Habe von guten Bekannten im Moment eine Wanduhr Marke Mathias Bäuerle "Peerless". 3/4-Sekundenpendel (im Gehäuse aufgehängt), Graham, Gewichtsaufzug 8 Tage mit zusätzlicher Feder + Gesperr (damit die Uhr beim Aufziehen weiterläuft), kleine Sekunde, Schaltkontakt konfigurierbar in 5-Minuten-Abständen für 24 h. Das Werk habe ich bereits überholt und bin auf die Gangwerte gespannt...

Fotos vom Gehäuse habe ich im Moment leider nicht, das arbeite ich gerade auf. Könnt Ihr mir sagen, in welchem Zeitraum die Uhr gebaut worden ist? Seriennummer ist sechsstellig, beginnend mit 8.

Konstruktiv ist der Schaltkontakt nicht kürzer als ca. 50 s geschlossen, was als Pausenklingel doch recht lang ist. Man kann über den Hebel die Sperrklinke verschieben und den Zeitraum noch verlängern.

Wo war solch eine Uhr eingesetzt? Hat man früher in Schulen tatsächlich so lange geklingelt? Bin über jede Info dankbar. :)

Keine irgendwelche Infos?
Hier noch ein Foto der kompletten Uhr:

Es ist ja nicht unbedingt gesagt, dass es eine Schuluhr war. 50s erscheinen mir auch lang, es kann aber eine Betriebsuhr für Betriebsschluss oder Schichtwechsel gewesen sein, da kann die Länge aufgrund des Hintergrundlärms schon erfoderlich sein.

Man könnte die eingangsseitige Sperrklinke etwas nacharbeiten, dann fällt sie eher ab. Oder man verwendet ein Zeitrelais, das von der Uhr eingeschaltet wird. Dann muß man nichts an der Uhr verändern und ist voll flexibel in der Klingel-Dauer.

Was mich noch stört: Der Kontakt wird etwa 1 Minute zu zeitig geschlossen, also z.B. eingestellt ist 19:00, es läutet aber 18:59. Oder das ist bewußt so gewählt, damit das Ende des Läutens auf die eingestellte Uhrzeit fällt? Fände ich aber komisch.

Falls es von Interesse ist:
Heute habe ich mal Zeitmessungen am Pendel vorgenommen:


Meßaufbau: Lichtschranke mittig unterhalb des Pendels angebracht, Messung mittels Mikrocontroller. Ich messe nur jeden zweiten Impuls, also die tatsächliche Periodendauer (das sind bei 10 MHz Zählfrequenz je 15.000.000 Impulse).
Ich finde es erstaunlich, daß tatsächlich Ungenauigkeiten der Hemmung direkt und so deutlich auf die Schwingungsdauer des Pendels durchschlagen. Die Messung erfolgte wie gesagt nicht mit einem Mikrofon, sondern mit einer Lichtschranke!

Man sieht schön die 40 Zähne des Ankerrads, die Schwankungen wiederholen sich mit guter Überdeckung aller 40 Amplituden. Die Meßwerte schwanken insgesamt um ca. +/-300 µs; der Gangfehler kann bereits nach einer vollen Ankerrad-Umdrehung (also 1 Minute bei dieser Uhr) recht präzise mit einer Unsicherheit von umgerechnet etwa 0,3 s/Tag abgelesen werden - und damit kann die Uhr sehr schnell auf brauchbare Gangwerte reguliert werden (es ist damit natürlich überhaupt nicht gesagt, wie sich die Uhr über einen Zeitraum von 24 h benimmt).

Man muß verständlicherweise die Mittelwerte einer Anzahl an Meßwerten berechnen, die einem Vielfachen der Ankerradzähne entspricht, also 40, 80, 120 ... Meßwerte. Sonst dauert es länger, bis sich die Schwankungen ausmitteln und man stabile Gangwerte erhält.

Es ist problemlos möglich, den Gang auch über einen längeren Zeitraum zu beobachten und zu protokollieren. Dann reicht es vollkommen zu, wenn man z.B. nur jede 40. Amplitude mißt. Je länger die Meßintervalle werden, desto genauer wird die Messung, da die absolute Unsicherheit sich praktisch nicht verändert.

Hallo,

zur Illusion der Gangbestimmung durch Kurzzeit-Messungen hatte ich hier einiges geschrieben.
Zufällig war es die nahezu identische Uhr.

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Hallo @Gustav Becker

da hast Du eine Rarität aufgegabelt. Hergestellt könnte die Uhr Anfang 1900 worden sein.
Ein Uhrwerk, wie von Deiner Signaluhr, wird seit mehreren Jahren in der Bucht angeboten:
Werbung: PEERLESS MB St. Georgen TOP UNIKAT Monatsläufer !!!! Präzisionspendeluhr

Mathias Bäuerle war unter den Marken Bedenia oder Peerless eigentlich hauptsächlich Produzent mechanischer Tischrechenmaschinen. Mit Uhren befasste sich eher sein Bruder Tobias Bäuerle, der u.a. Werke für Siemens-HU lieferte.

Uhren von Mathias Bäuerle kamen meist unter der Marke Embee in den Umlauf.
Siehe auch hier: M. Bäuerle -Rechnerlexikon

Ich habe vor einiger Zeit Teile einer Schaltzeituhr von Embee ergattert. Meine Embee-Standuhr stammt vermutlich aus den 1930er Jahren.

Roland

Interessant. Die Uhr gehört einem uhrenbegeisterten Freund, ihm habe ich schon vier andere Uhren wieder flottgemacht. Vermutlich wurde diese Uhr wie seine Westminster-Standuhr (auch von MB) um 1913 angeschafft; ich hätte sie deutlich jünger eingeschätzt. Leider fristete sie bis jetzt viele Jahre in einem feuchten Schuppen, war total verdreckt und teilweise war schon leichter Flugrost angesetzt (konnte ich wegpolieren). Die Amplitude ist aber verdammt schwach, das Pendel schwingt kaum über den Auslösepunkt hinaus. Ich kann mir schlecht vorstellen, daß es früher anders war; die Lager und Zapfen sind eigentlich noch gut bis sehr gut, auch die Paletten glänzen wie neu.

Etwas ungünstig finde ich die Regulierung: Die Linse klemmt verdammt fest auf der hölzernen Stange. Über der oberen Reguliermutter sitzt die Linse in so einer v-förmig ausgeschnittenen Aufnahme und verkantet dort. Man kann also nicht einfach die Mutter nach unten drehen, dann bleiben Linse und diese Aufnahme an ihren Positionen klemmen. Vernünftig kann man also nur behutsam nach oben regulieren, aber wehe, man hat zuviel gedreht...

@praezis:
Der Sekundenzeiger war auch meine Vermutung, aber eigentlich hatte ich angeommen, er sei ausgewuchtet. Dem ist also nicht so. Im Prinzip ist es egal, sowas mittelt sich ja spätestens über 12 h raus (in Verbindung mit den anderen Zeigern). Bleiben noch längerfristige Einflüsse der Seilrolle usw.
Bei Deinen Messungen sieht man auch schön die wellenförmigen Gangschwankungen, sehr interessant. Gemittelt über eine vollständige "Schwankungs-"Periode (also genau 1 h) solltest Du aber den genauen Gangwert erhalten - zumindest für diese Beobachtungszeit.

Wie groß ist die Amplitude eigentlich bei Deiner Uhr?

Hallo GB,

die Amplitude kann ich erst ab Montag messen. Sie ist deutlich größer als das Minimum. Allerdings empfinde ich das zugehörige Gewicht von 2 kg als etwas schwer.

Mein Gewicht ist auch recht schwer, kann es später gerne mal wiegen. Aber die Masse relativiert sich ganz schnell, wenn man bedenkt, daß die Uhr mit einem um lediglich 40...50 cm angehobenen Gewicht eine Woche lang laufen muß und noch eine Seilrolle hat (was die Kraft halbiert). Standuhren haben oft erheblich schwerere Gewichte bei viel größerem Höhenunterschied.

Edit:
Gewicht mit 2070 g gemessen, Amplitude etwa 19 mm (1° 37').

Bei mir ist der Schwingungsbogen am Ende Pendelstange 52 mm. Entspricht Amplitude 2,1 °.

Oh, dann hast Du deutlich mehr "Bums" auf Deiner Uhr, vergleicht man 52 mm mit 36 mm. Danke fürs Nachschauen! :)
Jetzt wäre die gute Frage, wo die Kraft bei meiner Uhr hingeht. Ich würde ja gerne noch etwas mehr herausholen; wenn Deine Uhr bei identischem Aufzugsgewicht mehr Amplitude macht, scheint was nicht zu stimmen.

Die Hemmung (eigentlich das ganze Werk) sieht mir unverbastelt und original aus, soweit ich das beurteilen kann. Führt ein kleinerer Hebewinkel an den Paletten (also "steiler" angeschliffen) zu mehr Amplitude? Wenn jemand die Paletten gegen falsche getauscht hat, sieht man das ja nicht unbedingt.

Die Zähne fallen korrekt auf Ruhe, (Ab-)Fall ist auch gleichmäßig. Auch die Lager sind wie gesagt in einem ordentlichen Zustand.

Edit:
Auslösung erfolgt etwa bei +/- 8...9 mm Auslenkung, habe gerade mal nachgeschaut. Hebung beginnt ungefähr 5 mm vor dem Nulldurchgang. Also eigentlich schön knapp mit ausreichend Ruhe eingestellt?

Wenn sonst keiner antwortet, ich bin nun nicht Spezialist für Pendeluhren:
bei mir erfolgt der Fall bei +/- 12 mm. Die Hebung soll 1-2° betragen (musste ich nachschlagen...), und die Verlängerung der Hebeflächen müssen Tangente an den selben Hebekreis sein.

Du bist vielleicht nicht der Spezialist für Pendeluhren, aber ich bin noch nicht mal ein Spezialist für Uhren allgemein.
Hat der Hebewinkel so einen großen Einfluß auf die Amplitude? Die Ruhe ist bei Deiner Uhr größer eingestellt, wenn ich denselben Hebewinkel wie bei meiner voraussetze (1° 6' bzw. 1,1°). Aber deswegen sollte das Pendel doch nicht mehr Amplitude machen, wenn ich die Ruhe vergrößere.

Nein, die Ruhe sollte so gering sein, wie (sicher) möglich ist.