Liebe Freunde mechanischer Uhren,

Kurz zu mir: Bin der Elvis aus der Schweiz (raum NWCH) und anfangs 30. Das Thema Uhren gehört zwar nicht zu meinen Hobbies (eher Oldtimer und Schach), finde sie jedoch sehr interessant. Schon seit paar Jahren "belastet" ein mechanisches Uhrwerk meinen linken Arm.

Meine Frau und ich uns kürzlich ein renovierungsbedürftiges Bauernhaus gekauft. Nachdem das Esszimmer "fertig" war und Ecke leer stand, kam mir die Idee, dass da eine schöne alte Standuhr hinmuss. So haben wir kurzerhand eine aus einen Privathaushalt in Basel gekauft. Wie es halt so ist, hatten die Vorbesitzer keine Ahnung, und wir noch weniger. Auf jeden Fall, hatten sie diese 25 Jahre im Besitz und damals schon gebraucht erworben.

Nun hier ein paar Fotos:






Um was für ein Holz es sich handelt, vermag ich nicht herauszufinden. Auf jedenfall ist dieses recht "dunkel" lasiert (?). Pendel und Gewichten sind schön ausgearbeitet, ich glaube punzieren nennt sich diese Technik. Was sonst noch auffällt, ist das jedes Glas einen Facettenschliff hat. Wie ihr sehen könnt, handelt es sich um ein Kienzle Uhrwerk (über die Firma habe ich bereits gegoogelt). Es hat zwei "Hammerreihen" welche einen "Celesta-Gong" bedienen. Der tont würde gut in einen Grusel Film passen.

Meine Fragen aktuell:

- Ist möglich den ungefähren Jahrgang der Uhr herauszufinden/einzuschätzen?
- Ist das Gehäuse der erste? Wie wurde das damals gemacht, hat einfach ein Schreiner was gebaut und dann das Uhrwerk eingebaut oder ist das "Serienfertigung"?
- Auf den Hämmern fehlen ein paar "Dämpfungsfilze", kann ich da einfach irgend ein Filz nehmen, passend schneiden und draufkleben?
- Gibt es einen Trick um die beiden Akkorde (links und rechts am Gong) abzustimmen? Klingt alles ein bisschen verzerrt, getraue mich aber nicht was daran zu machen. Vor allem bei meinen miesen musikalischem Ohr.
- Gibt es irgendwelche Wartungsarbeiten die ich als Laie machen sollte? Die Genauigkeit ist für mich soweit ok. Vielleicht eine Minute pro Tag Abweichung? Hab noch nicht darauf geachtet, obwohl die Uhr schon seit zwei Wochen läuft.
- Warum stellt mach sich in der Schweiz ein Uhrwerk "Made in Czechoslovakia" hin? *IRONIE*

Mir ist bewusst, dass es sich wahrscheinlich um nichts besonders haltet, wir haben trotzdem unsere Freude daran :-)

Vielen Dank schonmal und Gruss
Elvis

Hallo und
Glückwunsch zur Standuhr, wie ich finde, ein sehr schönes Exemplar!
Da sie "Made in Czechoslovakia" ist, dürfte sie erst deutlich nach Gründung dieser Republik ,1918 entstanden sein.
Bisher war es mir allerdings unbekannt, dass Kienzle auch im Ausland produzieren ließ. Im "Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie" ist nur eingangs der Firmenbeschreibung als Firmensitz u.a. auch Komotau in Böhmen aufgeführt. Weiter wird zu dem Standort nichts geschrieben.

Üblich war es bei den meisten industriellen Schwarzwälder Uhrenherstellern, dass die Gehäuse in ortsansässigen Tischlereien gefertigt wurden. Praktisch als Lohnarbeit.
Ich halte die Uhr im gesamten als Original, es wurde also später nichts umgebaut oder ausgetauscht. Das Gehäuse dürfte furniert (Eiche?) und entsprechend gebeizt sein.

Üblicherweise ist der Gongstuhl von der Rückseite mit kräftigen Gewindeschrauben befestigt. Hier wurden von innen Holzschrauben verwendet. Die unteren Schrauben treffen zudem auch noch auf eine Fuge.
Wenn der Gongstuhl nicht richtig fest ist, können dort unschöne Resonanzen entstehen.
Üblicherweise ist in den Hämmern ein Stück Leder eingedreht. Als Ersatz nehme ich abgeschnitte Stücke von einem Nähmaschinen-Riemen.
Die Hämmer sollten mittig den Gongstab treffen, in Ruhe ca. 3-5 mm Abstand zum Stab haben.

Wartungsarbeiten würde ich einem Uhrmacher überlassen. Da die Uhr wohl schon einige Jahrzehnte lief, wäre eine Überholung ratsam.
Selber Nachölen hilft nicht viel, da es meistens den Verschleiß vorantreibt.
Spätestens, wenn die Uhr stehen bleibt oder plötzlich große Gangabweichungen hat, sollte sie in kundige Hände gegeben werden.
Auf keinen Fall die Gewichte zusätzlich beschweren!

LG Thomas

Hallo Thomas,

Vielen Dank für Willkommensgrüsse sowie deine nette und kompetente Antwort!

Ahh..! Da hätte ich selbst draufkommen müssen, dass sie erst nach 1918 gefertigt worden ist. Interessant mit den Firmensitz in Komotau, wenn man Wikipedia glauben darf, lebte zu der Zeit eine deutsche Mehrheit in dieser Stadt. Gibt es weitere Möglichkeiten das Baujahr der Uhr einzugrenzen? Hab nach den kürzel "DRGM" (ist auf den Gong) gegooglet. Anschneided wurde der bis 1945 verwendet. Somit könnte man sagen, die Uhr wurde zwischen 1918 und 1945 gebaut?

Hier steht noch was zu Komotau: http://www.heimatkreis-komotau.de/kienzle.htm

Kann ich ja ebenfalls ausgehen, dass das Gehäuse in Tschechien gefertigt worden ist oder wurde einfach nur der Bau des Uhrwerks dahin verlagert und das ganze dann im Schwarzwald zusammengeschustert? Wurden die Gehäuse alle gleich gebaut oder hatten die Tischler etwas Künstlerfreiheit?

Danke für die Tipps mit dem Gong, jetzt weiss ich wenigstens wie es auszusehen hat.

Das Renter Ehepaar das vorher die Uhr bessas hab ich nach der Wartung gefragt, kam nur die Aussage "die läuft seit 25 Jahre ohne nichts". Da werde ich mich wohl Zeitnah um eine Wartung kümmern müssen. Mache gerne viel selber, aber wenn man keine Ahnung hat, sollte man lieber die Finger davon lassen :-) Auf die Idee die Gewichte zu beschweren wäre ich gar nicht gekommen, die sind nämlich schon von aus Haus ganz schön schwer und das ganze wird ja auch die Gewichte geeicht sein. :-)

Gruss
Elvis

Hallo Elvis,

Falls eine Wartung in Frage kommt, würde ich diese Adresse empfehlen: Rebekka Meier Uhrenatelier Grenchen Frau Meier hat im Raum Solothurn/Grenchen ein Grossuhrenatelier und ist sehr kompetent.

Vorausgesetzt natürlich das liegt in der Nähe.

Lieber Gruss

Loris

Sali Loris,

Danke für den Tipp, das liegt sogar ziemlich nah. Wir sind ins Thal zugezogen (ich bin eigentlich Stadtbasler).

Grüessli
Elvis

Hallo Elvis, danke für deinen Dank!
Ich vermute, dass die Gehäuse auch in Tschechien gefertigt wurden, da die dort produzierten Uhren für die ansässige Bevölkerung gedacht waren.
Soviel Logistik hatte man damals nicht, um die sperrigen Kästen auch noch durch die Gegend zu karren....

Die Tischler hatten sicherlich gewisse künstlerische Freiheit, denkbar ist, dass sie sich neben dem Uhrenhersteller auch mit den Glasern absprechen mussten.



LG Thomas

Zitat von masterpiece im Beitrag #2

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Hallo und
Glückwunsch zur Standuhr, wie ich finde, ein sehr schönes Exemplar!
Da sie "Made in Czechoslovakia" ist, dürfte sie erst deutlich nach Gründung dieser Republik ,1918 entstanden sein.
Bisher war es mir allerdings unbekannt, dass Kienzle auch im Ausland produzieren ließ. Im "Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie" ist nur eingangs der Firmenbeschreibung als Firmensitz u.a. auch Komotau in Böhmen aufgeführt. Weiter wird zu dem Standort nichts geschrieben.

LG Thomas

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