Eigentlich wollte ich ja nur eine davon haben – aber dann gab es sie nur im Doppelpack und die erste Idee war, aus zwei schlechten eine gute zu machen und den Rest einzulagern oder weiterzugeben.
Bei genauerer Inspektion stellte ich allerdings fest, dass das eine Werk die Nummer 834 eingeprägt hat, das andere die Nummer 835 !! Sowas ist mir bisher auch noch nicht untergekommen und die Botschaft der beiden Uhren an mich war: behalte uns beide!
Die beiden Holzgehäuse bestehen aus Vollholz, teilweise furniert, teilweise „Echtholz“. Bin kein Schreiner (und kein Uhrmacher) und kann daher nicht sagen, welche Holzart es sein könnte. Das eine (Nr. 834) sah noch halbwegs gut aus, das andere (Nr. 835) war im Laufe der Jahrzehnte mehrfach überlackiert bzw. überstrichen worden.
Mein Ansatz ist jeweils gerade keine „Überrestauration“ in Richtung „besser als neu“. Ich finde, man darf die Spuren der Jahrzehnte ruhig sehen, Patina ist also gewünscht und ich versuche, soviel Originalsubstanz wie möglich zu erhalten.
Total erstaunt war ich dann, dass bei beiden Nebenuhren nicht nur die Werke nummeriert sind, sondern auch die Zeiger und sogar der Aufhänger die Werknummer tragen! Was für ein Produktionsaufwand!! Auch die Gehäuseteile haben Nummern (nicht die Werksnummern), die teilweise mit Bleistift aufgetragen sind, auch die Zifferblattabdeckung innen am Reifen, selbst die Zahnräder des Werkes haben eingestanzte Nummern. Für die Fachleute unter Euch sicher nix Neues, für mich aber durchaus.
Tests ergaben, dass Nr. 834 lediglich durch wasserlösliche Wandfarbe verunstaltet war und ich die mittels viel Geduld und Vorsicht und verschiedenen Bürsten auch weitestgehend entfernen konnte. Nur die Oberseite des Gehäuses muss ich dann doch schleifen, die hier haben Staub und Schmutz und frühere Reinigungsversuche auch den Lack unter der Wandfarbe angegriffen. Es stellte sich heraus, dass der Lack mit Spiritus angelöst werden kann – ich gehe deshalb davon aus, dass es sich um eine Art Schellack handelt.
Deutlich kniffliger war 835. Bei der hatte ich gehofft, dass sich unter den Farb- und Lackschichten eine intakte Schellackschicht befinden würde. Mit dem Heißluftfön wollte ich nicht ran, um die Furnierschichten nicht zu beschädigen. Keine Ahnung, ob der alte Furnierleim Hitze verträgt - also lieber auf Nummer sicher gehen. Ich kam dann allerdings weder mit Aceton, noch mit Pinselreiniger, Spezialbenzin, Spiritus oder Alkohol weiter. Das Zaubermittel meines Opas wäre wohl Tri gewesen (so nannte er das Teufelszeug zumindest), aber das ist wohl schon lange verboten und war schon damals giftig Also doch schleifen. Stundenlang und vorsichtig. Es stellte sich heraus, dass das Gehäuse nicht aus Jux und Dollerei (schlecht) lackiert worden war, sondern weil die Schellackschicht nicht mehr komplett in Ordnung war. Die Holzwerker unter Euch ahnen es: der dünnflüssige Lack war dann in die Maserung eingedrungen und ich hatte gut zu tun, mit einem schmalen Schnitzmesser nach dem Schleifen feine weiße Farbreste zu entfernen. Richtig übel wurde es, den Ring der Zifferblattabdeckung zu entlacken. Da half am Ende nur die Sondermüll erzeugende Methode mit der Bremsflüssigkeit. Keine Ahnung, welcher Lack da verwendet wurde.
Anschließend testete ich verschiedene Wasserbeizen, um den originalen Farbton weitgehend am Gehäuse wieder hinzubekommen. Viel Farbton „Kirsche“ und ein bisschen „Eiche mittel“ brachten ein recht gutes Ergebnis. Zunächst etwas zu hell, aber in pensionierter Schreiner hatte mir vor Jahren mal eingeschärft, nicht zu vergessen, dass Schellack oder Schellackmattierung den gewählten Farbton noch dunkle/gelblicher werden lassen. Na ja, heute weisen Youtube-Videos darauf ihn. Das Gehäuse dann gebeizt, überschliffen und mit Schnellschliffgrund grundiert. Anschließend mittels Ballenpolitur drei Lagen Schellackmattierung aufgetragen. Die richtige, wahre und echte Schellackpolitur mit unterschiedlichen Lackkonsistenzen pro Schicht und Zugabe von Polier-Öl etc. traue ich mir nicht zu, Die Mattierung ist einfacher zu verarbeiten - glänzt auch fast genauso schön, finde ich.
Beide Uhren haben noch die originalen Gläser, erstaunlich fand ich auch, dass bei der einen eine (vermutlich) vernickelte Abdeckung verbaut ist, bei der anderen kam Messing zum Vorschein. Die Befestigung des inneren Reifens ist auch unterschiedlich, wirkt auch nicht „von Hand“ nachgebogen. Maßabweichungen sind auch bei den Befestigungsstellen für die Abdeckungen feststellbar. Fertigungspräzision wurde vielleicht nicht ganz so groß geschrieben?
Beide Werke liefen, habe sie trotzdem zerlegt und gereinigt. Erst dachte ich, wie wären baugleich mit CTW-Werken. Sind sie aber nicht (siehe auch Fotovergleich). Zumindest nicht mit denen, die ich habe.
Die originalen stoffisolierten Leitungen im inneren der Uhren sind noch vorhanden, die Steinlager intakt, sogar einige der originalen Schrauben sind noch da. Ich konnte keine passenden DIN-Schrauben mit diesem zylindrischen Kopf finden, also habe ich halbwegs passende alte 3,5 mm Schlitzschrauben aus dem Fundus verwendet.
P1310650.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)
Für die Zifferblätter reichte mir eine vorsichtige Reinigung mit Spülmittel und die Nachbearbeitung mit Polierpaste für extrem verschmutzte Stellen – auch hier natürlich immer mit der gebotenen Sorgfalt, um ja keine der aufgerduckten Ziffern versehentlich an- oder wegzupolieren (wäre leider nicht das erste Mail :-()
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Problematisch auch die Zeigersuche. Beim Kauf fehlten die Zeiger, die Suchaufrufe waren lange erfolglos. Meine Idee, die Zeiger nachzufertigen scheiterten kläglich. Ich dachte, es könne ja nicht so schwer sein, solche Zeiger nach Muster aus 0,8 mm Alublech oder Messingblech auszusägen – hatte mir sogar extra feine Sägeblätter besorgt und war in meiner Jungend ein begeisterter Läubsägearbeitenfan – aber eben in Holz :-). Zeigerfutter hatte mir ein Bekannter gedreht. Unlängst bot mir ein Bekannter dann passende CTW-Zeiger an (Dank in den Norden!!). Das Zeigerfutter des Stundenzeigers hat etwas Luft (okay, Schrumpfschlauch ist vielleicht nicht fachgerecht, hat das Problem aber gelöst), der Minutenzeiger passte „saugend“, wird allerdings nicht mittels Stift an der Achse fixiert, sondern mittels Schraubklemmung an der Unterseite des Zeigers. Für mich erstmal vertretbar.
Einen zeitgenössischen Aufhänger für die 834 hatte ich in einer Teilekiste. die ebenfalls original erhaltenen Rückwände waren feucht geworden und hatten sich verzogen. Habe das Sperrholz also nochmals feucht gemacht und zwischen zwei Bretter und mittels Schraubzwingen und viel Druck bei langsamer Trocknung weitgehend plan bekommen.
Die Ergebnisse können sich sehen lassen, wie ich finde. Die Stunden habe ich natürlich nicht gezählt ... aber so eine Pandemie hat halt auch was Gutes :-) Freue mich über Rückmeldung, Verbesserungsvorschläge, originale Zeiger für die 834 usw. :-)
... und eins noch: vielleicht weiß jemand, wann die Uhren produziert wurden.
Danke für den netten Bericht. Die Uhren sind ja wieder richtig schick geworden! Besonders dann, wenn man sie mit dem Anfang vergleicht. Wenn ich Zeiger nachfertigen muss, mache ich das, indem ich die Muster einscanne, ausdrucke und dann das Papier mit Uhu-Plus auf das Messing- oder Alublech aufklebe. Dann kann man sauber aussägen. Es lohnt aber, dafür einen Feildorn zu verwenden, wie ihn die Goldschmiede haben. Außerdem versuche ich vor dem Sägen, die Sicken schon in das Blech zu biegen, damit die Zeiger nicht zu flächig wirken. Außerdem sind sie dann besser auszusägen, denn die Blech werden davon stabiler. Die Holzarbeiten sind absolut toll geworden! 2 schöne Uhren!
Ja, da war ich auch erst skeptisch, ob das klappen wird. Der "schwache" Lackreiniger für's KFZ hatte zunächst nicht viel bewirkt, ich hatte aber noch Polierpaste, mit der man Lackiernebel entfernen kann. Mit der ging es dann fast schon zuuuu gut. Da wird alter Lack schnell recht dünn. Glücklicherweise hatten sich noch keine Lackteile vom Zinkblech abgehoben.
19.04.2021 20:22 (zuletzt bearbeitet: 19.04.2021 20:35)
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