Liebe Experten,

ich könnte ein wenig Rat gebrauchen. Es geht um die Aufarbeitung einer alten Uhr (Fotos unten). Ich will hier nicht selbst basteln, sondern das einem Fachmann (oder einer Fachfrau) überlassen. Die Frage ist nur, was am besten geschehen soll.

Es handelt sich um eine etwas mehr als 80 Jahre alte Stowa Antea. Das Werk ist ein Unitas 146, das Gehäuse besteht, so weit ich es sehen kann, aus verchromtem Messing, der Boden ist gedrückt und aus Edelstahl. Ein Kronentubus ist nicht vorhanden. Die Uhr gefällt mir, wie sie ist, mit all ihren Gebrauchspuren, und ich vermute, das wird auch die spätere Besitzerin so sehen.

Es gibt nur zwei Probleme: Allergie gegen Nickel und wahrscheinlich auch Chrom. Und regelmäßige Radfahrten, auch bei nassem Wetter.

Die einfachste Lösung wäre wahrscheinlich ein Armband mit Lederunterlage und der Rat, die Uhr nur bei gutem Wetter zu tragen. Das wäre wohl auch der schonendste Umgang mit der alten Substanz. Ehe ich mich damit abfinde, wüsste ich aber gerne, ob es auch anders geht.

Die Krone fehlt ohnehin und Hautkontakt mit dem Original wäre der Trägerin auch nicht bekommen. Die Frage ist: Ist es möglich und sinnvoll, den mittleren Teil des Gehäuses zu entchromen, nickelfrei zu beschichten und mit einem Tubus zu versehen, so dass eine Krone mit Dichtung verwendet werden kann? Oder gibt es eine andere sinnvolle Lösung?

Ich kann mir vorstellen, dass ein Sammler solche Eingriffe ablehnen würde. Mir liegt es aber nahe zu sagen, dass ich nicht den Sammlerwert optimieren möchte, sondern die Freude der Beschenkten an ihrer neuen Uhr. Und mit Blick auf das alte Uhrwerk und das wahrscheinlich ziemlich empfindliche Zifferblatt könnte man vielleicht sagen, dass auch ein sinnvoller Schutz vor Feuchtigkeit eine Art von pfleglichem Umgang ist.

Zum Feuchtigkeitsschutz würde dann wohl auch ein eingedichtetes Uhrglas gehören und irgend eine Lösung für den ebenfalls ungedichteten Boden. Meine Vermutung war aber, dass die Krone das größte Problem ist. Mir ist klar, dass es hier nicht um ein definiertes Maß an Wasserdichtigkeit gehen kann, für das ein Uhrmacher am Ende womöglich noch garantieren soll. Wenn er selbst diese Arbeiten für sinnvoll hält, um die Alltagstauglichkeit der Uhr zu steigern, dann freue ich mich, wenn er es macht, so gut es sich halt machen lässt.

Auch zum Zifferblatt habe ich eine Frage. Die Patina gefällt mir, aber man kann an einigen Stellen schon ahnen, dass sich demnächst wahrscheinlich Flocken des alten Schutzlacks lösen werden, vor allem, wenn die Uhr nun wieder viel getragen wird. Okay, eine Uhr zeigt das Vergehen der Zeit an. Trotzdem: Lässt sich der gegenwärtige Zustand vielleicht noch für ein paar Jahre oder lieber Jahrzehnte konservieren?

Ich freue mich über Meinungen und Ratschläge und danke schon einmal allen, die bis hierhin gelesen haben, für ihr Interesse.

Viele Grüße
Frank

Stowa Antea 1.jpeg - Bild entfernt (keine Rechte)Stowa Antea 2.jpeg - Bild entfernt (keine Rechte)Stowa Antea 3.jpeg - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo Frank,

hier wird es ganz sicher nicht nur eine Meinung geben.
Ich halte das Vorhaben für kaum durchführbar, da müßte ein ganz neues Gehäuse her. Insgesamt halte ich es auch für falscch, eine Antiquität einer Lebensweise anzupassen, für die sie nicht gemacht wurde.

"Wasserdicht" bekommt man dieses alte Gehäuse nicht. Es gab aber auch "wassergeschützt", was aber bei einem ordentlichen Regen nicht ausreicht, nicht mal duschen würde eine alte wassergeschützte Uhr dauerhaft überleben.

Noch ein ganz anderer Hinweis, Deine Uhr hat keine Stoßsicherung, das macht sie als "Outdoor-Event-Watch" sowieso ziemlich ungeeignet.

Mit Grüßen

Schließe mich Nils an, keine leichte Aufgabe! Das ZB ist vom Design aber auch vom Zustand noch sehr hübsch, mit neuem Glas wird das sicher wieder eine Augenweide - ich mag auch die elends langen, spindeldürren, geraden Zeiger sehr bei so alten Modellen!

Wasserdicht + Gehäuse ohne Allergene ist meines Erachtens aber auch utopisch. Wenn auch auf Chrom (die Krone!!) Allergien bestehen, ist das komplette Ansinnen quasi hinfällig, sorry. Da hilft auch kein (den Boden aufscheuerndes) Durchzugsband.

Ich kenne Leute, die tragen selbstverständlich, aber auch sehr umsichtig sehr alte Uhren. Dazu gehört aber, dass man sich auf die Uhr einlässt und ihr nur das abfordert, was sie leisten kann. Alles andere wird über kurz oder lang zu Schiffbruch führen. Die Liste der Restriktionen ist lang, einiges wurde schon genannt:

- Das Gehäuse ist vermutlich erst vernickelt und dann verchromt. In der Form ist sowas heute schlicht nicht mehr zulässig und für eine Allergikerin eine Zumutung
- Das Gehäuse ist nicht nur nicht wasserdicht, es ist auch nicht spritzwassergeschützt, vielleicht etwas staubgeschützt. Durch das Gehäuse pfeift der Wind. Radfahren im Regen ist wie Duschen.
- Das Werk ist nicht stoßgesichert und hat eine relativ große Unruh. Damit können wir heute kaum noch umgehen.
- Noch hat das Zifferblatt nur Patina. Im täglichen, auch umsichtigen Betrieb wird es Feuchtigkeit abbekommen und leiden. Ist tatsächlich das Zifferblatt so gelb oder das Glas?

Ich kenne die Trägerin nicht. Allerdings erlebe ich häufig Damen, die alte Uhren schätzen, aber sehr rücksichtslos mit den Uhren umgehen, weil sie es einfach nicht anders kennen. Mit einem neu galvanisierten Gehäuse und einem Tubus kann man etwas verbessern. Es bleibt aber das nicht wasserdichte Glas und die fehlende Stoßsicherung. Das kann nur gutgehen, wenn sich die Trägerin jederzeit der Uhr bewusst ist und den Umgang damit berücksichtigt. Aufgrund meiner Erfahrung bin ich sehr skeptisch und ich bange um die schöne Uhr.

Ich mache das ja auch und laufe schon seit Jahrzehnten mit einer jetzt 85 Jahre alten Uhr herum. Aber das ist etwas vollkommen anderes: Erstens ist es eine Taschenuhr, und die liegt an einer schon von Natur aus geschützteren Stelle des Körpers. Zweitens habe ich keine Allergie, was aber auch nicht schlimm wäre, denn das Gehäuse ist aus Edelstahl. Und ich bin Uhrmacher, weiß also auch damit umzugehen. Und trotzdem ist jetzt schon mindestens die 2. Unruhwelle drin, und das 3. Glas. Außerdem musste ich auch schon einmal meine Uhr nach einer Radtour trockenlegen, das habe ich dann aber so schnell gemacht, dass es keine Schäden gab. Daher würde ich es für einen "Normalmenschen" eher ablehnen, so eine Uhr täglich tragen zu wollen.

Frank

Hallo Nils, Carondeb und Lorch,

vielen Dank für die Sorgfalt und die deutlichen Warnungen. Es fällt mir schwer, dieses Vorhaben aufzugeben, vielleicht muss ich das etwas sacken lassen. In einem Punkt bin ich mir allerdings völlig sicher: Ich habe diese Uhr in der Hoffnung gekauft, dass sie in meiner Familie bleibt und mich und die gedachte Trägerin einmal überlebt. Es kommt gar nicht infrage, sie einer Behandlung auszusetzen, die sie nur kurze Zeit überstehen kann.

Dies vorausgeschickt habe ich nun noch eine Frage. Dass es keine Stoßsicherung gibt, hatte ich bemerkt. Nach meiner laienhaften Recherche ist das Kaliber Unitas 146 eher selten. Stowa hat in nahezu gleichen Uhren später auch das häufigere Kaliber Unitas 176 verbaut, von dem es auch eine Version mit Stoßsicherung gibt. Gemessen an dem Aufwand, der im Übrigen in die Aufarbeitung der Uhr gehen würde – wenn ich das Vorhaben nicht aufgebe – wäre die Beschaffung eines solchen Uhrwerks sogar noch vergleichsweise einfach. Weiß vielleicht jemand, ob es passen würde, einschließlich der Öffnungen für die Zifferblattfüße? In diesem Fall könnte man das Originalwerk für ruhigere Zeiten aufheben, die in der Geschichte dieser Uhr ja auch wieder kommen werden.

Andererseits (ich muss mich da zur Ordnung rufen). Dies:

Ich sags mal ganz hart: Eine Stowa mit so einer ganz ähnlichen Optik kann man neu kaufen. Das ist dann eine moderne Uhr mit Garantie und allem, die man täglich tragen kann und die moderne Tragegewohnheiten vermutlich sehr gut verkraftet.

Eine alte Uhr in ziemlich verbrauchtem Zustand so aufzupäppeln, dass sie bei einer allergieempfindlichen Verbraucherin funktioniert bis sie ganz aufgebraucht ist, halte ich für technisch und ökonomisch wenig sinnvoll. Dann lieber eine Neue oder fast Neue tragen und gelegentlich die Alte zum Zeigen und erzählen wie wenig sich optisch in den vielen Jahren geändert hat aus der Schublade holen.

Grüße
Norbert

Statt vieler unrealistischer Klimmzüge:
Warum nicht die moderne, alltagstaugliche Version dieser Uhr anschaffen - und die gezeigte als originalen historischen Urahn und Sammelstück behandeln?

Liebe Leute,

ich muss zugeben, es fällt mir zunehmend schwer, den Umstand zu ignorieren, dass die Leute, die ich um Rat gebeten habe, mir tatsächlich auch einen Rat gegeben haben.

Vielen Dank, sagt
Frank.

Ich habe eine Version der Stowa von 2010, die auch meine Lieblingsuhr ist. Etwas schockiert war ich, als ich sah, dass der Preis aktuell 1050.- EUR ist (damals 420.- EUR). Da habe ich mir noch eine China-Variante (leider etwas größer und Automatik) für grobe Einsätze geholt :-)

Feice-Stowa.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

LG, Willy