Jetzt ist es schon gut 30 Jahre her. Und als nachträgliches Geburtstagsgeschenk für Phil (gestern, nicht wahr?) will ich das Stück beschreiben und auch ein wenig zur Herstellung sagen.



Heute würde ich die Uhr an einigen Stellen anders bauen. So würde ich die Uhr nicht mehr zum Vergolden weggeben, denn eigentlich war ich enttäuscht, als ich die Uhr wieder bekommen habe: Die schönen Oberflächen stark verändert, die Teile wurden recht dick untervernickelt. Heute würde ich die Teile mit Hartgoldplattierung selbst vergolden – ohne Untervernickelung. So würden die im Meisterstück erzeugten, schönen Oberflächen erhalten bleiben, außerdem hätte ich keine Probleme mit der Montage aufgrund veränderter Toleranzen gehabt. Außerdem würde ich heute ein anderes Zifferblatt bauen, hinter Glas mit Bedruckung. Oder ein versilbertes Blatt mit eingefrästen Zahlen. Aber das ist ja auch 30 Jahre her, und in der Zeit lernt man auch dazu.

Die Uhr ist nur inklusive der Glasglocke knapp 9cm hoch, das eigentliche Räderwerk hat in etwa die Größe einer Taschenuhr. Die Elektronik der Uhr basiert auf der Tissot 2030, einer frühen Quartzuhr von ca. 1976. Der Aufbau vereinfacht sich dadurch, weil dieses Uhrwerk einen kompletten Motor hat, der im Ganzen übernommen werden kann. Außerdem kann auf ein eigenes Zeigerstellungsgetriebe verzichtet werden, weil man die Zeit mit einem Reed-Kontakt und einem kleinen Magneten einstellen kann. Dazu später mehr. In dem originalen Werk drückte man zum Schließen des Kontakt-Modus „Zeigerstellung“ die Krone. Das Bild der Original-Armbanduhr kommt übrigens von einer Neuuhr, die ich zufällig gesehen und gekauft habe, um eventuell E-Teile zu haben.



Der mechanische Teil basiert auf einer (mir leider heute unbekannten) Unitas-Uhr. Weil aber das Räderwerk kraftlos läuft, ist ein Verschleiß nicht zu befürchten.

Der Meisterkurs lief damals in Hildesheim vom Januar bis Juni 1988. Er bestand aus einem theoretischen Teil, also richtigem Unterricht. Außerdem lernten wir, mit Support und Drehbank zu arbeiten. In diesem halben Jahr wurde neben einigen Übungsteilen der Standfuß, Unterteil des Werkes (unterhalb des Zifferblatts) und das Zifferblatt gefertigt. Die eigentliche Uhr wurde dann innerhalb der Prüfungszeit innerhalb einer Woche (oder waren es nur 3 Tage??) gebaut. Beim Zifferblatt hatten wir freie Gestaltungsmöglichkeiten, alle anderen Änderungen des Plans mussten genehmigt werden.
In unserem Kurs sind einige auf die Idee gekommen, die Uhr mit einer Solarzelle anzutreiben. Sollte auch bei dieser Uhr sein. Von heute aus gesehen ein Flopp: Damals gab es eine Zelle von Renata, in Größe der 392, die wieder aufladbar sein sollte. Im Nachhinein hatte sich herausgestellt, dass diese Zellen auch nicht länger hielten also die normale 392, aber das Zehnfache kosteten. Außerdem hätte man die Zelle nach hinten bauen sollen, damit die Uhr, am Fenster stehend, sich nicht selbst in der Sonne steht. Die Solarzelle aus einem geschlachteten Taschenrechner wurde also von unten im Fuß befestigt und bekam eine kleine Leitung nach oben zur Elektronik.



Das Zifferblatt wollte ich als Emailblatt fertigen. Ich weiß noch, wie ich geflucht habe, ein ganzes Wochenende lang. Zuerst ließ sich die Unterlage für die Emaille aus Kupfer auf der Drehbank nicht bearbeiten. Reines Kupfer ist ein fürchterliches Material zum Drehen. Nach einigen vergeblichen Versuchen, aus einer dünnen Kupferplatte einen Ring zu drehen (mit reichlich Kaltverformung und einer Oberfläche ähnlich einem Igel) habe ich am Ende das Material einfach angerissen und präzise ausgesägt. Und dann nur leicht übergedreht. Heute würde ich vielleicht mit dem Keilwinkel experimentieren. Na ja, heute. Dann kam der Kupferring, mit Emailpulver bestrichen, in den Emailofen. Tatsächlich wuchs dann der Ring im Durchmesser, und ich musste mir für die Zifferblattbefestigung etwas anderes ausdenken. Die Lösung mit dem Messingring, der wie ein U-Profil aufgedreht war, war aber ok. Das größte Problem war dann, wie ich eine Beschriftung auf die Emaille bekommen sollte. Nach vielen vergeblichen Versuchen habe ich dann Letraset genommen, einfache Anreibebuchstaben. Hält bis heute, wenn keiner dran reibt. Die Buchstaben gibt es übrigens bis heute!

Leider sind mir irgendwie meine originalen Zeichnungen (Tusche auf Transparentpapier, noch echte Handarbeit) verloren gegangen, aber ich habe die Vorlagen von der Schule noch.



Im Vorgriff haben wir probiert, ob wir innerhalb einer Prüfungszeit die Räderwerksbrücke so präzise fertigen konnten, dass das Räderwerk glatt lief. Einige setzten die Räder mit dem Eingriffszirkel. Ich befestigte den rohen Räderwerksblock mit der Brücke komplett auf dem Support und bohrte die Löcher auf einer präzisen Standbohrmaschine. Das habe ich mehrfach gemacht – und es funktionierte immer. Auch in der Prüfung ging das glatt, und so reichte die Zeit für die Fertigung ohne Hektik. Und irgendwie war es schon beruhigend, in seinem Internatszimmer eine fertige, funktionierende Räderwerksbrücke zu haben. Es ist aber kein Notfall aufgetreten, bei keinem aus unserem Kurs.



Das Uhrenstellen ging ganz einfach mithilfe des kleinen Magnets und des Reed-Kontakts. Nähert man sich dem Kontakt, so bleibt die Uhr stehen, sodass man sie sekundengenau stellen konnte. Zieht man kurz den Magneten weg und wieder zum Kontakt hin, so läuft die Uhr mit mehrfacher Geschwindigkeit, sodass man die Uhr vorstellen kann, ohne Zeigerstellung über das Räderwerk. Für diese Uhr eine einfache Lösung.





Frank

Ganz tolle Arbeit, wenn auch schon lange her.

LG Thomas

Ich finde die auch super, sieht toll aus. Auch das Zifferblatt gefällt mir sehr gut. Dass sie nach 30 Jahren noch einwandfrei läuft, einfach Klasse.
Eben Handarbeit mit viel Liebe

Wenn man die Uhr nur von vorn sieht, könnte man meinen, sie sei rund 15 cm hoch. Ich war etwas überrascht, dass sie doch recht klein ist.
Ist Uhr ist sehr dekorativ und gut ablesbar.
Danke fürs Zeigen.

Roland

Klasse! Sowas baut heute vermutlich keiner mehr. The times they are eben a changin.

Grüße
Norbert

Freut mich

Frank

Hallo Frank,
alle Achtung, da war ja das volle Programm an Fertigkeiten gefordert.
Von Mechanik bis Elektronik, incl. neuer gedruckter Platine und (hier legalen) Weichlötarbeiten.
Klasse!