Hallo zusammen

In letzter Zeit revidiere ich recht häufig Chronos mit dem bekannten 7750-Traktor.
Lange Zeit habe ich mich an die aktuelle Empfehlung der ETA gehalten, das komplette Federhaus mit Zugfeder zu ersetzen.

Die einschlägigen Furniturenhändler nehmen für das Paket Federhaus mit ZF > 50,- Euro.

Vor einiger Zeit bin ich dazu übergegangen, gemäss der früheren Empfehlung von ETA die neue Zugfeder, bzw. das Federhaus mit Klüber P125 zu fetten, somit also nicht das komplette Federhaus mit ZF zu ersetzen, sondern in das vorhandene und unbeschädigte Federhaus eine neue ZF einzusetzen. Selbstverständlich vorausgesetzt, dass Federhaus und Federkern tadellos sind.

Mit diesem Vorgehen habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht, zumal eine neue ZF keine 10,- Euro kostet. Der hohe Preis von ca. 60,- Euro für 5g P125 ist damit rasch amortisiert, die Menge reicht sicher für mehr als 100 Federhäuser.

Mich würde interessieren, welche Erfahrungen Ihr in dieser Hinsicht gemacht habt, wie Ihr das handhabt und ob aus Eurer Sicht etwas gegen diese Vorgehensweise spricht.

LG Ralf

Kann leider zur Frage nichts beitragen, aber ich würde gerne die Frage anhängen :
Warum ist ein obligatorischer Austausch des kompletten Federhauses oder der Feder aus technischer Sicht überhaupt notwendig? Oder handelt es sich nur um eine Frage der Garantie um sicherzugehen? Bei einer älteren Taschenuhr z. B. reinigt man doch auch nur diese Teile und baut sie wieder ein, sofern sie in Ordnung sind.

Zitat von Uhrgewichtheber im Beitrag #2

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Kann leider zur Frage nichts beitragen, aber ich würde gerne die Frage anhängen :
Warum ist ein obligatorischer Austausch des kompletten Federhauses oder der Feder aus technischer Sicht überhaupt notwendig? Oder handelt es sich nur um eine Frage der Garantie um sicherzugehen? Bei einer älteren Taschenuhr z. B. reinigt man doch auch nur diese Teile und baut sie wieder ein, sofern sie in Ordnung sind.

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Die Schmierung eines Automatikfederhauses ist sicherlich heikler, als das bei einer Handaufzuguhr wäre. Der widersprüchliche Begriff Bremsfett sagt schon einiges aus. Die Menge und Art des Fetts bestimmt wann die Zugfeder durchrutscht. Im Idealfall rutscht die Feder kurz vor Vollaufzug nur ein Stückchen durch. Bei zuviel Schmierwirkung kann die Uhr keine Gangreserve aufbauen und es kommt zuwenig Kraft bei der Unruh an. Bei zuviel Widerstand ist die Uhr in getragenem Zustand immer voll aufgezogen und die Automatik drückt bei Bewegung des Rotors zusätzlich auf das Gehwerk.
Die Hersteller verwenden eine spezielle Trockenschmierung. Ein Automatikfederhaus ist größeren Belastungen ausgesetzt, eben weil die Zugfeder immer durchrutscht. Ich betrachte das Teil als Verschleißteil, das man regelmäßig tauschen muß. Das 7750 ist ansonsten sehr genügsam was den Ersatzteilbedarf angeht. Da wir auch deutlich weniger für das Federhaus bezahlen und es in der Kalkulation der Revision berücksichtigt ist, tauschen wir das Federhaus. Wir bewegen uns mit unseren Reparaturpreisen in den üblichen Preisbereichen, das kann der Kunde auch erwarten, dass die Revision gemäß Herstellervorgabe ausgeführt wird.
Wenn man selber schraubt oder der Zeitfaktor aus anderen Gründen weniger wichtig ist, als die Ersatzteilpreise, kann man ein Federhaus auch reinigen und selber schmieren. Das machen wir auch bei anderen Werken. Bei alten Uhren gehts es sowieso nicht anders. Dann kann es auch mal notwendig sein, dass man ein zweites Mal ans Federhaus muss.

Hab mal nachgeschaut:Rechnung von 2000
Zerlegen des Werkes,Reinigung,anschließende Montage des Werke,Schmierung und Justierung und Wd Prüfung.
Zugfeder oder Federhaus kommplet ist nicht aufgeführt.
Kann im Moment nur nicht sagen ob es das Lemania oder das Valjux war.Müsste irgendwann mal nachschauen.
Interessannt ist der Endpreis: Endbetrag 250,00 DM
DSC00755.JPG - Bild entfernt (keine Rechte)

Hallo zusammen

Zuerst mal danke für Eure Beiträge.

Im Kern ging es mir bei meiner Frage nicht darum, welche Variante die preisgünstigere oder wirtschaftlichere ist, das ist in meinem Fall sekundär. Auch der Zeitfaktor spielt in meinem Fall keine Rolle.

Dass zum Umfang einer Revision im Allgemeinen und bei dem 7750 im Besonderen der Ersatz der Zugfeder gehört, ist für mich selbstverständlich.

Die Frage der Zugfeder-Schmierung bei einer Automatik ist natürlich eine andere, als diejenige der Schmierung einer ZF bei Handaufzugskalibern.

Auch als nicht professioneller Uhrmacher bin ich bestrebt, mich an die Herstellervorgaben zu halten.

Nun ist es bei dem ETA 7750 einfach so, dass in den älteren Versionen des Manuals in dem Ölplan darauf hingewiesen wird, das Federhaus mit Klüber P125 für die Schleppfeder zu versorgen und in den aktuelleren Manuals zum gleichen Kaliber auf den Ersatz des komplett bestückten Federhauses einschliesslich bereits vom Hersteller vorgenommener Schmierung hingewiesen wird.

Somit entsprechen beide Verfahren den Herstellervorgaben, auch wenn man davon ausgehen könnte, dass die aktuellere Variante die anzuwendende sein soll. Da mir aber die Gründe von ETA nicht bekannt sind, weshalb es zu dieser Anpassung kam, wollte ich gerne wissen, wie ihr damit umgeht.

Den Wechsel vom D5 zu HP 1300 habe ich allerdings gerne übernommen.

Wie bereits beschrieben, habe ich bisher mit dem Ersetzen der ZF und Verwendung des P125 gute Erfahrungen, insbesondere den daraus folgenden Gangergebnissen gemacht.

Zitat von Lorch im Beitrag #4

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Ein Automatikfederhaus ist größeren Belastungen ausgesetzt, eben weil die Zugfeder immer durchrutscht. Ich betrachte das Teil als Verschleißteil, das man regelmäßig tauschen muß.

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@Manfred
Das ist eine Uhr mit Val7750. Die Ersatzteilpreise haben sich in den letzten Jahren vervielfacht. Hier geht es zur offiziellen aktuellen Preisliste von Sinn. Die meisten Hersteller arbeiten mit Pauschalen und weisen nur Ersatzteile aus, die nicht von der Pauschale abgedeckt sind. Das Federhaus wird fast immer als Verschleißteil betrachtet und ist dann inkludiert.

https://www.sinn.de/de/Download/Sinn_Ser...iste_200901.pdf

@Ralf
Die Federhauswand zeigt innen sichtbaren Verschleiß durch die rutschende Zugfeder. Da die Federhäuser aus Messing und dann galvanisch beschichtet sind, reibt sich die Beschichtung durch.

Zitat von Lorch im Beitrag #7

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@Ralf
Die Federhauswand zeigt innen sichtbaren Verschleiß durch die rutschende Zugfeder. Da die Federhäuser aus Messing und dann galvanisch beschichtet sind, reibt sich die Beschichtung durch.

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Na ja Ralf, philosophisch kann man das natürlich angehen....ich denke, das sich a) die Sichtweisen aufgrund verbesserter Schmierstoffe bei den Herstellern geändert haben und b) die wirtschaftliche Sichtweise gekoppelt mit den techn. Erfahrungen dahingehend auch ändern, um Arbeitsweisen im Service positiv zu vereinfachen.....

Oder mal auf dein Beispiel einzugehen, wenn KFZ Hersteller, z.B. durch den Gesetzgeber gezwungen werden würden, alle XY Kilometer die Frontscheiben eines KFZ´s aus Sicherheitsgründen zu tauschen, dann würden die Scheiben recht günstig werden, da sie in großen Stückzahlen gefertigt werden würden und so freut sich die Zulieferindustrie und die Werkstätten......

Der Sinn, den du suchst, würde sich auch hier nicht erschließen, da das gebrauchte Federhaus doch auch in der Vergangenheit gut funktionierte, wie die alte Frontscheibe, die doch noch gut ist......

In Bezug auf ein Federhaustausch, hinkt das natürlich gewaltig, aber die Summe der Faktoren, aus techn. Fortschritt und der Wirtschaftlichkeit im After Sale Service, würde ich immer bei diesen Standardwerken und Arbeiten das Federhaus komplett tauschen.
Es ist ja nicht nur die ZF ein Verschleißteil, das Federhaus ist ja den stärksten Kräften in der Antriebseinheit ausgesetzt. Nicht nur das der Abrieb der galvanischen Beschichtung im Innenbereich sichtbar ist und sich mit den Schmierstoffen zu einer "Schleifpaste" entwickelt, sondern auch die Verzahnung ist ja enormen Kräften ausgesetzt.......da ändern sich nach 40 Jahren auch mal Erkenntnisse.

Ob das Sinnfrei zum Besseren oder Schlechteren ist, kannst du auch philosophisch frei nach Marcel Reich-Ranicki mit dem Bertold Brecht Zitat angehen......

Ich persönlich würde deinen Vergleich hin zum KFZ eher mit einer Antriebseinheit und dem Federhaus vergleichen. Es hat einen Grund warum hochwertige und langlebige perfekt gefertigte Materialien und Komponenten z.B. in Getrieben, Kolben, Antriebsstränge usw....ihre Verwendung finden, da man da nicht mal eben günstig tauschen kann....( Arbeitskosten)

Bei einem Federhaus tausch, ist die Arbeitszeit überschaubar, da braucht man jetzt nicht hochwertige Metalllegierungen, die verschleißärmer sind usw...

Hier muss das ZF Material höherwertig sein aufgrund der mech. Beanspruchung.....z.B. den möglichen Federbruch zu vermeiden.....wenn man jetzt die komplette Einheit tauscht ist das doch optimal und bei älteren Uhren, verfährt man eben so wie du oder es Lorch sehr adäquat dargelegt hat und gut ist.......

Nicht jeder Kompromiss ist immer gut oder richtig, aber manchmal eben notwendig.......es ist doch gut zu wissen, das wenn die Mangelwirtschaft eintreten sollte und es keine kompletten Federhäuser geben sollten, dass man eben auf andere Reparaturverfahren zurück greifen kann....so mancher Uhrmacher hat so schon in der Kriegsgefangenschaft überlebt.....( Zitat des Inhabers meiner Ausbildungsfirma).

LG Andreas

Also ich bin ja nur ein Großuhrenfuzzy und lese hier rein interessehalber mit. Aber nach den Beiträgen die für den tausch des kompletten Federhauses argumentieren frage ich mich schon warum denn nur das Federhaus? Wäre es dann nicht konsequenter gleich das komplette Werk zu tauschen? Abnutzung gibt es ja schließlich an allen beweglichen teilen oder?

lg Christian

Zitat von steffl62 im Beitrag #10

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Also ich bin ja nur ein Großuhrenfuzzy und lese hier rein interessehalber mit. Aber nach den Beiträgen die für den tausch des kompletten Federhauses argumentieren frage ich mich schon warum denn nur das Federhaus? Wäre es dann nicht konsequenter gleich das komplette Werk zu tauschen? Abnutzung gibt es ja schließlich an allen beweglichen teilen oder?

lg Christian

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Hallo Ralf,
ich vermute, der Grund für diese Änderung liegt schlicht und ergreifend in den gestiegenen Abeitskosten, nicht in der Technologie. Es geht doch einfach viel schneller, ein Packet zu tauschen, als zB. eine Feder ins Haus einzuwickeln. Ob die Innenfläche verschlissen ist kann man ja nachsehen / nachmessen.
Mein Beispiel aus der KFZ Technik: ich konnte vor einigen Jahren ein schickes Mercedes Cabrio für 1500€ zum Schrottpreis erwerben, weil bei km 180.000 die Steuerkette übergesprungen war und alle Ventile verbogen. Eine Reparatur des Motors war nicht wirtschaftlich, ein Austauschmotor überschritt den Restwert des Wagens.
Ich hab ca 500 € für 16 neue Ventile und andere Teile ausgegeben, und an zwei Wochenenden mit 500 km Anreise die Ventile von Hand eingeschliffen und Steuerkette mit Spanner ersetzt. Der restaurierte Zylinderkopf hat jetzt zehn Jahre später 380.000 km drauf und läuft wie ein Uhrwerk ...
Wenn ich meinen Stundenlohn und Fahrtkosten gerechnet hätte, hätte sich das kommerziell nicht rentiert. So hobbymässig, mit Spass an der Arbeit und beim Fahren danach, schon.
Gruss
Albrecht

Ich besteh darauf, dass in meiner Werkstatt betriebswirtschaftlich gedacht wird! Das werfe ich auch keinem Hersteller vor. Am Ende dürte es auch im Interesse der Kunden sein, das morgen noch jemand da ist, der Teile liefert und Uhren repariert. Service und die dafür notwendigen Uhrmacher ist bei den Herstellern eher ein Problem, als eine Methode zur Gewinnmaximierung. Ich stelle auch fest, dass Hersteller wie Omega bemüht sind, dass ihre Uhren lange zuverlässig funktionieren. Da wird viel Mühe darauf verwandt Schwachstellen zu entdecken und Teile zu verbessern.

Ich würde das 7750 als sehr gelungene Konstruktion bezeichnen, die erstaunlich wenig Verschleiß aufweist. Ich habe ein Foto eines verschlissenen Federhauses angehängt. Das ist ein sehr typisches Bild von den Spuren, die die Zugfeder an der Wand hinterläßt. Im konkreten Fall ist es ein Breitling Navitimer, der zuletzt 2006 überholt wurde. Neben Dichtungen wurde als einziges weiteres Teil das Klinkenrad getauscht. Das ist meiner Erfahrung nach repräsentativ. Im Vergleich: Bei einer Tissot LeLocle mit ETA 2824, die daneben zur Probe läuft, haben wir alle vier Automatikräder, das Sekunden- und Kleinbodenrad tauschen müssen. Das ist leider ebenfalls nicht ungewöhnlich und da würde ich auch verstehen, dass man diese Tatsache hinterfragt.

Federhaus 7750.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Lösen wir uns mal vom 7750 und dessen Federhaus. Natürlich unterliegen alle beweglichen Teile in einer Uhr dem Verschleiß. Das ist auch nicht nur bei Armbanduhren so, sondern betrifft alle Uhren. Bei manchen Werken ist es tatsächlich wirtschaftlicher, das ganze Werk auszutauschen. Es gibt Teile, die sind stärker belastet und die unterliegen erhöhtem Verschleiß und müssen deshalb häufiger getauscht werden. Dazu gehören Klinkenräder, Spannräder, Federhaus/Zugfeder, gerne auch Kleinboden- und Sekundenrad. Gründe dafür können sein: Schlechte Konstruktion, auf regelmäßige Wartung verzichtet, Intensität der Nutzung der Uhr. Meistens ist es eine Mischung aus alledem. Die Automatik ist die am stärksten belastete Baugruppe in einer Kleinuhr. Da reißt ruckartig eine große Masse an den kleinen Rädern. Die Zugfeder wird ununterbrochen aufgezogen und rutscht immer wieder nach. Da findet man fast immer irgendwo Verschleiß. Wenn der auf einer nachlässigen Konstruktion beruht, ist Kritik angebracht. Siehe oben.

Das Moment, ab dem die Zugfeder rutscht, muss stimmen. Dafür ist die Oberfläche der Federhauswand und des Zugfederschlepphakens wichtig und der richtige Schmierstoff und dessen Menge. Ein komplettes neues Federhaus hat den Vorteil, dass es eben neu ist und die Schmierung vom Hersteller perfekt eingestellt ist. Damit ist ein wesentlicher Schritt gemacht, um ein zuverlässiges Reparaturergebnis abzuliefern. Das wird auch der Grund sein, warum ETA/Valjoux heute den Austausch empfiehlt. Wir haben aber schon vor der Empfehlung die Federhäuser getauscht. Für uns ist das auch der wirtschaftlich richtige Weg und wir sind der Meinung, dass das auch im Sinn unserer Kunden ist.

ETA kann Dir nichts vorschreiben, der Uhrmacher muß sich nur vor seinem Kunden rechtfertigen. Natürlich kann man ein Federhaus, dass sonst noch gut ist, erneut verwenden. Das ist unserer Erfahrung nach nur selten der Fall. Aber warum tauschst Du dann die Zugfeder? Bruch dürfte selten vorkommen.

Zwischendurch nochmals besten Dank für Eure Einschätzungen.

Ich bestehe überhaupt nicht darauf, dass der Austausch der ZF beim 7750 der richtige Weg ist, ich habe das bis anhin ja auch so gehandhabt, das komplette Federhaus zu ersetzen.

Die Argumente, weshalb der Komplettersatz der technisch und wirtschaftlich richtige Weg ist, habt Ihr dargelegt.

Nun kann ich eure Einschätzung bei der Entscheidung Federhaus komplett versus Zugfeder für meine künftige Vorgehensweise berücksichtigen.

@Lorch: Die drei alten von mir unter dem Mikroskop überprüften Federhäuser wiesen sehr viel geringere Spuren auf. Die Spuren in Deinem Beispiel-Foto sind eindrücklich, ein solches Federhaus würde ich auch keinesfalls wiederverwenden.

Auf weitere Beiträge freue ich mich weiterhin.

LG Ralf