ich bin neu hier und möcht mich kurz vorstellen. Mein Name ich Günter, komme aus dem Bereich Elektronikentwicklung und habe seit einiger Zeit das Interesse an Großuhren für mich gefunden.
Angefangen hat es mit einer Wagner-Bahn-Hautptuhr(CTW) mit Gleichstellungseinrichtung. Dann habe ich eine einfache Pendel-Wanduhr vor dem Sperrmüll gerettet und diese mit sehr eingeschränkten Fachwissen, aber viel Geduld, zu laufen gebracht. Dabei hat mir das lesen in diesem Forung immer sehr geholfen. Ich will die Uhren auch nicht wieder verkaufen. Ich habe einfach freude daran, mich damit zu beschäftigen und etwas neues dazu zu lernen. Falls ich in desen Beitrag falsche Begriffe/Bezeichungen verwende bitte ich mir das nachzusehen.
Nun habe ich eine Hermle Schwebeanker Kaminuhr mit Westminsterschlag auf dem Flohmarkt erstanden. Schwebeanker ... was ist das denn wieder? Nach viel beobachten und lesen glaube ich nun einen Schwebeanker ausreichend zu verstehen. Nun sollte die Uhr aber auch wieder richtig funktionieren. Dazu würde ich euere Hilfe benötigen.
Vorab. Ich habe das Uhrwerk (noch)nicht vollsändig zerlegt und gereinigt. Das sieht für mich doch eher nach "kaputtmachen" aus, wenn alle Zahnräder,Hebel und Federn so auf einen Haufen liegen. Das traue ich mich (noch) nicht.
Das Problem bei der Uhr war, dass sie nach ein paar Sekunden immer wieder stehen blieb, nachdem man den Schwebeanker lecht angeschubst hatte. Außerdem hat der Schlag für die vollen Stunden nicht funktioniert. Der Viertelstundenschlag funktionierte.
Das Uhrwerk habe ich aus dem Gehäuse ausgebaut und gesehen, dass der ganze Schwebeankermechanismus eigendlich mit nur zwei Schrauben an der Platine befestigt ist. Ich war mutig und habe diesen dann abeschraubt. Der Hebel am Schwebeanker zu Geschwindigkeitseinstellung war mit dicken duchsichtigen Lack fixiert ... NEIN. Das war doch kein Lack, sondern scheinbar altes, getrocknetes Öl. Den ganzen Mechanismus habe ich dann ,ganz,ganz, ganz vorsichtig mit Zahnstocher, Isopropanol und einen kleinen Pinsel gereinigt. Nun ist der Hebel für die Geschwindigkeit wieder leichtgängig, die Uhr bleibt auch nicht mehr gleich stehen und funktioniert soweit ganz gut.
Ein Problem mit der Schagauslösung habe ich aber noch, bei dem ich nicht weiter komme. Das Schlagwerk wird immer erst ausgelöst, wenn der Minutenzeiger ca. Minuten zu weit steht. Nicht, wie er doch eigendlich sollte, auf Minute-0-15-30-45. Kann man(ich) das einstellen oder ist das so in Ordnung?
Abend und herzlich Willkommen Der Minutenzeiger hat meist ein Messingfutter - das mit einer Spitzzange so verdrehen, daß die Zeigerstellung wieder mit der Schlagauslösung zusammenpasst - also das Futter etwas gegen den Uhrzeigersinn zurückdrehen
@Oggy. Ebenfalls einen schönen Abend und Danke für die Begrüßung und den Tip.
Eine Frage zur Sicherheit, bevor etwas kaputt geht. Mit Futter ist der Vierkant gemeint, auf der der Minutenzeiger aufgesteckt wird? Dafür brauche ich das Werk dann ja nicht einmal mehr aus dem Gehäuse ausbauen?
Das Werk muss nicht ausgebaut werfen Du drehst die kleine Rändelschraube vor dem Minutenzeiger ab und ziehst den Zeiger nach vorne ab. Das Innenfutter des Zeigers, das auf die Minutenwelle gesteckt wird, lässt sich nit sanfter Gewalt verdrehen
Zitat von _Willy im Beitrag #1Nun habe ich eine Hermle Schwebeanker Kaminuhr mit Westminsterschlag auf dem Flohmarkt erstanden.
Eigentlich war das schon der Fehler Nummer 1. Die Werke dieser Kaminuhren/Buffetuhren sind praktisch immer fritte - wenn ich das mal so flapsig sagen darf. Zum Üben kannst du es benutzen. Soll daraus allerdings ein voll funktionsfähiges Werk werden, muss vieles erneuert werden.
Zitat von _Willy im Beitrag #1Das Problem bei der Uhr war, dass sie nach ein paar Sekunden immer wieder stehen blieb, nachdem man den Schwebeanker lecht angeschubst hatte.
Es wird nicht nur die Schwebeunruhe an sich sein, die zu Problemen führt. Meist sind die Lager gerade der kleinen Räder oval ausgelaufen, von Steigrad, Sekundenrad, Zwischenrad. Dies führt zu einem starken Kraftverlust bis zur Unruhe. Es ist zwingend notwendig diese Lager neu zu machen, ansonsten wird an der Unruhe nie ausreichend Kraft ankommen um für eine ausreichende Amplitude zu sorgen.
Zitat von _Willy im Beitrag #1Der Hebel am Schwebeanker zu Geschwindigkeitseinstellung war mit dicken duchsichtigen Lack fixiert ... NEIN. Das war doch kein Lack, sondern scheinbar altes, getrocknetes Öl. Den ganzen Mechanismus habe ich dann ,ganz,ganz, ganz vorsichtig mit Zahnstocher, Isopropanol und einen kleinen Pinsel gereinigt. Nun ist der Hebel für die Geschwindigkeit wieder leichtgängig, die Uhr bleibt auch nicht mehr gleich stehen und funktioniert soweit ganz gut.
Öl an der Schwebeunruhe ist immer ganz schlecht, da es fast unmöglich ist alten Dreck aus dem Röhrchen zu bekommen, auf dem die Unruhe sitzt und durch welches der Führungsdraht läuft. Die Unruhe kannst du in ausgebautem Zustand testen: Du lenkst sie 270° aus und stoppst die Zeit, die sie braucht um zum vollständigen Stillstand zu kommen. Falls es sich um ein großes rechteckiges Werk mit großer Unruhe handelt, sollte die Unruhe mind. 2,5 Minuten bis zum vollständigen Stillstand brauchen - besser sind 3 Minuten. Eine kleine Unruhe aus einem runden Werk sollte 2 Minuten bis zum Stillstand brauchen. Ansonsten ist sie leider ... fritte.
Ich hoffe ich habe nicht alle deine Illusionen zerstört und dich frustriert. Aber ich wollte dir das grundsätzlich sagen, bevor du dich mit dem Schlagwerk und anderen Nebensächlichkeiten abmühst ... und am Ende trotzdem keine funktionsfähige Uhr dabei rumkommt.
Ist die Uhr/das Werk jünger als Baujahr 1961, dann bekommst du übrigens noch alle Teile neu bzw. kannst das Werk komplett neu kaufen, falls die Uhr sehr schön ist und alle Reparaturversuche fruchtlos enden.
Zitat von _Willy im Beitrag #1 Schwebeanker ... was ist das denn wieder? Nach viel beobachten und lesen glaube ich nun einen Schwebeanker ausreichend zu verstehen.
Den "Schwebeanker" gibt es eigentlich gar nicht. Die Uhr hat einen Ankergang mit einer "schwebenden" Uhnruh, was zur deutlichen Verringerung der Reibung führt . Aus diesem Schwebe-Ankergang ist dann das irreführende Wort "Schwebeanker" entstanden, obwohl der Anker ja gar nicht schwebt. Aber den Begriff "Schwebeanker" hab ich sogar schon in einem Uhrenkatalog gesehen.
@Nippon-Fan Ja, ich möchte mit der Uhr tatsächlich nur üben, mich mit dem Thema etwas beschäftigen und etwas neues dazulernen. Mir geht es nicht darum am ende eine perfekte Uhr zu haben. Sonst würde ich die Uhr zu einem Uhrmacher bringen, der so etwas kann. Da kenne ich meine Grenzen.
Bei meiner Uhr handelt es sich um ein rechteckiges Werk. Ob die Unruhe die 2,5-3 Minuten schafft werden ich einmal ausprobieren. Zurzeit läuft die Uhr nach dem Aufziehen ca. eine Woche und geht in dieser Woche weniger als zwei Minuten nach.
Nein, Du hast mich nicht fustriert.Im Gegenteil. Der Zustand meiner Uhr hat sich doch schon etwas verbessert.
Ein Baujahr ist auf der Platine für mich nirgens zu erkennen.
IMG_5509.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
@Gnomus Dass Schwebeanker so nicht richtig ist habe ich hier im Forum gelesen. Hermle hat es aber genauso auf das Zifferblatt geschrieben.
Zitat von _Willy im Beitrag #7Bei meiner Uhr handelt es sich um ein rechteckiges Werk.
Bei dir handelt es sich um ein frühes 350er Werk von Hermle - Baujahr dürfte so zwischen 1957 und 1959 liegen. Das kann man an der Brücke auf der Rückplatine erkennen unter der Steig-, Sekunden- und Zwischenrad liegen. Ab 1960/61 verschwand die Brücke und die Räder wurden zwischen den Platinen gelagert. Am Steig- und Sekundenrad kannst du schwarzen Schmodder in den Lagern erkennen. Würdest du die Brücke abnehmen, die Lager reinigen, dann würdest du nach dem Wiederaufsetzen erkennen, dass die Lagerzapfen dort zuviel Spiel haben. Bewegt man das Gesamträderwerk bei eingebautem Anker und ausgebautem Federhaus abwechselnd vor und zurück, kann man dann erkennen wie die Lagerzapfen in den geweiteten Lagern hin- und herspringen. Das ist der von mir erwähnte Grund für den verringerten Kraftfluss an die Unruhe. An dieser Brücke kannst du das Setzen neuer Lagerbuchsen übrigens gut üben, wenn du dich mal getraust. Das Handling der kleinen Brücke ist natürlich sehr einfach, wenn du dort die Lager ausbohrst und anschließend neue Buchsen einpresst oder -schlägst.
vielen Dank für Deine Hilfe und die Anleitung. Ich werde mich mal an den neuen Lagerbuchsen der kleinen Brücke versuchen.
Gibt es für ein solches 350er Werk spezielle Lagerbuchsen, oder kann ich einfach den Durchmesser der Lagerzapfen messen und die Buchsen bei einem Uhrmacher um die Ecke kaufen?
ich bin auch neu und hätte ein Frage an Dich. Ich konnte mir auch eine Wagner CTU zulegen. Leider war kein Beschreibung dabei. Wo darf ich die 12Volt anschliessen? Danke und Gruss Marcel
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21.11.2022 18:46
mit Zahnstocher, Isopropanol und einen kleinen Pinsel gereinigt. Nun ist der Hebel für die Geschwindigkeit wieder leichtgängig, die Uhr bleibt auch nicht mehr gleich stehen und funktioniert soweit ganz gut.
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