Ich hatte ja vor einiger Zeit die Purus - Uhrwerknachführung für Photoapparate vorgestellt, die seit etlichen Jahren nicht mehr gebaut wird, und wenn denn ein Exemplar auftaucht ist es unter 800 € nicht zu haben.
Deshalb habe ich mich entschlossen eine eigene Nachführung zu bauen. Nachdem ich einige Zeit mit der Suche nach einem passenden Uhrwerk verbracht habe bin ich nun fündig geworden. Ein GUB - 24 Stundenwerk aus einem Temperaturschreiber der späten 50er Jahre bringt die benötigten Vorraussetzungen für das Unterfangen mit.
Mit 7 x 3 cm ist es kleiner als das Original von Purus, aber mindestens genauso kräftig, da die Drehachse in der Federwelle liegt. Auf ein Federhaus hat man verzichtet und das Gesperr liegt versteckt unter der zweiten Werkplatine, sodaß ein Entspannen vor dem Reinigen nicht möglich war. Erst mußte das Werk vollkommen ablaufen bevor an ein Entfernen des Echappements zu denken war.
Die eigentliche Konstruktion der Nachführung wird von der Purus - Version aus zwei wesentlichen Gründen abweichen. Schaut man sich die Kamerabefestigung bei Purus an wird man schnell feststellen das sich die Kamera nur in einer Ebene drehen läßt, was für Sternfeldaufnahmen mit einem Normalobjektiv in nördlicher Richtung auch vollkommen ausreicht. Ich selber will allerdings mehr in südlicher Richtung, und mit einer etwas längeren Brennweite aufnehmen, was durch die heutige leichtere Kunststoffbauweise der DSLR - Kameras und Objektive ohne weiteres möglich ist. Ähnlich wie bei der Astrofotografie kommt es auch hier auf ein verwindungsfestes Stativ und eine feste Montierung des Uhrwerks an.
Um aber auch in südlicher Richtung aufnehmen zu können muß die Kameraaufnahme flexibler ausrichtbar sein. Nach längerem Überlegen habe ich mich für einen kleinen Kugelkopf entschieden der es erlaubt jeden Punkt des Himmels mit der Kamera zu erfassen. Diesen Kugelkopf habe ich direkt auf der Drehachse des Uhrwerks montiert - und dadurch auch den zweiten Grund meiner Abänderung der Purus - Konstruktion direkt mit gelöst. Denn da ist durch die Anordnung der Kameraaufnahme ein ausgleichendes Gegengewicht nötig welches genauso schwer sein muß wie Aufnahme, Kamera und Objektiv zusammen. Also vereinfacht das doppelte Gewicht der Kamera beansprucht die Achslager.
Ich selber werde, je nach Neigung der Kamera, und je nach Objektiv, mit einem sehr viel leichteren Gegengewicht auskommen. Deshalb sehe ich von einer möglichen Kugellagerung erst mal ab.
Erste Versuche mit aufgeschraubter Kamera zeigten daß das Uhrwerk locker durchläuft.
So, das war der erste Teil. Der zweite Teil beschäftigt sich dann mit der Stativmontage der Nachführung, der Anbringung des Sucherfernrohrs, und zum Schluß mit der Justage des Uhrwerks auf Sternzeit.
Nachfolgend die ersten Bilder. Das Copyright für das Bild Purusnachführung liegt bei Rudolf Reiser.
warum sind die Purus Geräte denn so teuer ? Da ist doch nichts dran verbaut das so einen hohen Preis rechtfertigen könnte. Mit 800€ kann man sich aus hochwertigen Teilen eine bessere und stabilere Nachführung selbst bauen oder ist an den Purus Geräten etwas besonderes was mir entgangen ist ?
warum sind die Purus Geräte denn so teuer ? Da ist doch nichts dran verbaut das so einen hohen Preis rechtfertigen könnte. Mit 800€ kann man sich aus hochwertigen Teilen eine bessere und stabilere Nachführung selbst bauen oder ist an den Purus Geräten etwas besonderes was mir entgangen ist ?
Gruß Wolfgang
Wolfgang, ähnlich wie bei den Uhren gibt es auch bei solchen mechanischen Nachführungen Sammler die so ein Teil um jeden Preis unbedingt in ihrer Vitrine haben möchten, und wie bei Uhren oder anderen Artikeln bestimmt die Nachfrage den Markt und treibt die Preise in die Höhe.
Ich selber mache diesen Zirkus nicht mit, ob es sich nun um Turmuhren, Sekundenpendeluhren - oder wie in diesem Fall um die Purus - Nachführung handelt.
Gestern habe ich die Nachführung soweit fertig gebaut.
Als Träger für das Uhrwerk habe ich einen älteren Stativkopf modifiziert. Damit läßt sich das Werk mit seiner Drehachse auf den Breitengrad einstellen. Bei mir sind das ca. 51°. Zur Feineinstellung dieses Breitengrades habe ich eine Schraube angebracht die die Kameraplatte anhebt oder senkt. Auf der Kameraplatte sitzt hier das Uhrwerk. An der Kameraplatte wurde dann parallel zur Uhrwerkachse ein kleines Suchfernrohr angebracht, um den Polarstern für die Breitengradjustierung leichter finden zu können. Um einen bequemeren Okulareinblick zu haben habe ich das Suchfernrohr hinter dem Fadenkreuz auseinander geschnitten, für ein Prisma ein Gehäuse gebaut - und so im 90° Winkel das Fernrohr wieder zusammengesetzt.
Aufgezogen wird das Uhrwerk einfach über die Achse die den Kugelkopf trägt.
Der nächste Schritt ist das Justieren auf Sternzeit und der erste Aufnahmeversuch, wonach ich erkennen werde ob noch ein Ausgleichgewicht nötig ist.
Das Stativ auf dem letzten Bild dient nur der Anschauung. Für die Sternaufnahmen kommt ein schweres, stabiles Stativ unter die Nachführung.
tolles Teil das du da gebaut hast. Zu dem Thema habe ich noch eine Frage, bist du auch in der Lage deine Beobachtungen auf den PC zu bringen um die Bilder oder Videos dort weiter zu verarbeiten?
Ja, auf die ersten Aufnahmen bin ich auch gespannt. Da aber auch die modernen Montierungen nach dem gleichen Prinzip arbeiten, wenn heute auch meißt mit Schrittmotoren und elektronisch gesteuert, sollte es funktionieren. Aber von der Stabilität her, und auch von der ganzen Handhabung ist es natürlich eine sehr puristische Nachführung, wovon beim Original auch der Name "Purus" stammt.
@ Phil
Danke Phil. Weil ich von Natur aus ein fauler Mensch bin, grins, überlege ich bei solchen Geschichten immer vorher ausgiebig mit welchen Möglichkeiten ich schnell und effektiv zum Ziel komme. Und die Idee mit dem Stativneiger hat mir viel Arbeit und Zeit erspart.
@ Wolfgang
Ich vermute Du meinst von der Kamera direkt während der Beobachtung in den PC ? Das macht bei dieser Nachführung keinen Sinn. Ginge auch garnicht, wenn nämlich die Möglichkeit gemeint ist über spezielle Programme direkt die motorische Montierung, und damit auch das Teleskop zu steuern. Ne, bei diesem Uhrwerkding werden normale digitale Bilder gemacht und dann im Photoshop weiterbearbeitet.
Die tollen astronomischen Aufnahmen in Bildbänden sind übrigens fast alle vor dem Druck sehr aufwändig "aufgepeppt" worden.
Zwischenzeitlich habe ich das Uhrwerk auf Sternzeit justiert.
Da sich die Erdrotation gegenüber der normalen Zeiteinteilung von 24 Stunden jeden Tag mit 23 Std., 56 Min. und 4,091 Sec. kürzer darstellt, sollte eine Teleskopnachführung natürlich auch in dieser "Sternzeit" laufen. Je länger die verwendete Brennweite ist um so unangenehmer macht sich eine Abweichung bemerkbar.
Da die Uhrwerknachführung allerdings nur für die Normalbrennweite von 50 mm, oder eine leichte Telebrennweite bis max. 150 mm im digitalen Bereich ( entspricht 300 mm im analogen Bereich ) gedacht ist, und Belichtungszeiten von nicht mehr als 10 Minuten geplant sind, könnte man eigentlich auf die Sternzeit - Justierung verzichten, da auch mit Normalzeit bei diesen kleineren Brennweiten mit keiner Verzerrung der Sterne zu Strichspuren zu rechnen ist.
Um die Nachführung aber trotzdem so genau wie möglich zu gestalten habe ich auf Sternzeit justiert. Wenn man die 4,091 Sekunden unberücksichtigt laßt kommt man auf rund 236 Sekunden am Tag die unsere Nachführung schneller laufen muß.
Eine weitere Frage war ja ob ich bei dieser Konstruktion ohne Ausgleichgewicht auskommen würde.
Um das herauszufinden wurde eine Langzeitbeobachtung mit montierter Kamera über einen halben Tag mittels der Zeitwaage aufgezeichnet, was einem 180 Grad - Schwenk von Osten nach Westen entspricht. Es stellte sich heraus das die dabei auftretenden Gewichtsverlagerungen durch die Kamera auf die Uhrwerkachse zu keiner nennenswerten Gangabweichung führte. Gemessen wurde zwischen 235 - 242 Sekunden.
Somit warte ich auf wolkenlose Nachthimmel um die ersten Aufnahmen machen zu können.
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07.06.2012 18:06 (zuletzt bearbeitet: 07.06.2012 18:11)
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