Hallo, Ich möchte meine neue Standuhr vorstellen. Der Stil ist wohl klassizistisch zu nennen.
Das Gehäuse ist wohl später entstanden, so um 1900, aber im Stil von 1770. Die Bretter sind zu glatt und zu genau geschnitten für 1770. Das Glas ist aber wieder sehr alt, mit Blasen und Einschlüssen,also wirklich wie mundgelasen und auf der Werkbank geplättet. Die Uhr gefiel meiner Frau sehr, besonders das mit Goldbronze gemalte Emblem, auch wenn es eine Marriage ist.
Das Werk stammt aus Schweden und hat nur einen Stundenzeiger auf der Achse des Walzenrades, keinen Schlag und einen Wecker . Entsprechend sind die Stunden nur in Viertel eingeteilt. Sie läuft wohl 8 Tage, weil bis zum Ankerrad zwei Radsätze (Minutenrad, Kleinbodenrad) vorhanden sind. Uhrmacher ist laut Gravur A(nders) Pohamar St(iern)sund. Die (Serien?)Nummer ist N251. Im Internet habe ich ein gleiches Werk gefunden im Forum.dg-chrono mit der Nummer N611, dann auf schwedischen Auktionsseiten Werke mit Minutenzeiger mit Nummern 2B699, N239, und L191 mit Sekundenzeiger. Hier sind Viertel und Fünftel Teilungen auf dem Zifferblatt. Ob es wirklich Seriennummern sind? Solche Stückzahlen zu dieser Zeit von einem Uhrmacher, wäre ja eher eine Fabrik. Weiter ist mir aufgefallen, dass das Walzenrad sehr massiv wie von einer Comtoiser Uhr ist, das Ankerrad aber extrem fein. Außerdem verölt und verharzt.
Ein weitere sehr erfreulicher Punkt war die fast seefeste Verpackung, die mich in einer Etagenwohnung allerdings vor Probleme gestellt hätte.
Tolles Teil Hast du dir die aus Schweden schicken lassen?
Klassizistisch wäre um 1800. 1770 ist glaube ich noch später Barock. Vom Korpus her wäre Klassizismus möglich. Aber die Elemente um das Zifferblatt wirken anders. Die empfinde ich, wie den Stundenzeiger, eher als barock. Und das würde dann wiederum in den Historismus passen, also um 1870, was doch auch wiederum ganz gut zum Werk passen würde. Et voilà, schon haben wir ein Original aus ca. 1870 Ist natürlich nur so von mir zusammengesponnen
Hallo Markus, Das Teil stand bei Ebay, von einem Sammler aus Hessen. Porto war 65€. Bei der Verpackung. Einzige Problem, das ich aktuell bei Standuhren sehe, sie werden verscherbelt wie Sauerbier. Bei Ebay-Kleinanzeigen werden alte englische Standuhren in Flensburg, recht hübsch, für 160€ angeboten. Leider ist mein Platz begrenzt und im Umkehrschluss, man bekommt sie nie mehr los :-(. Müssen sich die Erben mit herumschlagen. Gruß Werner
Also 65 EUR für Versand bei DER Verpackung empfinde ich als Schnäppchen! So verschnürt auf Paletten ist das ohnehin vorbildhaft. Ich kann mich noch an die Bilder eines Regulators in Bananenkartons erinnern, welcher hier mit kaputter Scheibe vor kurzem vorgestellt wurde.
Was die Preise angeht ... meinem Empfinden nach werden in letzter Zeit eher weniger wirklich gute Großuhren angeboten. Und bei den Preisen scheinen mir manche Verkäufer eher komplett abzuheben, gemessen an ehemaligen Neupreisen und und auch im Vergleich zu Neuuhren. Das allerdings eher bei den "Schönheiten" der 1980er Jahre Bei antiken Stücken empfinde ich die Preise auch als sehr tief. Ich erkläre mir das teilweise mit den Unsicherheiten bezüglich der Originalität. Mir selbst fällt es anhand von Fotos auch immer ungeheuer schwer ein historisches Original von einem Frankenstein-Monster zu unterscheiden. Auch der Erhaltungszustand der Technik ist meist schwer einzuschätzen. "Frisch revisioniert" glaube ich grundsätzlich nur bei einer entsprechenden Fotodokumentation.
Uhren als Wertanlage halte ich ohnehin für Unsinn. Ich kaufe nur zu meiner persönlichen Erbauung. Die Erben dürfen meinetwegen alles auf den Sperrmüll entsorgen. Juckt mich dann auch nicht mehr
Das Werk ist wohle eher nicht in der Zeit des Historismus entstanden, sondern m.E. erheblich früher (100+ Jahre früher), dass würde ich an Details, wie den Haltehaken am Tragbrett festmachen wollen. Sicher kann man das erst nach gründlicher Ansicht des Werkes erkennen, beispielsweise an Schraubenkopfformen und deren (Hand-?) Bearbeitung, oder Gestaltungen und Ausführung im Detail von Eisenteilen, oder der Zahnräder.
Unsicher wäre ich mir, ob Gehäuse und Werk zusammen gehören, ein einzeigriges Werk mit Wecker würde ich grundsätzlich früher als den Stil des Gehäuses einschätzen. Auch (mein Bauchgefühl) sieht das Ziffernblatt "zu gut" aus, aber es kann ja jemand, der besonderen Wert auf die Optik legt, vor nicht allzu langer Zeit mal restauriert haben.
Bei allen möglichen Zweifeln kann man bei dem Preis wirklich nicht meckern. In der Tat ist für historische Originale bezüglich erzielbarer Preise fatal, dass es so viele Mariagen gibt, die zu identifieren oft leicht, mitunter aber auch schwer ist. Originale sind natürlich selten, das war schon früher so. Ich habe unlängst eine "Hook and Spike" Uhr gekauft, von ca. 1730, aber auch erst nach umfangreichen Recherchen und Suche nach Referenzobjekten desselben Uhrmachers. Der Preis nicht super billig, aber noch ziemlich übersichtlich und das Risiko daher allemal Wert. Nach Erhalt hat sich die Uhr als weitgehend original (es gibt Details, wo man nachdenken könnte, ohne allerdings zu einem schlüssigen Ergebnis zu kommen) erwiesen, toll! Ich mache dazu mal einen eigenen Thread auf.
Man kann also gerade jetzt echte Schnäppchen machen, und zwar auch bei wirklich guten und originalen Uhren. Vielleicht ist Deine Uhr ja auch so ein Schnäppchen. Gerade, wenn sie vielleicht in Details nicht den "Lehrmeinungen" entspricht, denn Ausnahmen bestätigen die Regel. Da hilft nur Recherchieren, Recherchieren, Recherchieren. Ob sich das mit dem Marktwert beim Verkauf anders verhält ist eine andere Sache, aber tolle Uhren will man ja sowieso behalten, da ist der Markwert wurscht
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05.06.2020 20:48
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Hast du dir die aus Schweden schicken lassen?
