Als Anfang der 70igern eine Firma auf der damals größten Elektronikmesse in Taiwan kleine LED´s vorstellte, war die Uhrenindustrie in Aufruhr und suchte Treiber IC´s. (LCD´s waren in der Größe aufgrund der Körnung des Crystals noch nicht möglich) Es gab 2 Hersteller für diese Treiber aus Japan, und folgende 3 aus Europa: Bosch, Ébauche und Eurosil Elektronik München. Diese „Treiber“ waren im Prinzip Zählerbausteine. So absurd es aber auch klingen mag, beim Stromverbrauch der Anzeige, hatten die Europäer beim Verbrauch der IC´s durch Cmos Technologie die Nase vorn. (die Japaner liefen ohne die Anzeige ca. 6 Monate, die Europäer bis zu 18 Monaten.) Bosch gab relativ schnell auf, aber für uns bei Eurosil war das die Chance. Eurosil war eine Tochter des Diehl Konzerns aus Nürnberg, und fertigte einige Halbleiter bis hin nach Mil Spec, (-55 bis + 125° Celsius) Rasch waren wir gut im Geschäft und die Fertigung wurde von ca. 45 auf bis zu 150 Personen aufgestockt, es wurde in bis zu 3 Schichten an 7 Tagen in der Woche gearbeitet. Als Folge blieb die Wartung für die Fertigungslinien auf der Strecke. Es wurden auch 2 Entwickler aus der Schweiz geholt, einem Elektroniker für die Schaltung, und einem Physiker für die Umsetzung. Unser Vorteil war, daß wir für damalige Zeiten mit sagenhaften „Bahnbreiten“ auf den IC´s von 0,8 mu arbeiten konnten und 3“ Wafern, die anderen nur mit 2“ Wafern. (heute sind es bei einigen Herstellern 0,8 nano Millimeter und 6“ Wafer) Ein IC ist im Prinzip eine mehrlagige Leiterplatte mit integrierten Halbleitern, Wiederständen und Kondensatoren auf kleinsten Raum integriert. Eurosil konnte längerfristig im Preiskampf nicht mithalten und wurde später geschlossen.
Auf einen 3“ Wafer, eine Siliziumscheibe von 75 mm Durchmesser, passten um die 600 IC´s. 25 solcher Wafer waren immer in einem Tray „Bearbeitungsschiffchen“ Im Pausenraum hing ein Bild, ein Tray, dahinter ein = und daneben eine große S Klasse von Mercedes.
Fertigung:
Die Silizium Wafer wurden mit einem Klecks Fotolack versehen, der auf einer Zentrifuge in eine gleichmäßige Schicht gebracht wurde, diese wurde belichtet, der überflüssige Fotolack abgeäzt, und danach wurde eine Schicht aus verschiedenen Materialien aufgebracht. So entstanden 8 Schichten übereinander. Die Schichten, bestanden aus im Hochvacuum aufgedampften Aluminium, Silber und Gold, und verschiedenen Gasen die in Öfen die 600 bis 100 Grad eingerannt wurden. Danach wurde jedes IC getestet, die schlechten mit einem Farbpunkt versehen. Die Wafer wurden auf der Rückseite mit einer Klebefolie ausgestattet um danach die Wafer in einzelne IC´s mit einer Diamantensäge zu zerteilen. Diese Produkte gingen dann zu den Uhrenherstellern, die die einzelnen die´s (Ic´s) in ein Uhrwerk einbauten. Hier gab es auch unterschiedliche Varianten. Einmal wurden die IC´s mit der Rückseite auf eine Leiterplatte geklebt, und die Anschlüsse des IC´s wurden mit einem feinen Golddraht per Ultraschall mit der Leiterplatte verbunden (gebondet) danach wurde das IC vergossen. Bei der anderen Variante wurde das IC mit der Bauteilseite mit den Goldkontakten auf eine Leiterplatte gesetzt und dann ebenfalls vergossen.
Belichtungsmasken und Vorbereitung
Es wurden die Schaltungen ca. 2 * 3 Meter groß ausgeplottet, danach gingen die Entwickler jeder „Leiterbahn“ und Verknüpfung nach um Fehler auszumerzen, und das bei 8 Lagen. Danach wurden diese Plotte optisch verkleinert bis die endgültige Größe des IC´s von ca. 2 * 3 mm erreicht war. Jetzt wurde ein Satz Belichtungsmasken erstellt mit nur einem IC, um die Fertigung und Funktion zu testen. Meist folgten Nachbesserungen. Wenn alle Tests erfolgreich waren, wurden die Belichtungsmasken auf Glasträgern mit bis zu den oben genannten 600 IC´s gefertigt. Belichtet wurde mit speziellen Quarzlampen und Lasern.
Umfeld der Fertigung
Die Fertigung war ein Reinraum mit Luftüberdruck, den man nur mit entsprechender Kleidung, Kopfmaske und Atemmaske betreten durfte. Jeden Tag gab es neue Kleidung. Das Reinigungswasser war DI Wasser, absolut rein und aggressiv (einer wollte seinem Auto was „gutes“ tun und füllte dies Wasser in seinen Kühler, der sich prompt auflöste.) Das Wasser wurde in der Firma selber erzeugt, aber auch das Abwasser war sehr ätzend. Als einmal die Wasseraufbereitung (Natronlauge und Salzsäure) versagte, musste der Abwasserkanal durch unsere Firma auf fast 100 Metern erneuert werden.
ja, der Artikel passt, die Fertigung in einem Münchner Wohngebiet musste aufgegeben werden, und wurde bei Telefunken in Heilbronn integriert. Ich ging lange vorher zu Texas Instruments nach Dallas.
Jetzt habe ich auch mal geGoogelt und folgende Filme gefunden, die aber ganz moderne Festigungen zeigen. Bei uns ging noch alles per Hand.
Danke für den Bericht. Hier in Dresden gibt es ja die Halbleiterfertigung noch (oder wieder). Als Feuerwehrler kommt man da ab und zu ran und kann mal zusehen - durch´s Glas natürlich. Wasser und Energie erzeugen die hier auch selbst. Und nicht nur das Abwasser ist tötlich, auch die anderen Stoffe zur Fertigung sind nicht ohne. Wir hoffen nur, dass nichts passiert - und hatten bis jetzt auch Glück. Kleinigkeiten gibt es natürlich, aber die haben eine gut ausgebildete Werks-FFW.
Zitat von Teichfloh im Beitrag #5Und nicht nur das Abwasser ist tötlich, auch die anderen Stoffe zur Fertigung sind nicht ohne.
Ja. ein Gas werde ich nie vergessen, Silan. Im Ofen aufgebracht wird daraus eine Siliziumschicht. Das Gas entzündet sich selbst bei Kontakt mit Sauerstoff. Beim Flaschenwechsel wurde die Leitung mit Stickstoff gefüllt, und dann langsam ausserhalb des Gebäudes abgefackelt. Drehte man das Ventil zu schnell auf, gab es einen kräftigen Knall. Es durften nur 2 Personen die Flaschen wechseln. Der Gasraum war ein angebautes Steingebäude mit einem Ziegeldach, aber ohne Isolierung und Verkleidung. Einmal sollte die Flasche gewechselt werden, er verschloss das Ventil und wurde unterbrochen durch ein Gespräch. Er vergas die Leitung zu spülen und öffnete die Verschraubung. Es gab einen riesen Knall, das Gebäude hatte kein Dach mehr, und er einige Verbrennungen.
ja, mit diesem Gas gab es auch bei uns einen Unfall - Flasche runter gefallen. Zum Glück ist nicht weiter passiert, auch wenn das Ventil krumm war. Glück muß man haben....
Kontakt
Moderatoren
Foren-Regeln
Links
Xobor-Interview
Uhrenwerkstattforum
Thema drucken
06.10.2014 09:26
Antworten
