Seit ich die Uhr als Zeitanzeiger bewusst wahr nahm, läuft sie mit hoher Genauigkeit. Irgendwann während meiner Schulzeit hat mein Vater, der sich auch als Hobbyuhrmacher betätigte, das Uhrwerk mal gereinigt und geölt. Danach ging die Uhr "nach dem Mond", musste mühevoll wieder einreguliert werden.
Spätestens als Gymnasiast befasste ich mich auch mit kleinen Reparaturen an Weckern und Pendeluhren, aber an der Standuhr habe ich mich nie betätigt. Die lief einfach immer und gut.
Seit der letzten Revision durch meinen Vater sind über 40 Jahre vergangen, und ich habe dem Uhrwerk nun endlich die ihm längst zustehende Wellness-Behandlung zukommen lassen.
Es waren zwecks Korrosionsschutz alle blanken Stahlteile vermutlich mit Vaseline leicht eingefettet. Trotzdem zeigte sich allerlei Flugrost.
02 Werk vor Revision.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Wie gewöhnlich skizzierte ich vor der Zerlegung die Anordnung von Hebeln, Stiften und Federn und machte mehrere Fotos. Dieses zeigt nach dem Abnehmen des Wechselrads die Feder, mit welcher die Zeigerreibung gewährleistet wird, denn bei diesem Uhrwerk wird das Zeigerwerk vom Wechselrad angetrieben, das auf der Welle des Großbodenrads sitzt.
Auf der hinteren Werkplatte befinden sich, wie meist üblich, das Logo des Herstellers und die sechsstellige Seriennummer des Uhrwerks. Die fehlende siebte Stelle für die Million wurde, wie auch bei vielen anderen Uhrenherstellern, durch das Zahlwort über der Seriennummer ersetzt.
04 Logo SN.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)
Auf der Innenseite der vorderen Platine steht die Zahl "18", auf der Innenseite der hinteren Platte außerdem "213". Offenbar gibt es keinen direkten Bezug zur Seriennummer.
05 Nr.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Das geöffnete Werk zeigt deutlich die nebeneinander liegenden Rädergruppen für Geh- und Schlagwerk. Als besonders Qualitätsmerkmal möchte ich die gefrästen Triebe hervor heben.
Weil vor kurzem über die Drehrichtung des Gangrades gesprochen wurde, diese Anmerkung: Bei diesem MB-Uhrwerk dreht sich das Gangrad links herum. Da es keine "Kleine Sekunde" gibt, ist das belanglos.
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Die beiden Walzenbaugruppen mit den Kettensternen sind bei diesem Werk absolut identisch und daher austauschbar. Versuchsweise habe ich eine der Baugruppen kopfüber eingesetzt und konnte feststellen, dass die Achsabstände gerade dem Eingriffsabstand der Walzenräder entsprechen.
Nach der Reinigung der Bauteile nahm ich alle Einzelteile in Augenschein. An den Lagerzapfen fand ich keine Einlaufspuren, auch nicht an den Lagern. Bei der Untersuchung des Ankers war ich überrascht, wie gut der Zustand der Paletten nach fast 100 Jahren Laufzeit ist.
Das Werk konnte also wieder montiert und geölt werden.
09 Werk nach Revision.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Zum Abschluss möchte ich noch einige Details zeigen, die mir erwähnenswert scheinen.
Die Justage der Schlaghämmer ist werkzeuglos möglich. Zur Grobeinstellung der Hammer-Baugruppen werden zunächst die Flügelschrauben gelockert und nach der Einstellung wieder befestigt. Die sonst so mühevolle Feineinstellung des Abstands der Hämmer zu den Gongstäben lässt sich mühelos mittels Rändelschrauben durchführen.
Der Schöpfer wurde hier als kreisrunde Scheibe realisiert, die auf eine Nabe aus Messing aufgenietet ist und mittels Vorsteckstift fixiert wird. Sonst findet man oft Schöpfer, die einfach als Stanzteil direkt auf die Welle gepresst werden.
11 Schoepfer.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Da der Rechen bei diesem Uhrwerk fast senkrecht steht, drückt ihn eine Feder zur jeden vollen Stunde gegen die Kulisse, was leider ziemlich geräuschvoll ist.
12 Rechenfeder.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Der Auslösehebel wird nicht direkt von den Stiften an der Minutenwelle angehoben, sondern durch den zusätzlichen dreieckigen Kipphebel. Dadurch kann der Minutenzeiger auch rückwärts verstellt werden, ohne dass das Schlagwerk verklemmt oder auslöst.
Vor dem Einbau in das Gehäuse noch ein letzter Blick auf das Werk von der rechten Seite.
14 Werk vr.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Nun bin ich gespannt, wie sehr sich die Revision auf den Gang der Uhr auswirken wird. Bisher hatte die Uhr eine wöchentliche Zeitabweichung unter zehn Sekunden.
Ich habe eine Standuhr mit Alpina-Werk, die ebenso aufgebaut ist, wie die von Dir vorgestellte Embee. Die Uhr lief ebenso mind. 40 Jahre ohne Revision, und hatte auch kaum Verschleiß an Zapfen und Anker. Lediglich 1 oder 2 Lager mußte ich neu füttern.
Ich glaube, die guten Standuhren der 1920-1930 er Jahre haben eine sehr hohe Materialqualität.
Hast Du den Werhalter eigens für diese Platinengröße gebaut, oder ist der verstellbar ?
Hallo Roland, ein toller Bericht und was mir besonders gefällt das du dich um ein altes "Familienmitglied" kümmerst. Ich kann das sehr gut nach empfinden. Ich habe im letzten Jahr einen Regulator wieder in Topform gebracht den mein Urgroßvater nachweislich 1915 neu gekauft hat. Dann ist selbst so ein relativ einfaches Stück schon etwas ganz tolles. Weiter so.
Zitat von Alberich im Beitrag #2 Hast Du den Werhalter eigens für diese Platinengröße gebaut, oder ist der verstellbar ?
Hallo Matthias,
diesen Werkhalter habe ich mir schon vor mehreren Jahren für die Arbeiten an großen Uhren gebaut. Er ist in beide Richtungen verstellbar und auch für runde Werke geeignet.
Man schaue sich dieses Rechenschlagwerk mal an,möglichst wenig bla bla und gut verarbeitet. Sowas kann ewig halten. Mit deiner Revision hast Du dieser alten Uhr ihre Arbeit bedeutend leichter gemacht.
„Wer Schlechtes nicht ertragen kann, wird Gutes nie erleben.“
Hallöchen zusamen, wir sind auch im Besitz einer Embee Uhr.Wir haben sie kaum aufgezogen weil das Schlagwerk nicht aufhört zu schlagen. Jetzt habe ich endlich mal Zeit gefunden mich mit der Uhr zu beschäftigen und habe den Fehler hoffentlich gefunden. Es ist wie soll ich sagen ein Mitnehmer gebrochen den ich nun reparieren muss . Da du ja deine Uhr schon komplett auseinander gebaut hast kannst du mir eventuell helfen. Ich habe bereits den Mitnehmer von der Welle entfernen können . Ich muss jetzt aber das Uhrwerk komplett auseinander bauen um an die entsprechende Welle zu kommen um den alten Stift zu entfernen der den Mitnehmer gehalten hat. Mein erstes Problem ist . Wie entferne ich den Stundenzeiger um dann das Ziffernblatt zu entfernen? Ich hoffe ihr könnt mir helfen. Hier die entsprechenden Fotos und ein Video zum Verständnis. In dem Video zeige ich auf den Mitnehmer.Auf dem einem Foto sieht man den Mitnehmer ausgebaut.
Als dann Dirk |addpics|ndw-1-64ff.jpg,ndw-2-5894.jpg|/addpics|
@ossi1967 Der Stundenzeiger ist bei den meisten Uhren nur auf der Welle aufgesteckt, den kann man eigentlich ganz einfach abziehen (manchmal sitzen sie ein wenig fest auf der Welle, also lieber vorsichtig vorgehen!)
Dein defekter Mitnehmer heißt "Schöpfer". Zur Reparatur auseinander nehmen wirst du das Werk wohl nicht müssen. Es dürfte reichen, das Zifferblatt zu entfernen.
Allerdings sieht es auf dem Foto so aus als wäre die Buchse des Schöpfers ausgerissen. Eigentlich sollte da nur ein Loch drin sein durch das man den Stift hindurch in die Welle steckt. Da wirst du wohl dem Schöpfer eine neue Buchse verpassen müssen.
Danke für eure Antworten. Den kleinen Zeiger habe ich ab bekommen. Der war tatsächlich sehr stramm drauf gepresst. Das wird ja ein Spaß werden eine passende Buchse zu finden. Habe gerade bei Ebay geschaut. Ist ja doch nicht so schlimm so was zu finden. Bleibt nur noch wie bekomme ich die neue Buchse da drauf gebastelt? Ich dachte daran die Buchse zu löten . Hier noch mal ein Bild von dem Schöpfer.
ossi1967
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DSC04839.JPG
ist normal ein Stift durch und so wie es aussieht wurde das Teil mit Gewalt entfernt. Geh zu Jemand der Hartlöten kann,mit Neuem Rohr ist es nicht getan,zuarbeiten,Loch Bohren dabei den Stift nicht verändern usw.
Hallo, danke für deine Antwort.Da ich selber keine Möglichkeit gefunden habe den Schöpfer zu reparieren, habe ich das Uhrwerk bei zwei unabhängigen Uhrmachern vorgestellt. Beide meinten das das Uhrwerk insgesamt überholt werden sollte da viele Buchsen ausgeschlagen sind und diese ersetzt werden müssen.Ist mir auch verständlich da die Uhr zumindest so lange sie bei uns stand ca. 20 Jahre nie geölt worden ist und davor bestimmt auch nicht . Jetzt meine Frage sind 400 - 450€ für eine komplette Revision angemessen?
Tja, meiner Meinung nach ist das schon ein stolzer Preis für die Überholung dieses Uhrwerks, wobei ich nicht weiß wieviel davon auf die Wiederherstellung des Schöpfers entfällt. Es ist halt wirklich ein sehr(!) einfaches Uhrwerk. Noch einfacher kann man ein Halbstundenwerk kaum noch konstruieren. Für die reine Revision sollte bei 250 EUR eigentlich Schluss sein. Und dann 150 bis 200 EUR für den Schöpfer? Kommt mir ziemlich teuer vor. Aber letztendlich musst du halt wissen, ob es dir das wert ist. Vielleicht findest du auch einen Uhrmacher der es für 100 EUR weniger macht. Falls du dafür aber 150 km fahren musst, ist auch nicht wirklich etwas gewonnen.
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13.05.2018 13:28 (zuletzt bearbeitet: 13.05.2018 13:47)
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