. Klar, dass mich da auch 2 Unterlegbleche auf der einen und nur eines auf der anderen Seite der Werkbefestigung des Elektronom-Werkes auf die richtige Fährte gebracht haben.
Der Kasten ist insgesamt in einer passenden Größe, das originale Pendel nur wenige Millimeter kürzer als das der Elektronom.

Welcher Antrieb?
Heiße Luft kam nicht in Frage. Aber im Grunde ist es ja eben keine Dampf-Uhr (wie ein Freund immer wieder feixend bemerkte, der beim Projekt später mit seinem Schneideplotter unterstütze), sondern eine Druck-(Antriebs)-Uhr mit Energiespeicher(ung) in der Feder. Deshalb finde ich die Bezeichnung Kompressorlampe auch so schön sprechend.

Kompressoren können Luft zusammendrücken. Kleine Kompressoren könnten in Gehäuse passen. Ich erinnerte mich an meine längst vergangene Jugendzeit und Fischertechnik. Da gab es irgendwann die luftdruckbetriebenen Modelle. Hätte ich mich irgendwann mit „richtigem“ Modellbau beschäftigt, wäre ich sicher schneller auf die kleinen batteriebetriebenen Kompressoren gestoßen. So kam ich irgendwann auf die glorreiche Idee, mal mein altes Blutdruckmessgerät zum Testen zu verwenden. Das zeigte nur noch Fantasiewerte an, die Pumpe lief aber noch einwandfrei. Und sie braucht nicht einmal 6 Volt, auch mit 4,8 Volt wurde der Stempel noch eben so im Zylinder weitestgehend hochgeschoben (es ist die Version mit dem Glaszylinder).



Meine Frau mag keine Kabel an der Wand hängen haben, also wäre auch ein Batteriebetrieb machbar. (Später störte dann leider das sich minütlich wiederholende Geräusch )
Nächstes Thema: die Pumpe ist zwar klein, soll aber nach Möglichkeit dennoch nicht sichtbar im Uhrenkasten angebracht werden. Gleichzeitig wollte ich das Werk samt „Pump-Mechanik“ am Werk sichtbar lassen, idealerweise auch mittels einer Art Akzentbeleuchtung museumsmäßig in Szene setzen.

Wie bleibt alles sichtbar?
Hochtechnologie der Altvorderen in Aktion und ins rechte Licht gesetzt – ein Museum im Kleinen. Im kleinen Regulatorkasten. Echte Glühlämpchen kommen heutzutage ja nicht mehr wirklich in Frage, LEDs bieten sich an, nicht nur wegen der Lichtfarbe sondern auch wegen des Stromverbrauches und der Optik. Das Uhrwerk soll im Betrieb zu sehen sein, insbesondere natürlich die Stempelbewegung des „Lauftaufzuges“. Folglich musste das Werk auch von vorne sichtbar bleiben – das Zifferblatt durchsichtig.





6 LEDs übernehmen die Beleuchtung von oben (8 wären aus heutiger Sicht noch besser). Zunächst versuchte ich, das Zifferblatt aus Makrolon bzw. Plexi selbst auszusägen – recht schnell gab ich entnervt auf, weil die Vorstellung von Präzision weit hinter der Realität zurück blieb. Aber es lässt sich ja fast alles im Internet finden und bestellen, hier auch zum vertretbaren Preis.

Die Ziffern und „Minuten-Punkte“ waren das nächste Thema. Ein Freund wollte mit seinem Plotter gerne behilflich sein, aber nicht bei der Erstellung der passenden Datei. Hier gingen Stunden ins Land, bis ich mich mit der Software vernünftig auskannte, um sie so bedienen zu können, dass die Datei auch für das Schneidwerkzeug verstehbar war. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, der Plotter – eigentlich zur Autobeschriftung gebaut – kam an seine Grenzen.

De verchromten Zeiger stammen von einer Junghans Kaminuhr und sind natürlich eigentlich zu jung für die Uhr, aber besser sichtbar als die zeitgenössischen schwarzen – und ich musste das Zeigerfutter nicht ändern, weil sie fast genau gepasst haben. Die Abstandshülsen zwischen Zifferblatt und vorderer Werkplatine fand ich ebenfalls passend im Internet, der Aufwand wäre sonst recht groß gewesen.

Die Umsetzung
Hier sagen ein paar Bilder mehr als 1000 Worte .
Werkschlitten aus der Seitenwange einer Buchenholzschublade aus den 50er Jahren. Von der Dicke her genau passend! Was für ein Glück und viel Arbeit gespart.





Uralte Wasserbeize von einer Schubladenrestaurierung vor ca. 25 Jahren – passender Farbton.
Sperrholz von einer alten Schrank-Rückwand – genug Material, um mehrere Versuche unternehmen zu können.
Schellackmattierung für die Anpassung der Oberflächen.














Werk zerlegt und gereinigt.











Verdrahtung dem Original – soweit ich das auf Bildern erkennen konnte – nachempfunden. Vor allem die „Schiebestecker“ aus Messing an der Rückwand sind noch nicht ganz perfekt, aber funktionieren (jetzt). Hier gab es manchen Kupfer- oder Messingwurm aufzufinden, immer wieder Wackelkontakt, weil das weiche Messing natürlich auch mal nachgibt nach x-mail rein und raus. Da wurde die Geduld auf die Probe gestellt.
Selbstverständlich wollte ich auch keine modernen Kabel an der Rückwand sehen. Hier konnte ich auf Altbestand aus 1936 zurückgreifen – die ich bei unserer Haussanierung in einigen Wänden gefunden hatte (in Leerrohren aus Metall!) und zumindest ein paar Meter davon aufgehoben. Für genau solche Arbeiten.

Beleuchtung und Pumpe separat abschaltbar – für den unbeleuchteten Betrieb und den beleuchteten Nicht-Betrieb (außerhalb der Museums-Öffnungszeiten ).







Das Uhrwerk hatte ich ein bisschen gewundert. Oder vielmehr die Konstruktion der Aufzugssteuerung. Ich hatte angenommen, dass es über die Nocken eine zeitversetzte Ein- und Ausschaltung geben würde. Dass als im Grunde zwei Nocken auf der Welle verbaut wären und die Einschaltzeit steuern würden. Dem ist aber nicht so. Beide Metallzungen werden gleichzeitig geschaltet und die Zeit der Stromzufuhr ist kurz. Da hatte ich Probleme für die Pumpe und die in der Zeit förderbare Luftmenge bzw. den aufbaubaren Druck gesehen. Passt aber, solange die Betriebsspannung bzw. die Stromstärke nicht zu gering sind. Das Werk hatte ich komplett zerlegt und gereinigt, das Lager mit der Nockenwelle hätte der sorgfältige Uhrmacher für einen Kunden wohl ersetzt, ich habe es erst einmal so gelassen, die Uhr soll nicht im Dauerbetrieb laufen.




Die Stunden habe ich natürlich weder gezählt noch notiert – es gab auch manche Schaffenspause wegen der Frustrationserlebnisse. Im Ergebnis bin ich aber erst einmal zufrieden. Aber wer weiß was passiert, wenn doch einmal ein passender Elektronom-Uhrenkasten auftaucht.

ich hätte gerne noch eine kurzen Film eingefügt, habe aber nur mp4 (kleiner 12 MB) und da kommt die Meldung: nicht erlaubt. Wie das über Youtube geht, weiß ich leider nicht, hab dort noch nie was hochgeladen :-(

Vielleicht gefällts auch so.

Markus

Sehr interessanter Bericht, zumal ich selbst eine solche Uhr habe, komplett.
Das Problem dieser Uhren im Original: Während jeder Minute wird die Kompressorlampe mit ca. 60W Leistung für einige Sekunden eingeschaltet. Funktioniert alles nach Plan, kein Problem. Bleibt aber die Uhr während dieser Zeit stehen, bleibt die Lampe an. Man kann sich vorstellen, was 60W über Stunden in einem engen Holzgehäuse anrichten können. Früher hatte ich einige dieser Uhren repariert, und eine hatte ein schon halb abgebranntes Gehäuse. Von daher kann ich gut verstehen, dass Du solch eine Konstruktion nicht dauerhaft laufen lassen willst.
Übrigens habe ich eine originale Lampe, aber die habe ich nur einmal durchgemessen. Ans Netz kommt die nicht, weil die Lampen wesentlich seltener als die Uhren sind. Meine Uhr läuft mit einer nachgefertigten Kompressorlampe, die einen wechselbaren Glühdraht hat. Und eine Thermosicherung, die bei 60°C durchbrennt und die Kompressorlampe berührt. Außerdem läuft sie nicht permanent, sondern nur zur Demo. Dauerndes Laufen wäre aber - wie bei Dir - kein Problem.

Frank

Hallo Markus,
ganz tolles Projekt mit einer guten Idee perfekt umgesetzt, Respekt!
Eine Frage hab ich noch, was für eine Pumpe hast Du denn letztendlich verwendet? Ist es bei der aus dem Blutdruckmessgerät geblieben?

lg Christian

Hallo Christian,
ja, bei der ist es geblieben. Ich hatte mir eine noch kleinere aus dem Land der aufgehenden Sonne beschafft. aber da reichte der in der kurzen Einschaltzeit produzierte Luftmenge bzw. der Druck nicht aus, um den Stempel verlässlich ganz nach oben zu bringen. Heißt, der "Aufzugshaken" wurde nicht zuverlässig einen Zahn weitergeschoben. Außerdem war die noch deutlich lauter. Trotz der Versuche, sie vibrationsentkoppelt (schlichter Schaumgummi um den Antriebsmotor wickeln) einzubauen. In der Einbauphase hatte ich vergessen, Fotos zu machen. Ein größere und leisere hatte ich auch ausprobiert, aber da hätte ich die gesamt Einbaukonstruktion neu bauen müssen, weil der Abstand zur Gehäuserückwand um ein paar Millimeter zu greing wars, sprich der Pumpendurchmesser zu groß,
Interessant vielleicht auch, dass die Teile des originalen (roten) Gummischlauches noch verwendbar waren!
VG
Markus

Hallo Frank,
vielleicht ist deshalb auch nur das Werk übrig? Das Thema "Feuer in der Uhr" hatte ich im Internet auch gefunden, Benny hatte mir auch vom Nachbau der Kompressorlampen mit wechselbarem Glühdraht berichtet (dazu gibt es ja auch irgendwo ein Video), aber der ehemals Nachfertigende fertigt wohl nicht mehr nach. Wirkte auch echt aufwendig.
Wenn ich ein komplettes Original hätte, würde ich die wohl auch nur unter Aufsicht kurzzeitig laufen lassen. Aber das Risiko, dass die Lampe durchbrennt bleibt natürlich trotzdem.
VG
Markus

Hallo Markus,
schöner Bericht und ein tolles Ergebnis.
Eigentlich denkt man, man hat schon alles gesehen, aber dann so was. Ich hatte ein Uhrwerk mit Spiritusmotor und Beheizung über einen Widerstand. Die Idee, es in einem Sichtgehäuse zu präsentieren habe ich leider damals verworfen und es weitergegeben.
Viel Freude daran, Werner

Die Pumpe verbirgt sich hinter der Abdeckung (natürlich mit antiker stilechter Rundkopf-Holzschraube) verschraubt. War als "Wartungsdeckel" gedacht, wird aber hoffentlich erstmal jahrelang geschlossen bleiben.



Einen roten originalgetreuen Schlauch habe ich bis jetzt nirgends gefunden, hatte noch einen ähnlichen von Omas Entsaftertopf - aber der zerbröselte leider :-(

Auf diesen Steckverbindungen würde ich keine 220 Volt haben wollen ;-)



Viele Grüße

Markus

Ja, derjenige, der die Lampen nachgebaut hat, der war ich. Aber leider hat der Glasbläser gestreikt, und nach einer Miniserie von 6 Stück und großem Aufwand habe ich die "Produktion" drangegeben. Meine Uhr läuft damit tadellos, und die Reservelampe ist gut eingepackt.
Frank

Hallo

Danke Markus, ein sehr schöner und auch ausführlicher Bericht - hab`s genossen dabei sein zu dürfen.

Frank

Respekt vor diesem immensen Aufwand!!! Gab es denn schon eine Holzform für die Glaskolben oder hat er freihändig geblasen? Ich wollte mal einen Glasdom für ne Bulle Clockette machen lassen ... sollte aber allein diese Holzform schon 180 Euro kosten. Man hätte damit aber auch jede Menge Gläser machen können. Nen passenden Dom hab ich immer noch nicht (anderes Thema :-))
Grüße
Markus