Hallo werte Uhrenfreunde, ich möchte für eine 3/4 Sekundenpendeluhr die Paletten der Grahamhemmung aus Rubin fertigen lassen. Zudem soll die Geometrie der Hebung verändert werden, um die Auslösung des Fall von derzeit 60 Bogenminuten auf 30 bis 40 zu senken. Ich verspreche mir dadurch die Schwingungsamplitude des Pendels zu reduzieren. Wer kann so etwas fertigen? Wer könnte die vorhandenen Stahlpaletten für einen Testprototypen umschleifen?
Danke Christian für den Interessenten Artikel! Bei 60 Bogenminuten Schwingungsamplitude auf der Pendelskala springt der Sekundenzeiger, die Hemmung fällt nach der Hebung auf die Ruhefläche. Das Pendel schwingt bis 90 Bogenminuten (=1,5 Grad) oder mehr. Diese Schwingungsweite möchte ich gerne reduzieren. Eine weitere Verringerung des Aufzugsgewicht wäre vielleicht eine Möglichkeit. Oder eben der Winkel der Hebefläche. Dies verändert aber die Geometrie der Hemmung, was eine Veränderung des Achsabstand von Ankerwelle und Gangrad nach sich zieht. Mal eben einen anderen Hebewinkel anschleifen wird nicht helfen und eher schädlich sein. So mein laienhaftes Verständnis.
Ist der Kasten zu eng, oder warum möchtest Du den Überschwung reduzieren? Falls es Dir um Drehmomentreduzierung geht, dann wäre die Reduzierung des Antriebsgewichtest sicher ein guter Weg.
Ich würde das erst mal mit Stahlpaletten ausprobieren bevor du teure Steinpalletten fertigen lässt. Der Wirkungsgrad des Hebewinkels bei der Graham Hemmung ist sehr stark eingegrenzt. Kleinste Veränderungen lassen den Wirkungsgrad gegen 0 gehen.
Hallo Troesch Ich würde gerne die Frage von Megasonic nochmal aufnehmen: was war Dein Motiv die Amplitude zu verringern? Das Werk war doch sicher irgendwann mal bewusst mit 1,5 Grad geplant und konstruiert worden. Gruß Alex
Hallo Alex, Ich weiß nicht, ob die Siemens-Halske Uhrwerke für 1,5 Grad ausgelegt sind. Ich baue diese Uhren soweit um , dass die gesamte Steuerung für Nebenuhren, der Hubmagnet für den Gewichtsaufzug und evtl. installierte Steuerungstechnik entfernt wird. Das ursprüngliche Aufzugsgewicht von 200 bis 300 Gramm ist dann zuviel, und die Amplitude viel zu groß (> 120 Bogenminuten). Das Gewicht habe ich auf 75 Gramm reduziert und bin nun bei 90 Bogenminuten. Als ideal für PPUs werden 60 Bogenminuten diskutiert (1 Grad). Aufgrund der dann geringeren gespeicherten Energie verspreche ich mir eine weitestgehend laminare Strömung der Umgebungsluft am Pendelkörper, weniger Energieverlust, annähernden Isochronismus der Pendelschwingung und eine Verbesserung der Ganggenauigkeit.
wenig Energie im Pendel hat eher negativen Einfluß auf die Konstanz des Gangs. Im Buch "Die Hemmungen von C. Dietzschold sind einige Tabellen und Hinweise zur Konstruktion von Graham-Hemmungen enthalten. Für 40 Zähne am Ankerrad schlägt er nur Hebewinkel von größer 1,5° vor, das hat wohl damit zu tun. Dies ergibt zusammen mit 0,5° Ruhewinkel die beschriebenen 60`bis zum Schalten der Hemmung. Eine Siemens 3/4s läuft bei mir mit einer Amplitude von 90`schön konstant. Eine weitere Reduzierung der Amplitude ohne Änderung der Paletten durch weitere Reduzierung des Antriebsgewichts hat nicht konstant funktioniert.
Die PPUs sind durchweg Sekundenpendeluhren mit entsprechender Pendelmasse. Da funktioniert dann auch 1° Hebewinkel. Dies ergibt mit Ruhewinkel und etwas Ergänzungswinkel etwa 1° Amplitude. Die gespeicherte Energie ist durch die Masse und den längeren Hebel deutlich größer als bei Dir. Gruß Achim
Gerne.. Hallo Thomas, Welche Pendelgewichte planst Du? Ca 2 kg wie Serie, oder schwerer, Linse, Kegelstumpf, Zylinder? Ideal wäre eine Linse oder Kegelstumpf , wegen geringem Luftwiderstand und geringerem Einfluß auf Luftdruck/Dichteschwankungen. Das Konzept Deiner Uhr im Glasgehäuse gefällt mir gut. Ist das Antriebsgewicht von 75g mit oder ohne Umlenkrolle? Gruß Achim
Zitat von TROESCH im Beitrag #9Aufgrund der dann geringeren gespeicherten Energie verspreche ich mir eine weitestgehend laminare Strömung der Umgebungsluft am Pendelkörper, weniger Energieverlust, annähernden Isochronismus der Pendelschwingung und eine Verbesserung der Ganggenauigkeit.
Hmm, da scheint mir Einiges durcheinander zu gehen.
Ob ein Körper laminar oder turbulent umströmt wird, hat (sofern wir die Luftdichte konstant lassen) nur mit der Form des Körpers und der Strömungsgeschwindigkeit zu tun. Ein direkter Zusammenhang zur gespeicherten Energie besteht nicht (Wenn Du z.B. die Linse aus einem Material der halben Dichte fertigen würdest, hättest Du bei gleicher Amplitude nur die halbe gespeicherte Energie, aber die identische Umströmung). Bei einem Sekundenpendel mit 1° Amplitude hat die Linse im Nulldurchgang eine Maximalgeschwindigkeit von 5,5 cm/s. Ein 3/4-Sekundenpendel von 1,5° Amplitude hat eine Maximalgeschwindigkeit von 6,2 cm/s. Deine ursprüngliche Uhr ist also hinsichtlich Strömungsgeschwindigkeit eh schon fast ebenso "gut" wie eine Sekundenpendeluhr (sofern eine geringe Strömungsgeschwindigkeit überhaupt erstrebenswert ist *).
Auch auf den Energieverlust hat die gespeicherte Energie keinen direkten Einfluss: Ersterer ist neben der Amplitude von der Aerodynamik abhängig, letzterer neben der Amplitude und der Pendellänge von der Masse (das o.g. fiktive Pendel von halber Dichte hätte bei gleicher Amplitude die halbe gespeicherte Energie, aber den identischen Energieverlust und somit den halben Gütefaktor Q. Wenn Du hingegen ein unverändertes Pendel bloß mit einer anderen Amplitude schwingen lässt, bleibt (bei laminarer Strömung) das Q hingegen konstant.
*) Zur Frage, ob ein geringer Luftwiderstand, eine geringe Amplitude und ein hohes Q überhaupt erstrebenswert sind, und ob sich so ein "annähernder Isochronismus" erreoichen lässt, schreibe ich jetzt lieber nichts, sonst dürfte der Thread eskalieren.
Vielen Dank erst einmal für Eure wertvollen Beiträge und die angeregte Diskussion.
Das Pendel, das ich verwende, ist eine Eigenkonstruktion: Carbonrohr, Invarstahl und eine Doppelkegelstumpf-Pendellinse. Die Pendellinse hat einen Durchmesser von 160 mm und wiegt 2.720 Gramm. Das Gewicht von 75 Gramm hängt an der Umlenkrolle, die Uhr läuft auch mit 50 Gramm an der Umlenkrolle. Weniger wird für den stabilen Schwung des Pendels eher kritisch sein. Die zuletzt beobachteten Gangwerte, die ich damit erziele, liegen zwischen 0 und 4 Sekunden / Monat. Temperatur- (+/- 6 Grad Celsius) und Luftdruckschwankungen (+/- 20 hPa) scheint das Pendel recht gut zu kompensieren.
Eine Abklingkurve möchte ich demnächst noch aufnehmen. Auch möchte ich noch die Schwingungsamplitude in Abhängigkeit verschiedener Aufzugsgewichte und den Einfluss des periodischen automatischen Gewichtaufzugs mit meiner Zeitwaage vermessen.
Einen sehr großen Effekt, den ich kürzlich beobachtet habe, ist die korrekte Aufhängung und Ausrichtung der Uhr im Lot. Kürzlich musste ich die Uhr in einen anderen Raum umziehen. Dabei habe ich die Ausrichtung des Uhrwerks (nicht des Uhrenkastens) mit einer Wasserwaage geprüft und festgestellt, dass das Pendel neben dem Nullpunkt der Pendelskala steht. Die Pendelskala ist also nicht ganz zentriert. Da hat der Schreiner vielleicht nicht ganz korrekt gearbeitet oder das Holz hat noch etwas gearbeitet...
Nach Neuausrichtung des Uhrwerks im Lot und Prüfung des Abfall mit einem Metronom zeigte die Zeitwaage einen Gangfehler von -7 s/d. Dies erschien mir ungewöhnlich hoch, so einen Gangfehler hatte ich bisher nicht beobachtet. Der Gangfehler wurde am Pendel entsprechend korrigiert: seitdem beobachte ich ein deutlich besseres Gangverhalten mit den oben angegebenen Resultaten.
Zitat von TROESCH im Beitrag #14Kürzlich musste ich die Uhr in einen anderen Raum umziehen.(...) Nach Neuausrichtung des Uhrwerks im Lot und Prüfung des Abfall mit einem Metronom zeigte die Zeitwaage einen Gangfehler von -7 s/d. Dies erschien mir ungewöhnlich hoch, so einen Gangfehler hatte ich bisher nicht beobachtet. Der Gangfehler wurde am Pendel entsprechend korrigiert: seitdem beobachte ich ein deutlich besseres Gangverhalten mit den oben angegebenen Resultaten.
Hat die Wand im alten Raum die gleiche Qualität wie die im neuen Raum? Ein verändertes Schwingungsverhalten (z.B. Trockenbauwand vs. Ziegelmauer) kann durchaus solche Unterschiede auslösen, wie bereits Graham selbst beobachtete: Er hatte eine seiner Uhren bloß auf die andere Seite des Raums umgezogen, worauf sich die Gangrate um 6 s/d änderte. Als er sie wieder an der ursprünglichen Wand befestigte, erholte sich der Gang wieder. Er konnte sich das nur durch eine andere Stärke der Täfelung erklären. Als er den Zwischenraum zwischen Wand und Täfelung mit einem Holzstück aussteifte, lief die Uhr wieder schneller und mit einer größeren Amplitude, ohne dass sich sonst etwas geändert hätte. Und je kleiner die Pendelamplitude ist, desto empfindlicher ist die Uhr auf solche Variationen.
Kontakt
Moderatoren
Foren-Regeln
Links
Xobor-Interview
Uhrenwerkstattforum
Thema drucken
02.11.2021 22:57
Antworten
