Ich habe zur Zeit auch eine Original-Holzuhr aus dem Jahre 1720 zur Restauration. Wenn man bedenkt waren die damaligen Uhrmacher echte Künstler.

Hallo Philipp; Vorerst herzlichen Dank für Deine Aufmerksamkeit und bei dieser Gelegenheit auch ein grosses Dankeschön für Deine langjährige und unermüdliche Aufgabe als Moderator und Admin.

Ja mit dieser Uhr habe ich mir etwas eingebrockt mit unzähligen Arbeitsstunden, die ich lieber nicht erwähne; unglaublich. Vergeblich suchte der Kunde verzweifelt einen Uhrmacher für eine Revision und alle haben abgewunken; vermutlich im Wissen was ihnen erwarten würde. Praktisch hätte ich diese Uhr auch zurückweisen sollen, aber der Ehrgeiz war zu gross. Aber auch in Memoriam an den Uhrmacher muss so eine Uhr wieder laufen...
Die Uhr war in einem sehr schlechten Zustand und man musste das Werk zuerst von einer dicken Schmutzschicht befreien; dh. in einer lauwarmen Seifenlauge mit der Bürste reinigen. Das Gehäuse war dermassen durch die schweren Gewichte, je um die 5Kg. verzogen, dass sich die Achsen verklemmt haben. So habe ich nachträglich eine Konsole gebaut. Das kommt besonders bei einem Holzräderwerk oft vor, wenn die Uhr frei an einer Wand aufgehängt wird und die schweren Uhrgewichte das Gehäuse belasten. Das Gehäuse wurde gerichtet und die Holzdubel neu verleimt. Im Verlauf der vielen Jahre ist das Uhrwerk einer Abnutzung widerfahren mit etlichen Verschleissteilen und auch eine gewisse Materialermüdung machte sich bemerkbar, indem 7 Zähne, die zum Teil am Holzräderwerk ausgebrochen waren, ersetzt werden mussten. Ebenso die Nadeltriebe. Alles was ich in die Finger nahm, war defekt! Dennoch habe ich versucht das Beste rauszuholen. Leider fehlt mir seit der Geschäfts-Liquidation die Drehbank, da seinerzeit das gesamte Atelier verkauft wurde. Daher ist es mir unmöglich gewisse Teile aus Holz neu anzufertigen wie zBsp. der Seilzug, die Seiltrommeln sind ausgelaufen und haben Schlupf, sowie noch andere Kleinteile; bei dem einten Rad war die Sperrklinke gebrochen und musste neu angefertigt werden. Ich hatte noch versucht in die bestehenden Holztrommeln Stifte mit bestimmter Teilung eingesetzt mit Kette, aber das wäre wie eine Faust auf's Auge gewesen. Das muss wiederum mit Seil betrieben werden. Daher musste ich einen lieben Uhrmacherkollegen um Hilfe bitten, der mir solche Seilräder anfertigt. Dann die Spindelhemmung mit der Waage, die bei mir auch sonst grosse Mühe bereitet. Die wurde anfangs 17. Jahrhundert konzipiert und ist sowas diffizil und nicht einfach einzustellen, wo sich heute noch bei manchem Uhrmacher Schweissperlen auf der Stirne bilden.
Auch gab es da einen Bastler, der auch einiges angerichtet hat, was man wieder zurecht biegen musste: Alles in allem, eine riesen Arbeit die man unmöglich verrechnen kann. Aber was macht man da alles als Pensionist: Schlussendlich hat man wieder eine wunderbare Uhr die manches erzählen könnte...

Diese Uhren hatten bekanntlich nur einen Zeiger... Frage; was zeigt diese für eine Uhrzeit an?

Danke für die Blumen... Nein, ich will wirklich definitiv mit der Uhrmacherei aufhören. Jetzt ist der Grufti 78 Jahre alt und er mag nicht mehr. Schon weil ich das Gefühl habe, dass alle nur noch zu mir mit alten Uhren kommen, so hat sich das rumgesprochen und ich konnte nachts kaum mehr schlafen, weil ich nur noch diese Uhren im Kopf hatte. In gewissen Regionen ist das tatsächlich eine Marktlücke... Wenn ich meine Jährchen nochmals zurückschrauben könnte, würde ich mir einen Wohnmobil zur Werkstatt umbauen, so wie früher der Scherenschleifer, der Wanderhandwerker... Erfolg garantiert!

Zur Zeit habe ich noch eine Uhr aus dem Jahr 1850 zur Revision, aber mit Messingwerk. Das Problem ist schlussendlich immer die Arbeitszeit... unzählige Stunden!

Ach, was hast Du da für feine Sachen! Aber das mit der Zeit kenne ich... Andererseits: Wenn man nichts mehr zu tun hat, ist das auch nichts, und man ist alt!

Frank

Da gebe ich Dir Recht; Langweile hingegen kennt der Giacumin nicht, im Gegenteil, ihm rennt die Zeit ständig davon. Eigentlich wollte ich meinen Ruhestand in der Val Müstair genießen. Dann musste ich feststellen, dass antike Gegenstände sowie Erbstücke wie zBsp. Groß.-und Wanduhren, Standuhren, Regulatoren, Pendulen, Tischuhren etc. aus der guten alten Zeit wieder gefragt sind und zum Teil hoch im Kurs stehen. Es ist jedoch schwierig bei uns den Fachmann zu finden, der antike Uhren auch reparieren und Ersatzteile besorgen kann. Damit so ein Schmuckstück wieder genau läuft braucht es viel Idealismus und Freude am echten Uhrmacherhandwerk. Daneben sind ganz spezielle Werkzeuge nötig, um die oft erstaunlich komplizierten Schlagwerke wieder in Gang zu bringen. Es gibt in unserem Lande nicht mehr viele Leute, die dieses Metier auch wirklich verstehen. Auch ich musste schon Rat von lieben Kollegen einholen.
Das hat sich bis weit ins benachbarte Vinschgau/Südtirol.it herumgesprochen und dem "Hobbyuhrmacher" wurde das sprichwörtlich zu viel. Eigentlich habe ich fünf verschiedene Berufe erlernt: Die Lehre als Feinmechaniker, dann durfte ich nach Lehrabschluss die Lehrlingsausbildung übernehmen, dann folgte das Verkaufsleiterseminar mit diversen Verkaufsleiter Funktionen, dann das Management von OLYMPUS OPTICAL CO.LTD; Generalvertretung Schweiz, dann als selbstständiger Kaufmann und schlussendlich erlernte ich noch bei SEIKO Genéve den Uhrmacher mit Diplom Abschluss. Dank dieser Ausbildung konnten wir in unserem Uhrengeschäft in Davos Markenuhren im Sortiment aufnehmen. Es folgten dann noch drei weitere Geschäfte. Daher werde ich jetzt meinen Ruhestand erst recht geniessen. So werde ich nun wieder vermehrt in meine „Stammbeiz“ gehen und bei einer Tasse Espresso oder einem Bier die Hektik um mich herum beobachten und geniesse dann das Gefühl in diesem Moment ganz viel Zeit für mich zu haben. Auch werde ich wieder vermehrt mit meinem Wohnwagen unterwegs sein. Gerne werde ich dann darüber berichten.

Tschüss und machet's guat
Giacumin

Ja, wenn Du so willst, sieht das bei mir ähnlich aus. Und da ich mich auf frühe elektrische Uhren spezialisiert habe, ist das mit den Ersatzteilen auch so: Entweder machen oder Totalschaden. Die Firmen, die sehr früh mit diesen elektrischen Uhren angefangen haben, waren bis auf wenige Ausnahmen Eintagsfliegen. Also E-Teile Fehlanzeige. Und als Komplikation kommt immer noch dazu, dass es eine Kombination von Mechanik und Elektromagnetismus ist. Unterlagen zu den Uhren gibt es auch nur wenige, und so muss man bei Kollegen recherchieren, von denen man weiß, dass sie noch solche Einzelstücke im Originalzustand haben. Und selbst das gibt es nicht immer, wenn man z. B. eine von 2 oder 3 bekannten Uhren hat...
Wenn jetzt der Sommer beginnt, mache ich auch eine 2. Sache. Momentan spachtele und schleife ich eine alte Autotüre zum Lackieren. Mache ich auch nicht jeden Tag, aber unsere Oldtimer wollen ja laufen und auch so einigermaßen nett aussehen.
Frank